Nur eine Ohrfeige (German Edition)
hatte plötzlich das Gefühl, nichts mehr mit ihnen zu tun zu haben, ihr kinderloses Leben kam ihm so weit weg vor.
Zurück im Haus entdeckte er Harry, der selbst den Tränen nah war. Seinen Cousin so zu sehen, war schlimm. Wut stieg in ihm auf. Er war froh, dass Gary und Rosie weg waren. Er hätte ihren Anblick nicht mehr ertragen, hätte keine Lust gehabt, ihnen Freundschaft und Mitgefühl vorzuspielen. Rocco stand dicht neben seinem Vater. Sandi gab Hector und Aisha einen Abschiedskuss und ließ sich dann von seinen Eltern samt Mann und Kind zum Auto bringen. Hector hatte die Hand seines Cousins fest gedrückt, aber er war nicht sicher, was Aisha von ihm erwartete, auf wessen Seite sie stand. Er wusste, dass seine Eltern Harry auf dem Weg zum Wagen trösten würden, dass ihr Zorn sich gegen die verdammten Australier richtete. Hector war ihrer Meinung, aber er hatte keine Ahnung, wie Aisha darüber dachte. Ihm war nicht gerade wohl bei dem Gedanken an die anstehende Diskussion.
Connie stand unter dem Feigenbaum und rief zu Richie hoch.
Der Junge rührte sich nicht. Hector zündete sich eine Zigarette an und bot Tasha eine an.
Sie legte ihm den Arm um die Schulter. »Tut mir echt leid.«
»Was?«
»Dass es so böse enden musste.«
Hector zuckte mit den Schultern.
Richie blickte in die andere Richtung, die Straße hinunter, über die Dächer. »Ich glaube, ich kann euer Haus von hier aus sehen«, rief er Connie zu.
»Komm runter, Richie«, forderte Tasha ihn geduldig auf.
Der Junge sprang. Hector schloss die Augen, es hätte ihn nicht gewundert, Knochen brechen zu hören, aber Richie landete auf den Füßen, stolperte und richtete sich wieder auf. Mit einem breiten Grinsen im Gesicht kam er zur Veranda gelaufen und blieb direkt vor Hector stehen. Er griff nach seiner Hand und schüttelte sie energisch.
»Es war toll. Das Essen war fantastisch.« Gleich darauf wurde er rot und trat einen Schritt zurück.
Hector wusste nicht, was er antworten sollte, aber zum Glück tauchte Aisha in der Tür auf. »Danke, Richie. Aber ich glaube, die Party ist vorbei.«
»Wir helfen euch beim Aufräumen.«
»Nein, Tasha, ist okay. Wir machen das schon.«
Connie schüttelte schlaff seine Hand, ohne ihn anzusehen. Dann umarmte sie Aisha und drückte sie fest. Hector sah hinaus in die Dunkelheit. Erst als er Tashas Wagen starten hörte, atmete er aus. Er legte Aisha den Arm um die Hüfte und zog sie zu sich heran. Sie schmiegte sich an ihn. Ihr Haar roch nach Rauch und Zitronensaft. Er war froh, einfach so mit ihr dastehen zu können.
»Ich bringe die Kinder ins Bett«, sagte sie.
»Es ist doch noch früh.«
»Ich will, dass sie schlafen gehen.«
»Es ist Samstagabend.«
»Bitte, Hector.«
Er zögerte, er wollte dem unvermeidbaren Gespräch aus dem Weg gehen und die friedliche Stille aufrechterhalten. »Also, was denkst du?«
»Ich bin stocksauer.«
»Auf wen?«
Ihre Augen funkelten ihn böse an. »Auf deinen Cousin natürlich.«
»Ich nicht.«
»Hätte er dein Kind geschlagen, wärst du bestimmt nicht auf seiner Seite.«
Aber es war nicht ihr Kind gewesen und wäre es auch nie gewesen. Und das war allein ihr Verdienst. Sie war eine großartige Mutter. Aisha sah ihn misstrauisch an, offenbar legte sie sich gerade ihre Argumente zurecht. Im Gegensatz zu ihm schien sie auf Streit aus zu sein. Sie wartete nur darauf, über Harry herzuziehen, ihn runterzumachen, und zwar auch, weil Harry ein Teil seiner Familie war. Er hatte gar nicht mitbekommen, wann Ravi gegangen war, und auf einmal dämmerte ihm – wie hatte er nur so dumm sein können? –, dass der ganze Abend zu einem großen Teil zu Ehren ihres Bruders stattgefunden hatte.
Aishas Augen leuchteten. Sie ballte die Faust. Sein einziger Gedanke war, wie er am schnellsten mit ihr im Bett landen konnte.
»Du hast recht«, sagte er leise. »Harry hätte ihn nicht schlagen dürfen.«
Sie war völlig perplex, er meinte sogar, kurz eine Spur von Enttäuschung in ihrem Gesicht entdeckt zu haben. Ihre Faust öffnete sich. »Stimmt, das hätte er nicht.« Es klang eher verhalten, wenig überzeugend.
»Bring du die Kinder ins Bett. Ich fang schon mal an aufzuräumen.«
Während er den Geschirrspüler einräumte, bekam er Lust zu tanzen. Er legte Benny Goodman auf. Beschwingt, aber solide, genau das Richtige. Pfeifend schloss er die Spülmaschine und fing an, die Bänke wegzuräumen.
»Wie zum Teufel kannst du so gut gelaunt sein?« Sie hatte die Hände in die
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