Nur Ein Toter Mehr
ein einziges Mal: Sorg dafür, dass unser Kumpel sein Heft in den Kamin wirft und nicht mehr länger auf deinen Spuren wandelt.«
»Nur wegen dem habt ihr ihn …?!«, ruft Koldobike aufgebracht.
»Sollten wir noch mal hier vorbeischauen müssen, Kleine, kannst du das Schild: ›Wegen Trauerfall geschlossen‹ an die Tür hängen«, erwidert er mit einem selbstgefälligen Grinsen und streicht dabei demonstrativ über das Halfter seiner Pistole.
»Keine Heldentat ohne Einsatz von Feuerwaffen«, murmelt Koldobike – worauf der andere Falangist ausholt und ihr dermaßen eine pfeffert, dass es nur so klatscht.
»Nein! Sie nicht!«, brülle ich, und meine Stimme klingt dabei so dumpf, dass ich sie selbst kaum erkenne. »Euer Freund schreibt aus eigenem Antrieb, und vom Schreiben kann einen niemand abbringen!«
»Du hast ihn aber dazu angestachelt! Du bist schuld, dass er abtrünnig geworden ist!«
»Er ist was?!«
»Er hat der Falange und seinen Freunden den Rücken gekehrt. Früher haben wir ja wenigstens noch
›Cara al sol‹
gesungen, nachdem er uns seine hymnischen Gedichte vorgetragen hat. Ich schwöre dir, wenn du ihn uns nicht zurückgibst …«
Das energische Hämmern an der Tür kündigt niemanden an, der noch unbedingt Bettlektüre braucht. Die beiden Blauhemden sehen sich an, worauf der mit der Bürste über der Oberlippe knurrt: »Das ist er« und dann Koldobike befiehlt: »Mach ihm auf.«
Unwillig steht meine Sekretärin auf, nachdem sie vorher noch ihr graues Strickjäckchen ausgezogen und mir unterden Kopf gelegt hat. Kaum hat sie die Tür aufgeschlossen, stürmt Luciano herein.
»Habt ihr ihn umgebracht, ihr Idioten?«
Als er sieht, dass ich noch am Leben bin, will er mich an den Schultern packen, um mich hochzuziehen, Koldobike fällt ihm jedoch in den Arm.
»Lass, sonst brichst du ihm auch noch die restlichen Knochen.«
Ohne ein weiteres Wort wirft Luciano darauf seine Kumpane hochkant hinaus.
»Es tut mir leid, wirklich«, sagt er, als er die Tür hinter ihnen abgeschlossen hat und zu uns zurückkommt. »Diese paar Nebensätze mit meinen alten Freunden hätte es wirklich nicht gebraucht … Nachwehen des Kriegs … Ansonsten habe ich aber immer noch keine Fährte, ja noch nicht einmal eine erbärmliche Theorie, wer es denn gewesen sein könnte! Gestern habe ich Don Efrén befragt« – Koldobike und ich sehen uns an: Das erklärt den Brief des Großindustriellen – »na ja, ich habe ihn nicht im eigentlichen Sinn verhört, jemanden zu verdächtigen, der Franco so viele Millionen für dessen bewaffneten Aufstand ’36 gespendet hat, ist ja auch absurd. Dafür hat dann aber sein Sekretär, dieser Aurelio Altube, den schonungslosen Ermittler in mir kennengelernt.« Wieder sehen Koldobike und ich uns an. Wie haben wir bloß den Bruder der Zwillinge vergessen können? »Und ich kann dir sagen, es sind mir tatsächlich ein paar großartige, wirklichkeitsgetreue Dialoge gelungen. Ich habe den ganzen Tag geschrieben und wollte dir nur meine neuen Seiten bringen.«
Er zieht einen Stoß Blätter aus der Tasche und geht damit zu Koldobikes Tischchen.
»Aber das muss nicht jetzt sein, lass dir Zeit. Ich treffe mich heute Abend noch mit jemandem. Nichts Politisches.Nur was man eben so macht in diesen Zeiten, um was zu beißen zu haben.«
Und fort ist er.
Als Erstes schiebt Koldobike den Türriegel vor, was ich dazu nutze, mich stöhnend an meinem allerheiligsten Regal hochzuziehen.
Der Kopf funktioniert zum Glück noch, er tut nur höllisch weh, und auch meine Knochen sind noch alle heil, sodass ich eigentlich keine Hilfe brauche. Koldobike lässt es sich aber dennoch nicht nehmen, mich am Arm in mein Büro zu führen.
»Setz dich. Ich muss dir was erzählen«, sagt sie und drückt mich auf meinen Stuhl. »Bidane war noch mal da. Kurz bevor diese Drecksäcke aufgetaucht sind. Die Arme ist das reinste Nervenbündel. Weinend hat sie mir beteuert, dass Eladio nicht den leisesten Schimmer hat, wer ihn bedroht.«
»Momentan ziehe ich es vor, zu warten, dass der Mörder sich zu erkennen gibt.« Vorsichtig taste ich mit beiden Händen meinen dröhnenden Kopf ab; er braucht unbedingt Ruhe. »Irgendwann wird er schon einen Fehler machen.«
»Wie kannst du nur so herzlos sein: Diese Frau stirbt fast vor Angst, dass man ihrem Mann etwas antun könnte. Sie braucht Hilfe, Sam.«
»Ich kann ihr nicht helfen.« Ich zucke mit den Achseln. »Wir wissen doch ebenso wenig, wer ihn bedroht.«
»Du würdest
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