Nur eine Ohrfeige (German Edition)
bewegte sich ihr Körper ganz von allein, unbefangen, flüssig und natürlich. Zu ihrer Freude stellte sie fest, dass Art einguter Tänzer war. Auf Bali musste sie unbedingt mit Hector tanzen gehen. Sie war immer stolz auf seine Qualitäten als Tänzer gewesen. Hector liebte Musik, und wenn er tanzte, zeigte er das auch. Art war gut, aber nicht so gut wie Hector. Sie schloss die Augen wieder.
My love, my love, my love
.
Der Übergang zum nächsten Lied war auffallend plump, die Beats prallten aufeinander, alles klang schief und unangenehm. Aber die Menge störte sich nicht daran. Aisha kreischte fast vor Freude, als sie das hypnotische Peitschen von Beyonces »Crazy in Love« erkannte. Melissa hatte das Lied geliebt. Aisha und Hector hatten sich regelmäßig vor Lachen gekringelt, wenn sie sahen, wie ihre nackte Tochter mit dem Hintern wackelte und voller Hingabe versuchte, die Bewegungen der Sängerin im Video zu imitieren. Die Tanzfläche war voll, sie war umgeben von zuckenden Leibern und purer Freude. Alle sangen mit. Sie ruhte in ihrem Körper, Kopf und Körper waren eins, und diese Einheit war der Tanz. Kurz darauf ging der Song in eine stumpfe, monotone Nummer über, die sie nicht kannte. Sie verließ die Tanzfläche.
Die Toiletten waren ekelhaft und überfüllt, es stank nach Exkrementen, und der Boden war überflutet. Aisha spritzte sich Wasser ins Gesicht, passte auf, dass sie nichts in den Mund bekam, und drängte an den Mädchen vorbei zurück in den Gang. Art stand da, die Krawatte gelockert. Ein schlaksiger Thai-Transvestit, stark geschminkt und in einem golden schimmernden Lamé-Kleid, redete auf ihn ein. Aisha legte den Arm um Art.
»Sie deine Freundin?«
Art lächelte verlegen. Aisha zwinkerte ihm zu und nickte. In diesem Moment drehte sich Art um und küsste sie auf den Mund. Der Transvestit kreischte auf.
»Sie Glück, Lady.«
Arts Lippen schmeckten salzig, nach Gewürzen, Chili und Zitronengras. Sanft löste er sich von ihr und sah ihr in die Augen. »Ich bin es, der Glück hat.«
Hector und Aisha waren seit neunzehn Jahren zusammen. In dieser ganzen Zeit hatte sie ihn nie betrogen. Sie hatte vor ihm ein paar Männer gehabt, aber nicht viele. Während sie mit dem Fahrstuhl in Arts Stockwerk fuhren, dachte sie an sie zurück. Da war Eddie, groß, gutmütig und das, was die Mädchen damals eine »Granate« nannten. Ihre Liaison begann an den Stränden von Scarborough. Er war älter und sie geschmeichelt, dass jemand, der so beliebt und attraktiv war, sich für sie interessierte. Aber schon nach kurzer Zeit langweilte sie sich mit ihm, und als sie auf die Uni kam, ließ sie ihn sausen. Das einzig Gute an der Geschichte mit Eddie war, dass sie sich mit seiner Schwester Rosie anfreundete. Nach Eddie kam ein Junge, den sie auf einer Party in Northbridge kennenlernte, ein Gitarre spielender Halbkroate mit ersten Anzeichen eines Heroinproblems. Michael war groß, genau wie Eddie, aber das war auch ihre einzige Gemeinsamkeit. Michael war alles andere als langweilig. Stattdessen war er launisch, ungepflegt, unrasiert und unverbindlich, und wahrscheinlich hätte er ihr das Herz gebrochen, wenn sie es zugelassen hätte. Aber das hatte sie nicht. Es war nicht nur seine Drogensucht. Was sie damals noch mehr ankotzte, war, dass er sich nie zurückmeldete und sich nicht an Verabredungen hielt. Sie fand seine typisch männlichen Ausweichmanöver weder liebenswert noch auf eine masochistische Art romantisch, und als er sich irgendwann erst nach einer Woche meldete, bat sie ihre Mutter, ihm auszurichten, sie rufe zurück. Was sie nie tat. Nach Michael kam Mr. Sam De Costa, ihr Anatomiedozent. Sam war dreißig, ebenfalls groß, verheiratet, stilvoll und immer gut angezogen und begeisterte sich für europäische Filme und frühen Rock ’n’ Roll. Ihre Affäre dauerte ihr gesamtes zweites Studienjahr an. Diesmal war es eindeutig Liebe gewesen, und Sam hatte ihr das Herz gebrochen. Kurz nach der Trennung erlebte sie einen betrunkenen One-Night-Stand mit einem unerfahrenen jungen Kommilitonen. Sie war mit zu ihm aufs Zimmer gegangen, und er war eingeschlafen, bevor er kam. Daraufhin war sie zurück auf die Party gewankt und mit dem nächsten unerfahrenen jungen Kommilitonenauf sein Zimmer verschwunden. Sie war mit beiden ins Bett gegangen, um sich wieder begehrt zu fühlen. Nachdem Sam sie verlassen hatte, hatte sie sich so leer und am Boden zerstört gefühlt, dass sie sich nicht vorstellen konnte, sich
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