Nur eine Ohrfeige (German Edition)
in die Augen. Manolis senkte als Erster den Blick.
Er seufzte. Wie konservativ Frauen doch waren. Als verwurzelte sie die Mutterschaft, der Schmerz der Geburt auf ewig in der Welt und machte sie mitschuldig an den Schwächen, den Fehlern und der schieren Dummheit der Männer. Zu echter Freundschaft waren Frauen nicht fähig, die eigenen Kinder kamen immer an erster Stelle. Nicht, dass seine Kinder für ihn nicht auch an erster Stelle gestanden hätten, nicht, dass er sich nicht für sie aufgeopfert hätte. Er war hier, in diesem Haus, mit dieser Frau, er lebte dieses Leben, weil er sich für sie aufgeopfert hatte. Trotzdem war er nicht blind dafür, wer oder was seine Kinder waren. Natürlich gab es auch Männer, die in dieser Hinsicht wie Frauen dachten, Männer, deren Kinder sie unempfänglich für die Werte anderer machten. Doch diese Männer waren schwach, sie gehörten nicht in diese Welt. Und natürlich gab es auch starke Frauen, Frauen mit Leidenschaft und Seele, die Revolutionen anführten, die ein Martyrium auf sich nahmen. Aber sie waren selten. Frauen waren Mütter, und als Mütter waren sie selbstbezogen und unbeeindruckt von der Welt.
Seine Frau redete immer noch, ihre Lippen bewegten sich, er hörte einen Schwall von Tönen, die er ausblendete. Er las lieber in ihrem Gesicht. Was er dort sah, waren Selbstgerechtigkeit, Spott und Freude am Unglück anderer. Hatte sie vergessen, dass sie wie eine Irre mit den Fäusten auf den Küchenfußboden eingeschlagen hatte und das Blut aufs Linoleum gespritzt war, aus Kummer und Wut über die unausweichliche Scheidung ihrer Tochter? Dass sie nicht mehr in die Fabrik und nicht mehr einkaufen gehen, ja, nicht mal mehr das Haus verlassen wollte, nachdem Hector ihr erklärt hatte, Aisha und er würden nicht kirchlich heiraten? Hatte sie ihre Verzweiflung vergessen, hatte sie sie derart aus dem Bewusstsein verbannt? Wie konnte sie sich jetzt daran weiden, dass eine andere dasselbe Schicksal ereilt hatte? Frauen gebaren Männer und damit auch die Gier.
Er trank seinen Kaffee aus und ließ die Hand in den Schoß sinken. Sein Schwanz war immer noch steif. Er wurde rot, sah zu seiner Frau und versuchte erfolglos, das Mädchen aus dem Traum wieder zum Leben zu erwecken. Es war Jahre her, dass sie das letzte Mal intim gewesen waren. Überhaupt lag sein letztes sexuelles Erlebnis Jahre zurück. In einem Bordell in Collingwood hatte ein junges Mädchen auf Drogen hartnäckig, aber ohne große Begeisterung versucht, ihn zu erregen. Er hatte nur gewollt, dass sie auf seinem Schoß saß und er ihr langes Haar streicheln und ihr Geschichten erzählen konnte. Es war lächerlich. Wenn er seinen Körper brauchte, ließ er ihn im Stich, und jetzt verhöhnte er ihn auch noch gnadenlos. Wie würde Koula wohl reagieren, wenn er aufstand und sie fragte, ob sie mit ihm ins Bett gehen wollte? Welche Worte waren ihnen geblieben, um sein Verlangen zu beschreiben?
Frau, ich will mit dir vögeln.
Sie würde lachen. Ein grausames Lachen, so grausam wie das seiner Mutter vor so vielen Jahren, als sie ihm eines Morgens die Decke weggezogen hatte und sein Schwanz durch den Schlitz in der Pyjamahose gerutscht war. Kichernd hatte sie mit dem Finger darauf gezeigt: »Was willst du denn mit dem armen kleinen Dinganstellen?« Vom Lachen seiner Mutter waren seine Brüder aufgewacht, die ebenfalls anfingen, sich über ihn lustig zu machen. Sie hatten ihm die Klamotten ausgezogen, woraufhin er heulend vor Wut in den Schnee hinausgerannt war. Er hatte im Stall Zuflucht gesucht und sich bei den Ziegen aufgewärmt. Am liebsten wäre er gestorben. Er hatte ihnen allen den Tod gewünscht, vor allem seiner Mutter. Seine arme, hungrige, geliebte Mutter.
Inzwischen war sie lange tot, so wie auch jenes vergangene Leben, jene Welt nicht mehr da waren. Manolis befahl seinem Schwanz den Rückzug. Verzieh dich, ich kann dich jetzt nicht gebrauchen. Koula und er würden nie wieder Mann und Frau sein, nicht in diesem Sinne.
Das Alter war grausam, ein unbesiegbarer Feind. Grausam wie eine Frau. Wie eine Mutter.
Um acht kam Elisavet mit Sava und Angeliki. Die Kinder stürmten ins Haus, Sava umarmte kurz seine Großeltern, bevor er ins Wohnzimmer raste, den Fernseher anstellte und eine DVD in den Player schob. Koula und er benutzten ihn nie. Sie hatten ihn nur für die Enkel gekauft. Angeliki war wütend. Sie setzte sich zu ihrer Großmutter auf den Schoß und brach in Tränen aus.
»Was ist denn passiert, mein
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