Nur eine Ohrfeige (German Edition)
gehabt, etwas Neues erfahren zu haben. Die erste hatte gleich am Eröffnungstag stattgefunden, die andere am letzten, und in der Zeit dazwischen hatten die Sprecher der Pharmakonzerne ihre Produkte angepriesen und verkauft. Sie konnte ihnen das nicht übelnehmen, zumal ihr klar war, dass sie für ihr schönes Hotelzimmer, ihr Frühstück, Mittag- und Abendessen aufkamen. Die Referentin, die sie am ersten Tag beeindruckt hatte, war eine Schweizer Immunbiologin gewesen. Sie hatte einen eloquenten Vortrag über Immunisierung bei Hauskatzen gehalten, in dem sie auf eine nachweisliche Verbindung zwischen einem Nierenversagen bei Katzen und der von ihr so bezeichneten »Über-Immunisierung« eingegangen war. Damit hatte sie Aishas eigene Erfahrungen bestätigt. Die Immunbiologin hatte empfohlen, ausgewachsenen Katzen statt der alljährlichen Impfung nur alle zwei, drei Jahre eine Auffrischimpfung zu verabreichen. Die Repräsentanten der Pharmakonzerne hatten ihren Ergebnissen natürlich widersprochen und sich vehement für weitere Studien über die Langzeitwirkung der Impfungen ausgesprochen. Wie die meisten ihrer Kollegen wusste Aisha, dass die Konzerne derartige Studien längst in Auftrag gegeben haben mussten. Außerdem war klar, dass, wenn die Immunbiologin ihren Vortrag trotz der bestimmt energischen Beschwerden der Pharma-Repräsentanten hatte halten dürfen, ihre Ergebnisse stichhaltig sein mussten. Aisha machte sich kurz eine Notiz auf ihren Unterlagen. Sobald sie wieder zu Hause war, würde sie sich mit Brendan zusammensetzen und eine neue Impfmethode einführen.
Am letzten Tag hatte ein thailändischer Tierarzt und Wissenschaftler vor der Plenarsitzung eine Studie über die Vogelgrippe in seinem Land vorgelegt. Die Informationen waren ernüchternd, vor allem was Ansteckung und Ausbreitung der Krankheit betraf.Aisha war keine Spezialistin auf dem Gebiet, aber sie fand den Vortrag sowohl beängstigend als auch inspirierend. Angesichts der wirtschaftlichen Aspekte der Produktion und des Vertriebs von Lebensmitteln war abzusehen, dass auch ein relativ isolierter Kontinent wie Australien davon nicht unberührt blieb. Als der Mann fertig war und sich höflich vor dem Publikum verneigt hatte, gab es lang anhaltenden überschwänglichen Applaus. Art hatte ebenfalls begeistert geklatscht, sich dann zu ihr rübergebeugt und ihr ins Ohr geflüstert, sodass sie seinen warmen Atem am Hals gespürt hatte: »Wir sind gefickt.« Es hatte irgendwie erotisch geklungen.
Sie war im Bad ihres Hotelzimmers, um sich für das Abschlussessen fertig zu machen, als das Telefon klingelte. Es war Art.
»Kann ich zu Ihnen aufs Zimmer kommen?«
Sie wurde nervös, sie sollte nein sagen, brüskiert tun, ihm erklären, seine Frage sei absolut unpassend.
Als sie nicht antwortete, lachte er.
»Ich bin in einer halben Stunde da.«
Sie lief zurück ins Bad. Am Abend davor hatte sie sich vorzeitig aus einer Sitzung geschlichen, um mit dem Skytrain zur Gaysorn Plaza zu fahren. Yvonne hatte ihr versichert, das sei die beste Adresse der Stadt, um Unterwäsche zu kaufen. Direkt danach hatte sie einen Termin beim Hotelfriseur gehabt und sich die Beine und die Bikinizone wachsen lassen. Alles als Vorbereitung für ihren Urlaub auf Bali, hatte sie sich gesagt. Aisha schlüpfte in ihre Unterwäsche und betrachtete im Spiegel, wie sich ihre langen braunen Arme und Beine gegen das strahlende Weiß ihrer neuen Seidenwäsche absetzten. Sie strich ihr Haar zurück und reckte den Hals. Hector behauptete immer, sie habe den Hals einer Schwanengöttin. Sie konnte sich unmöglich länger selbst belügen. In Wirklichkeit machte sie sich für Art schön. Ihr war klar, worauf das hinauslief, und trotzdem glaubte sie nicht, dass aus ihrem Flirt zwangsläufig etwas werden musste. Immerhin waren sie keine Teenager mehr, auch wenn sie sich noch so idiotisch benahmen.Um Himmels willen, sie war einundvierzig, verheiratet, hatte Kinder, genau wie er. Sie ließ das Haar auf die Schultern fallen und trug Mascara auf. Oh Gott, Flirten war einfach zu schön.
Die Dreistigkeit, sie auf dem Zimmer anzurufen, imponierte ihr. Zum ersten Mal schien die Möglichkeit, mit einem anderen Mann zu schlafen, realer als zu irgendeinem anderen Zeitpunkt, seit sie verheiratet war. Sie würde sich entscheiden müssen.
Sie hatte die Minibar bisher nicht angerührt, aber nachdem sie sich angezogen hatte, machte sie sich einen Gin Tonic.
Als es an der Tür klopfte, sprang sie auf. Sie
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