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Nur eine Ohrfeige (German Edition)

Nur eine Ohrfeige (German Edition)

Titel: Nur eine Ohrfeige (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christos Tsiolkas
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bändigen, und gab es schließlich auf. Vor ihm auf dem Boden lag seine vom Sperma verklebte Unterhose. Er hatte sie mit ins Bad genommen, um sie zu waschen, was eine schwachsinnige Idee war, weil er sie dann nass mit in die Bahn hätte nehmen müssen. Stattdessen warf er sie in die Toilette, schob sie mit der verdreckten Klobürste tief in den Abfluss hinein und spülte. Er sah das Wasser durch die Schüssel wirbeln und allmählich ansteigen. Richie bekam Panik. Er hatte den Abfluss verstopft. Er zuckte mit den Schultern. Sollte sein Vater sich damit herumschlagen.
     
    Craig ließ ihn an der Ringwood Station raus. Als Richie aussteigen wollte, hielt sein Vater ihn an der Schulter fest. Er wirkte aufgeregt.
    »Ich weiß, dass du nächsten Monat Geburtstag hast.«
    »Du brauchst mir aber nichts zu schenken«, nuschelte Richie hastig.
    »Na hör mal, natürlich schenk ich dir was.«
    Warum? Sonst hast du mir doch auch immer nur eine Karte geschickt.
    »Es ist immerhin dein achtzehnter.« Craig ließ Richie los und lächelte. »Deine Großmutter und ich überlegen, zusammenzuschmeißen und dir einen iPod zu schenken.« Plötzlich sah er ihn besorgt an. »Du hast doch noch keinen, oder?«
    »Nein.« Wow. Ein iPod. Geil. Er wollte fragen, ob er einen mit möglichst viel GB und mit Video bekommen konnte, aber das schien ihm dann doch etwas vermessen. »Danke«, murmelte er.
    »Ich schätze, du machst eine Party.«
    »Ja, wahrscheinlich.« Wollte sein Vater, dass er ihn einlud? Das konnte er Tracey auf keinen Fall antun. Es würde sowieso keine Party werden, höchstens ein Abendessen.
    »Oder gehst du nur mit deiner Freundin aus?«
    Sie ist nicht meine Freundin, jedenfalls nicht so, wie du das meinst. Richies Bein fing an zu zucken. Die Luft im Wagen war abgestanden, es stank. Kann ich jetzt bitte einfach gehen?
    Dann tat Craig etwas völlig Unerwartetes. Er strich Richie mit der Hand übers Haar. Richie riss automatisch den Arm hoch, hielt dann aber auf halbem Weg inne.
    »Ich ruf dich an. Vielleicht können wir irgendwo was trinken. Das darfst du ja dann.« Craig ließ den Motor an. »Bis dann.«
    »Bis dann.« Richie schlug die Tür zu und rannte ohne sich nochmal umzusehen zum Bahnsteig. Er setzte sich auf eine Bank, atmete langsam aus und tastete nach dem Inhalator in seiner Hosentasche. Es war alles okay, er brauchte ihn nicht. Jetzt fühlte er sich sicher. Er holte sein Handy raus und sah nach, ob ihm jemand eine SMS geschrieben hatte.
     
    Alle warteten auf Dienstag, den Tag, an dem sie ihre Punktzahl für die Uni-Zulassung erfuhren. Richie hatte sich bisher keine großen Gedanken darüber gemacht, aber jetzt, wo die Highschool zu Ende war – und zwar für immer! –, dämmerte ihm allmählich, dass die Zukunft kein vorgezeichneter gerader Weg war, sondern ein Gewirr aus verschiedensten Möglichkeiten und immer neuen Nebenzweigen. Die Zukunft war dreidimensional – dieser Gedanke war ihm bisher nie gekommen. Die Schule hatte ihn für diese Wahrheit blind gemacht. Die Schulzeit war flach und zweidimensional gewesen: Schlafen, Schule, Lernen, Schlafen, Schule, Lernen und ab und zu Ferien. Diese Welt ließ er jetzt hinter sich, sie war nicht mehr von Bedeutung. Und das war wahnsinnig aufregend und zugleich verwirrend. Es gab für ihn kein Zurück mehr in diese Welt.
    Er hoffte natürlich, dass er bestanden hatte. Es war unwahrscheinlich – nein, völlig unmöglich –, dass er durchgefallen war. Er war ein durchschnittlicher Schüler, nicht auffallend gut, aber auch nicht faul oder dumm. Er hatte seine Präferenzen gewissenhaft angegeben, allerdings ohne sich lange Gedanken darüber gemacht zu haben. Kartographie oder Umwelttechnik zu studieren, konnte er sich durchaus vorstellen. Kurz nach Weihnachten waren Nick und er mit der Straßenbahn in die Stadt gefahren, hatten aufdem Melbourner Friedhof einen Joint geraucht und waren dann zum Campus der Universität gegangen. Nick wollte Medizin studieren. Das war schon immer sein größter Wunsch gewesen. Wenn er nicht Medizin studieren könnte, hätte sein Leben für ihn keinen Sinn mehr. Sie waren zwischen den Gebäuden durchgelaufen, und Nick hatte auf ein hohes, hässliches Betonbauwerk am Rande des Geländes gezeigt. »Mein Onkel hat die Mauern für das Scheißding hochgezogen«, erklärte er Richie. »Er sagt, wenn ich es da rein schaffe, bin ich der Erste in der Familie.« Nick war wie berauscht an jenem Tag. Richie stand neben ihm und sah an dem Gebäude hoch.

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