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Nur eine Ohrfeige (German Edition)

Nur eine Ohrfeige (German Edition)

Titel: Nur eine Ohrfeige (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christos Tsiolkas
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Flughafens wurden die Reisenden für den nächsten Garuda-Flug nach Denpasar und Jakarta gebeten, sich zu ihrem Gate zu begeben. Die Durchsage war wie Balsam für die erschöpften Touristen um Aisha herum, und sie fingen an, aufgeregt aufeinander einzureden. Ihr gegenüber saß ein junges amerikanisches Paar, Studenten, nahm sie an. Das Mädchen wirkte aufgewühlt, als hätte die Nachricht aus den Lautsprechern sie irgendwie beunruhigt. Aishas medizinisch geschulter Blick erfasste die Situation sofort. Das Mädchen war auf irgendeiner Droge, ihre Pupillen waren geweitet, ihre Haut unnatürlich gerötet, außerdem schwitzte sie stark, trotz der kalten klimatisierten Flughafenluft. Sie war völlig überhitzt. In diesem Zustand im Bangkoker Flughafen zu sitzen, war ziemlich unvorsichtig. Sie hoffte nur, das dumme Ding hatte keine Drogen dabei. Das Mädchen fing an zu weinen.
    Aisha seufzte, rollte ihre Zeitschrift zusammen und zwängte sie in die Handtasche. »Kann ich irgendwie helfen?«
    Der junge Mann sah sie grimmig an. Wahrscheinlich hatte er auch irgendetwas genommen, aber sein Körper baute die Drogen wohl besser ab. »Nein, danke. Alles in Ordnung. Sie hat nur Angst vorm Fliegen.«
    Das Mädchen schüttelte energisch den Kopf. »Ich hab keine Angst vorm Fliegen. Ich habe Angst vor Bomben. Ich habe Angst, mitten über dem Meer in die Luft gejagt zu werden.« Sie klang noch nicht hysterisch, aber kurz davor.
    Aisha blickte zu der lächelnden Stewardess am Schalter rüber, die sie ganz offensichtlich beobachtete. Das Mädchen wirkte paranoid. Auch das lag vermutlich an den Drogen.
    Aisha kniete sich vor sie hin. »Wir sind hier vollkommen sicher. Thailand ist ein sicheres Land.«
    »In Thailand hat es auch Bombenanschläge gegeben.« Sie hatte aufgehört zu weinen, machte aber ein bockiges Gesicht. Es erinnerte sie an Melissa nach einem ihrer Wutanfälle. Sie sah aus, als suchte sie Streit.
    Eigentlich hätte sie gern geantwortet, ja, stimmt, es gab Bombenanschläge hier. Auch sie hatte ein mulmiges Gefühl gehabt, als sie den Flughafen betreten und sich an der Sicherheitskontrolle angestellt hatte. Und als sie in der Schlange zwei Saudis entdeckte, hatte sie eine völlig unbegründete Panik befallen. Werde erwachsen, hätte sie am liebsten gesagt – wenn du reisen willst, musst du damit klarkommen. So ist die Welt nun mal.
    Sie griff nach der Hand des Mädchens. »Ich bin Ärztin. Ich schätze, das Problem ist unter anderem, dass Sie etwas zu essen und zu trinken brauchen.« Sie sah zu ihrem Freund hoch. »Wir haben noch genügend Zeit, bevor der Flug geht. Sie sollten ihr etwas zu essen besorgen.«
    Der junge Mann sah Aisha dankbar an.
    Das Mädchen schien noch nicht zufrieden. »Ich habe keinen Hunger.«
    Aisha stand auf. Mehr konnte sie nicht tun. Sie setzte sich wieder auf ihren Platz und holte ihre Zeitschrift heraus.
    Eine ältere, stark geschminkte Dame saß neben ihr und umklammerte eine prall gefüllte Reisetasche. »Das war sehr nett von Ihnen«, flüsterte sie. Auch sie war Amerikanerin. Sie sahen zu, wie das Paar sich entfernte.
    »Mein Mann war genauso. Er hatte schreckliche Angst vorm Fliegen.«
    Aisha nickte kurz und blätterte weiter in ihrer Zeitschrift. Bei einer Parfümwerbung hielt sie inne, zwei nackte Körper, einerschwarz, einer weiß, ineinander verschlungen, sodass ihr Geschlecht nicht zu sehen war.
    »Woher kommen Sie?«
    Aisha setzte ein künstliches Lächeln auf und drehte sich zu ihr um. »Ich bin Australierin.«
    »Ah, da fliege ich hin, da fliege ich hin«, rief die Frau begeistert. »Australien ist ein wunderschönes Land, und die Menschen sind einfach wundervoll.« Sie strahlte Aisha an. »Ihr seid genau wie wir.«
    Aisha unterdrückte ein Lachen. Art hatte das auch behauptet. Suchten die Amerikaner vielleicht nach Bestätigung?
    »Ihr Australier seid eben einfach schrecklich beliebt«, fuhr die alte Dame fort und klang plötzlich bedrückt. »Jeder mag euch.«
    Aisha widmete sich wieder ihrer Zeitschrift und blätterte weiter. Aber das Bild ließ sie nicht los. Zwei ineinander verschlungene Körper, einer schwarz, einer weiß, ohne dass man sagen konnte, wo der eine begann und der andere aufhörte.
     
    Es hatte sie überrascht, wie hellhäutig Art war. Sein Gesicht, sein Hals und seine Arme waren von der unerbittlichen asiatischen Sonne gebräunt, aber der restliche Körper war weiß wie Alabaster. Neben ihm kam sie sich fast unanständig dunkel vor. Sie hatte ihm die Führung

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