Nur eine Ohrfeige (German Edition)
Weg in die Küche hörte er sie wieder weinen.
Aisha trocknete sich die Hände ab. Sie zeigte auf die Uhr.
»Ich weiß, ich weiß. Ich will doch nur verdammt nochmal in Ruhe eine einzige Zigarette rauchen.«
Er hatte erwartet, dass Aisha in den Chor einstimmte, der ihman diesem Morgen entgegenschlug, aber sie fing an zu grinsen und küsste ihn auf die Wange.
»Okay, wer von beiden hat Schuld?«
»Adam. Auf jeden Fall Adam.«
Er setzte sich auf die Veranda und rauchte seine Zigarette. Drinnen hörte er Aisha ruhig auf seine Tochter einreden. Wahrscheinlich kniete sie schon neben Melissa und spielte mit ihr das Videospiel. Gleich würde Adam aus seinem Zimmer kommen, sich aufs Sofa setzen und den beiden zugucken. Bis schließlich irgendwann nur noch die Kinder vor der Konsole saßen und Aisha sich in die Küche zurückgeschlichen hatte. Er staunte, wie viel Geduld seine Frau hatte und wie wenig er selbst. Manchmal fragte er sich, wie seine Kinder Respekt vor ihm haben sollten, wenn sie älter waren – und ob sie ihn überhaupt je lieben würden.
Connie liebte ihn. Sie hatte es ihm gesagt. Er wusste, dass es ihr fast körperliche Schmerzen bereitet hatte, die Worte auszusprechen, dass sie fast daran erstickt wäre. Aisha hatte ihm natürlich auch oft gesagt, dass sie ihn liebte, aber immer ganz ruhig und unbekümmert, als wäre sie von Anfang an sicher gewesen, dass er sie genauso liebte. Jemandem zu sagen, dass man ihn liebt, sollte nie ohne Leidenschaft sein. Connie hatte die Worte panikartig hervorgestoßen, ohne sich über die Konsequenzen im Klaren zu sein. Sie hatte sich nicht getraut, ihn dabei anzusehen, und sich im selben Moment eine Locke in den Mund gesteckt, die er dann beiseitegestrichen hatte, um sie auf den Mund zu küssen. »Ich liebe dich auch«, hatte er geantwortet. Und das tat er wirklich. Monatelang hatte er kaum an etwas anderes denken können. Aber er hatte sich nicht getraut, es Connie zu sagen. Sie hatte die Worte zuerst ausgesprochen.
»Hast du noch Valium?«
»Nein.« Er hörte den Vorwurf in Aishas Stimme und sah, wie sie zur Küchenuhr schaute.
»Ich habe jede Menge Zeit.«
»Wofür brauchst du Valium?«
»Ich brauche es nicht. Ich will es einfach. Damit ich nachher beim Barbecue lockerer bin.«
Aisha lächelte plötzlich, ihre Augen funkelten schelmisch. Er drückte seine Zigarette im Aschenbecher aus, ging hinein und zog seine Frau in die Arme. »Ich habe jede Menge Zeit, ich habe jede Menge Zeit«, sang er. Er küsste die Finger ihrer linken Hand, roch den süßen Geruch von Kümmel und Limonensaft. Sie küsste ihn zurück und schob ihn dann sanft weg.
»Ist es so schlimm?«
»Nein, überhaupt nicht.« Natürlich hätte er an einem Samstagabend lieber etwas anderes gemacht, als sich um Familie, Freunde und Arbeitskollegen zu kümmern. Ganz bestimmt hätte er den letzten Tag seines Lebens als Raucher gern für sich gehabt. Aber Aisha wollte sich mit ihrer kleinen Feier für zahllose Einladungen zu Abendessen und Partys revanchieren. Sie hatte das Gefühl, dass sie es ihrem Bekanntenkreis schuldig waren. Hector empfand das nicht so. Aber er war ein großartiger Gastgeber und verstand, wie wichtig dieser Abend für seine Frau war.
»Schlimm ist es nicht, aber ein bisschen Valium könnte nicht schaden. Nur für den Fall, dass meine Mutter mir heute Abend wieder auf die Nerven geht.«
»Normalerweise bist nicht du es, dem sie auf die Nerven geht.« Aishas Blick wanderte zurück zur Uhr. »Ich weiß nicht, ob ich es schaffe, in die Praxis zu fahren und welches zu besorgen.«
»Kein Problem, ich fahre nach dem Einkaufen einfach dort vorbei.«
Unter der Dusche, während der warme Wasserstrahl auf Kopf und Schultern fiel und um ihn herum der Dampf aufstieg, sah er an seinem schlanken Körper herunter. Sein Blick fiel auf seinen schlaffen Schwanz, und er verfluchte sich. Du bist so ein Arschloch, so ein verdammter Lügner. Er hatte die Worte laut ausgesprochen. Beschämt drehte er mit einem Ruck den Warmwasserhahnzu. Das eiskalte Wasser konnte ihm sein schlechtes Gewissen nicht nehmen. Schon als Kind hatte Hector wenig von Ausflüchten gehalten. Er wusste, dass er das Valium nicht brauchte und dass es ihm eigentlich nur darum ging, Connie zu sehen. Warum fuhr er nicht einfach an Aishas Praxis vorbei und ließ die Pillen Pillen sein? Nein, das schaffte er nicht. Während er sich mit dem feuchten Handtuch abtrocknete, das nach Seife, nach ihm selbst und nach seiner Frau
Weitere Kostenlose Bücher