Nur eine Ohrfeige (German Edition)
Hause nehmen.«
»Gut.« Anouk sah durch die Fitzroy Street auf das graugrüne Wasser der Bucht, das in der untergehenden Nachmittagssonne schimmerte. »Schön, oder? Besser als euer zugepflastertes Viertel.«
Rosie ging nicht darauf ein. Obwohl sie inzwischen lange genug in dieser Stadt lebte, um ihre Mythen zu kennen, interessierten sie solche Nichtigkeiten nach wie vor nicht. Natürlich war es eine Freude, nach St. Kilda zu kommen, es hatte ihr Spaß gemacht, auf der Fahrt mit der Straßenbahn die
Vanity Fair
zu lesen, sich schönzumachen,auszugehen. Aber mit dem Meer ihrer Jugend konnte diese Bucht nicht mithalten. Ein paarmal war sie hier geschwommen, und es hatte sich schmutzig angefühlt, als hätte sich ein öliger Film auf ihre Haut gelegt.
»Was macht dein Buch?«
Anouk stöhnte.
»So schlimm?«
»Ich bin eine jüdische Prinzessin, Schätzchen, und schäme mich zutiefst, mir meine Mittelmäßigkeit einzugestehen. Im Moment versuche ich einfach, die Story aufs Papier zu bekommen, aber heute Morgen habe ich in eins der ersten Kapitel reingelesen und kam mir danach total bescheuert vor.« Anouk holte tief Luft. »Es klang alles so verdammt
weiblich
. So hutschi-kutschi, so gefühlsbetont.« Ein freches Grinsen machte sich auf ihrem Gesicht breit. »Ich hab schon zu Rhys gesagt, das nächste Buch wird ein Porno. Ein Schwulenporno. Keine Gefühle, kein Weiberkram. Nur Hardcore-Sex.«
»Wann kann ich es lesen?«
»Den Schwulenporno?«
»Nein. Das, was du gerade schreibst.«
»Wenn ich mich traue, es dir zu zeigen. Wenn ich nicht mehr das Gefühl habe, dass es Mist ist.«
»Es ist bestimmt kein Mist.« Da war Rosie zuversichtlich. Anouk hatte ihr Licht schon immer unter den Scheffel gestellt. So arrogant, tough und unerschrocken sie ansonsten war, so wenig Selbstvertrauen hatte sie, wenn es um ihre Kunst ging. Aisha und sie hatten es immer als eine Art Flucht empfunden, dass Anouk fürs Fernsehen schrieb. Sie hatte eine Menge Geld verdient, aber es war nicht das, was sie eigentlich wollte. Schon damals waren Aisha und Rosie davon überzeugt gewesen, dass ihre Freundin einmal berühmt werden würde, und hatten Scherze gemacht, wen von beiden sie mit zur Oscar-Verleihung nehmen würde. Beide waren sie begeistert gewesen, als Anouk angekündigt hatte, die Vorabendserien endlich aufzugeben, um ein Buch zu schreiben. Es würde bestimmt ein großartiges Buch werden und viel Erfolg haben.
»Wie geht es Rhys?«
»Er spielt in einem Studentenfilm mit und ist im siebten Himmel. Es gibt zwar kein Geld, aber die Rolle ist gut.«
Rosie trank einen Schluck Sekt. Anouk würde nicht nach Gary oder Hugo fragen. Sie kannte sie gut genug, um zu wissen, dass es nicht persönlich gemeint war. Es interessierte sie einfach nicht. Irgendwie war es einfacher, wenn Aisha dabei war, dann liefen die Gespräche flüssiger. Sie stellte ihr Glas wieder hin und wollte gerade etwas erzählen, das sie auf der Fahrt gelesen hatte. Aber Anouk kam ihr zuvor.
»Ich bin ganz froh, dass Aisha zu spät ist. Ich muss dir nämlich etwas sagen.« Anouk sah sie an. »Du musst mir versprechen, es für dich zu behalten. Du darfst Aisha nichts davon erzählen.«
»Ehrenwort.«
»Wirklich. Versprich es.«
»Ich verspreche es.«
»Sie hatte am Wochenende einen Riesenstreit mit Hector. Sie wollte eigentlich mit dir zur Anhörung kommen. Und jetzt fühlt sie sich total beschissen, dass sie nicht dabei sein kann.«
Rosie sagte nichts.
Anouk sah sie beunruhigt an. »Alles okay mit dir?«
Okay? Sie war unglaublich froh. Es war genau das, was sie hatte hören wollen. Nicht dass sie sich über die Eheprobleme ihrer Freundin gefreut hätte, aber zu wissen, dass sie verstand, was dieser Tag für sie bedeutete, war extrem wichtig für sie. Sie musste nicht vor Ort sein, Hauptsache, sie war mit ihren Gedanken bei ihr. Und das war sie die ganze Zeit gewesen.
»Ich bin froh, dass du es mir gesagt hast.«
Anouk holte nochmal tief Luft. »Rosie, wenn du willst, komme ich mit.«
Fast hätte sie laut losgelacht. Das Letzte, was sie an diesem Tag brauchen konnte, war darauf aufzupassen, dass Gary und sie sich nicht gegenseitig die Augen auskratzten. Sie nahm ihre Hand.
»Danke, Süße, aber das musst du nicht.« Sie zwinkerte ihr zu.»Ich fürchte, du wärst eine zu gute Zeugin für die Verteidigung.« Als sie Anouks überraschten Gesichtsausdruck sah, musste sie tatsächlich lachen. »War nur Spaß. Danke. Und danke, dass du mir das von Aisha gesagt
Weitere Kostenlose Bücher