Nur eine Ohrfeige (German Edition)
ziemlich fertigen siebzehnjährigen Junkiebraut aus Preston.«
Anouk kicherte. »Klingt, als hätte er abgespeckt.«
Aisha setzte sich und lachte mit. Sie hob ihr Glas. »Genau das Richtige jetzt.«
»Was ist passiert?«
Aisha musterte die beiden und machte ein finsteres Gesicht. »Meine Güte, im Vergleich zu euch komme ich mir total alt vor.«
Anouk guckte amüsiert. »Red keinen Quatsch, du siehst fantastisch aus.«
»So fühle ich mich aber nicht gerade. Ich bin leider nicht mehr nach Hause gekommen, um mich umzuziehen. Kann sein, dass ich nach Hundepisse und Katzenblut rieche.«
»Macht nichts. Das tust du eigentlich immer«, scherzte Anouk.
Rosie lächelte ihre Freundin an. Aisha trug ein schlichtes olivfarbenes Top und eine unscheinbare blaue Hose, aber es war egal, was sie anhatte, sie würde immer wunderschön aussehen. Selbst mit über vierzig hatte sie den schlanken Körper, den langen, eleganten Hals und das katzenhaft modellierte Gesicht eines Supermodels. Und diese fast unheimliche porzellanartige Haut. Sie wardie schönste Frau, die Rosie kannte. »Du siehst toll aus. Jetzt erzähl uns, was passiert ist.«
»Sie war mein letzter Termin, ein junges Mädchen, auf Drogen, mit ihrem Kätzchen. Sie brauchte nur eine Impfung, nichts Ernstes. Egal, eine Patientin stürmt mit ihrem blutenden Hund in den Armen ins Wartezimmer. Er war von einem Auto angefahren worden. Tracey kommt ins Behandlungszimmer gelaufen, um mich zu informieren, und ich sage zu dem Mädchen: ›Tut mir leid, ich muss mich um einen Notfall kümmern.‹« Aisha sprach hastig, beruhigte sich aber langsam. »Ich versuche also gerade, den Hund wiederzubeleben, da hören wir plötzlich Geschrei. Das kleine Miststück brüllt, sie habe einen Termin, wir hätten uns erst um sie zu kümmern und dann um den Hund. Tracey geht also raus, um sie zu besänftigen, und sie schreit noch lauter. Ich versuche, den Hund zu retten, die Besitzerin sitzt daneben und weint, und diese blöde Kuh brüllt den ganzen Laden zusammen. Jedenfalls stirbt der Hund auf dem Behandlungstisch, ich fühle mich total beschissen, gehe aber trotzdem nochmal nach dem Mädchen sehen, die mir erzählt, sie werde Beschwerde gegen uns einreichen. Und dann besitzt sie auch noch die Frechheit, sich bei Tracey zu beklagen, dass wir keine Arbeitslosen-Ermäßigung geben.« Aisha blickte skeptisch von Rosie zu Anouk. »Ich hätte sie umbringen können. Wie kommen diese Leute im Leben klar? Weshalb glauben die, sie hätten das Recht, sich so aufzuführen?«
Anouk verschränkte die Arme und lehnte sich zurück. »Hör bloß auf, Aish, ich darf da gar nicht drüber nachdenken. Diese Kids sind echt unfassbar. Als sei ihnen die Welt etwas schuldig. Eltern, Lehrer und die Scheißmedien haben sie verzogen, und jetzt denken sie, sie hätten alle möglichen Rechte und keinerlei Pflichten. Sie kennen weder Anstand noch Moral noch irgendwelche Werte. Egoistische dumme kleine Scheißer sind das. Ich kann sie nicht ausstehen.« Anouk regte sich so sehr auf, dass es schon fast komisch war. »Weißt du, was du zu ihr hättest sagen sollen? Du hättest sagen sollen, wenn du dir keinen Tierarzt leisten kannst, solltestdu dir vielleicht keine Katze anschaffen. Diese Versager. Sorry, aber es gibt kein anderes Wort dafür. Warum zum Teufel glauben die, irgendjemand sei ihnen etwas schuldig? Wie können die so drauf sein?«
Aisha nickte. »Wem sagst du das?«
Rosie schwieg. Natürlich war es unmöglich von dem Mädchen gewesen, so selbstsüchtig zu sein und nicht zu sehen, dass das Leben des Hundes in diesem Moment vorging, aber ihre Freundinnen so reden zu hören, verletzte sie. Manchmal hat man eben kein Geld, und weil es einem peinlich ist zu betteln, kommt man unverschämt und aggressiv rüber. Das Mädchen war sicher egoistisch. Doch nicht jeder, der kein Geld hatte, war so.
»Das klingt nicht normal.«
Aisha drehte sich ruckartig zu ihr um. »Oh, da kannst du Gift drauf nehmen, die hatte auf jeden Fall irgendwas genommen. Was sonst? Kein Geld, bekommt Stütze, auf Droge, das perfekte Opfer. Einfach perfekt. Und natürlich wird sie uns bei der Tierärztekammer melden. Natürlich. Sie hat schließlich
Rechte
.« Die Wut, die Aisha in das letzte Wort legte, war wie ein Schlag ins Gesicht.
Rosie verschlang die Finger ineinander. Ich sage nichts dazu. Ich halte besser den Mund.
Anouk winkte den Kellner heran und bestellte noch eine Flasche Sekt. »Das ist die Welt von heute«, sagte sie.
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