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Nur eine Ohrfeige (German Edition)

Nur eine Ohrfeige (German Edition)

Titel: Nur eine Ohrfeige (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christos Tsiolkas
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Du bist grausam, lieber Gott, wirklich grausam. Mein Leben lang werde ich diesen Mann beneiden.
    »Wie alt ist sie?« Sotiris schien skeptisch.
    »Achtundvierzig.« Thanassis lachte. Es amüsierte ihn, seinen Freund verunsichert zu haben. »Natürlich lebe ich nicht mit ihr zusammen, meine Kinder würden mich sofort in die Irrenanstalt stecken.« Er klang plötzlich verbittert. »Nicht, weil sie sich um meine geistige Gesundheit sorgen würden, sondern weil sie Angst hätten, dass sie etwas von meinem Geld bekommt.« Er rieb die Zigarette am Holz aus und warf sie zielgenau über den Nachbarszaun. »Aber sie müssen sich keine Sorgen machen. Sie steht nicht in meinem Testament.«
    »Wie lange kennst du sie schon?«, brachte Manolis hervor.
    »Zehn Jahre. Sie ist eine gute Frau, glaubt mir. Sie hat selbst zwei Kinder. Der Junge ist inzwischen ein erwachsener Mann. Das Mädchen wird dieses Jahr achtzehn. Nette Kinder. Ganz normale Leute, keine beschissenen Ärzte oder Anwälte wie unsere verwöhnten Kinder. Ganz normale, anständige Leute. Ehrlich gesagt hätten sie mein Geld verdient.«
    Sotiris legte Thanassis die Hand auf die Schulter. »Arthur, hör mal zu, du kannst deinen Kindern nicht dein Geld verweigern. Sie sind dein Fleisch und Blut.«
    Thanassis schob seine Hand weg. »Denkst du, das weiß ich nicht, verdammt nochmal?« Er fummelte noch eine Zigarette aus dem Hemd, zündete sie an und stieß den Rauch aus. »Ich habe Antoinetta ein Konto eingerichtet und überweise ihr hin und wieder Geld. Meine Kinder wissen nichts davon. Und sie brauchen es auch nicht zu erfahren, wenn ich nicht mehr da bin. Sie haben ja immer noch meine Ersparnisse und das Haus. Denen geht es gut. Wie all unseren Kindern. Sie mussten zwar nicht dafür arbeiten, aber es geht ihnen gut.«
    Was soll ich sagen?, dachte Manolis. Er rümpfte die Nase. Der Zigarettenqualm war widerlich. Was soll ich sagen? Wo er recht hat, hat er recht.
    Sotiris hatte seine Zigarette zu Ende geraucht und beugte sich über das Geländer. Er drehte sich zu ihnen um. »Arthur, du bist wahrscheinlich der Einzige von uns, der noch Gelegenheit hat zu vögeln. An deiner Stelle würde ich mich nicht beschweren.«
    Die Männer brachen in Gelächter aus.
    Dann wurde Thanassis plötzlich ernst. »Wann habe ich euch das letzte Mal gesehen, ihr Arschgeigen? Wie lange ist das jetzt her? Und warum? Warum haben wir uns aus den Augen verloren?«
    »So ist das Leben.«
    »Warum ist das Leben so, Sotiri?«
    »Es ist einfach so.«
    »Das ist keine Antwort.«
    »Wir sind faul geworden. Wir sind zu bequem und zu faul geworden. Das ist der Grund.«
    Sotiris grinste. »Stimmt. Oder, Thanassi? Manolis war immer der Philosoph von uns. Er hatte für alles eine Theorie.«
    Thanassis lächelte. »Du hast recht, Manoli. Wir sind fett und faul geworden.« Er legte ihm seinen kräftigen Arm um die Schulter. Noch hatte Thanassis nichts von seiner Kraft eingebüßt. Bald ja, aber noch nicht jetzt.
    »Du warst der Philosoph. Du und Dimitris Portokaliou. Euch konnte man einfach nicht das Maul stopfen.«
    Manolis schüttelte seinen Arm ab. Ihm schwirrte der Kopf. Wie konnte er Dimitris vergessen? Wie konnte sein Gedächtnis ihm einen solchen Streich spielen? Sie waren zu fünft gewesen. Thanassis, Sotiris, Thimios, er und Dimitris. Im Kaffeehaus, an den Tanzabenden, bei den Hochzeiten und den Taufen. Und im Bordell. Auch an dem Abend waren sie zu fünft gewesen. Natürlich. Dimitris und Manolis hatten den Ozean im selben Schiff überquert und sich in Melbourne eine Wohnung geteilt. 1961, das Zimmer in der Scotchmer Street, die verwitwete polnische Vermieterin,sie hatte nicht besonders gut ausgesehen mit ihren vorstehenden Zähnen, hatte aber einen tollen Körper gehabt, eine echte Blondine, und sie waren beide mit ihr im Bett gewesen. Dimitris, der kleine, lustige Dimitris, der zwei Jahre in die Oberstufe gegangen war, ein paar Brocken Französisch konnte und jeden, aber auch jeden Morgen seinen hauchdünnen Schnurrbart pflegte. Er wurde schließlich Mechaniker, für die Arbeit in der Fabrik war er zu zart gebaut gewesen, wenn er sich recht erinnerte, war er bei General Motors Holden fast von einer Maschine zermalmt worden. Das hatte sie alle schockiert. Wo zum Teufel war Dimitris heute Abend? Ihm lief ein Schauer über den Rücken. Er hielt sich am Geländer fest. Soeben hatte er den Hauch des Todes gespürt.
    »Wo ist Dimitris? Und Georgia? Wo sind sie?«
    Sotiris und Thanassis wechselten einen

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