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Nur eine Ohrfeige (German Edition)

Nur eine Ohrfeige (German Edition)

Titel: Nur eine Ohrfeige (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christos Tsiolkas
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Stunde schlafen können. Harry schüttelte den Kopf. »Noch nicht.«
    Er küsste seine Frau und lief die Treppe runter in die Garage. Bis zur Westgate Bridge hatte er um diese Uhrzeit freie Fahrt.
     
    Alex hatte den Laden bereits aufgemacht und steckte unter der Motorhaube eines Mitsubishi Verada aus den frühen Neunzigern. Harry manövrierte seinen Geländewagen neben die Zapfsäulen und hupte. Alex drehte sich um, nickte ihm zu und wandte sich wieder seiner Arbeit zu. Die verschmierte blaue Trainingshose war ihm von den dicken Hüften gerutscht. Oben guckte ein kratziger Busch schwarzer Locken hervor, die sich in der Arschritze trafen. Harry knüllte eine McDonalds-Tüte zusammen, die Rocco unter den Sitz hatte fallen lassen, und zielte fachmännisch auf Alex’ Hintern.
    »He!«
    Guter Wurf.
    »He!«, ahmte Harry ihn nach und fing an zu lachen. »Zieh die Hose hoch, du Ochse«, sagte er auf Griechisch. »Wer will schon deinen fetten, behaarten Arsch sehen?«
    »Ist zu groß.« Zu komplexen Sätzen war Alex nicht fähig. Er arbeitete konzentriert an seinem Motor.
    »Du wirst fett, Mann.« Alex hatte seit seiner Scheidung mindestens zwanzig Kilo zugenommen. Zum Großteil war seine Mutter daran schuld. Alex war zurück zu seinen Eltern gezogen, und Mrs. Kyriakou kochte dreimal am Tag für ihn, zusätzlich zu dem fettigen Fastfood, das er sich mittags holte. Und den Chips und Schokoriegeln in der Pause. Es lag aber nicht nur an seiner Mutter. Alex war nie besonders ehrgeizig gewesen, und seit Eva ihn verlassen hatte, hatte er dem Verfall seines Körpers tatenlos zugesehen. Harry und er waren gleich alt – ihre Geburtstage lagen nicht mal eine Woche auseinander –, aber Alex sah mindestens zehn Jahre älter aus. Man konnte immer noch den attraktiven Jugendlichen erahnen, mit dem Harry zur Schule gegangen war, und der mehr als zwanzig Jahre sein bester Freund und Trauzeuge bei seiner Hochzeit gewesen war, aber heutzutage würde ihn kein Mädchen auch nur anschauen.
    Als Harry überlegt hatte, die Werkstatt in Altona zu übernehmen, hatte er Alex gefragt, ob er als Partner mit einsteigen wollte. Sein Freund hatte seine Hand genommen, sie voller Stolz und mit Tränen in den Augen geschüttelt und geantwortet: Aber ich bin kein Geschäftsmann, ich wäre nicht gut für dich. Womit er recht hatte. Harry hätte ihn schon vor Jahren umgebracht, wären sie Partner gewesen. Alex liebte es, an Autos herumzuschrauben, er war ein ausgezeichneter Mechaniker, aber er hasste Papierkram, und er hasste den Umgang mit Kunden. Er ertrug es nicht, für Geld verantwortlich zu sein. Er arbeitete nun schon seit zwanzig Jahren für Harry, und Harry gab ihm jedes Jahr einen Bonus und erhöhte stetig und treu sein Gehalt. Alex war dankbar, aber wäre Harry weniger großzügig gewesen, hätte er sich bestimmt auch nicht beschwert. Es war diese Lethargie, wegen der Eva ihren Mann verlassen hatte. Als Alex seine Lehre beendet hatte, hatten seine Eltern eine Anzahlung auf ein kleines Häuschen in Richmond geleistet, und Alex hatte es über die Jahre nach und nach abbezahlt. Aberselbst als das Baby kam, machte er keine Anstalten, sich nach etwas Größerem umzusehen. Harry hielt es für unwahrscheinlich, dass Alex auch nur auf die Idee gekommen wäre zu heiraten, hätten seine Eltern nicht solche Panik davor gehabt, keine Enkel zu bekommen. Er hatte aus Pflichtbewusstsein geheiratet, so wie er auch alles andere getan hatte. Harry war von der Scheidung nicht überrascht gewesen und konnte es Eva auch nicht verdenken, dass sie ihn verließ. Alex würde sich nie ändern. Er war zufrieden in seinem Zimmer, trank mit Freunden, die er seit drei Jahrzehnten kannte, sah seine Kinder alle zwei Wochen und zu Ostern und arbeitete ganztägig in Harrys Werkstatt. Alex war wahrscheinlich der Meinung, sein Leben sei gut so, wie es war. Womöglich war es das auch, dachte Harry. Es war ein Leben ohne Stress, aber es schien auch irgendwie abgeschlossen, als hätte es ihm nichts mehr zu bieten.
    »Du musst abnehmen, Mann. Deine überschüssigen Kilos sind nicht gut für die Gesundheit.«
    »Du hast recht.«
    »Vielleicht solltest du an den Wochenenden wieder Fußball spielen.«
    »Stimmt, Mann.«
    »Und kein Junkfood mehr. Ab heute gibt es mittags Salat-Sandwiches.«
    Alex kam unter der Motorhaube hervor. »So ein Scheiß. Wozu soll ich alt werden, wenn ich dafür wie ein Karnickel futtern muss? Ich will Pies und Burger essen.«
    »Was ist mit dem Motor?«
    »Der

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