Nur eine Ohrfeige (German Edition)
Mundwinkel, aber sie schrien sich nichtmehr an und gingen nicht mehr aufeinander los. Harry war froh, dass wieder Schweigen herrschte.
Harry bekreuzigte sich. Er betete für die Seelen seiner Eltern. Sie hatten ihn beschützt, seine Ausbildung bezahlt, ihm genug hinterlassen, um ihm einen Start im Leben zu ermöglichen. Mehr konnte man sich nicht wünschen.
Jetzt hatte er kaum noch Zeit herumzubasteln. Er sah auf sein Handy, auf dem sich bereits mehrere neue Nachrichten befanden. Er schraubte nur noch selten selbst an den Autos herum. Wenn, dann für langjährige Kunden. Alex und Con arbeiteten in Altona, drei Leute in Hawthorn und drei weitere in der neuen Werkstatt. In Moorabbin war außerdem ein rund um die Uhr geöffneter Minimarkt angeschlossen, für den er mehrere junge Leute angestellt hatte. Er verbrachte seine Zeit damit, Gehälter, Versicherungsbeiträge, Lieferungen und Bestellungen zu verwalten. Sandi hatte immer mitgeholfen, aber nach Roccos Geburt hatte er ihr zu verstehen gegeben, dass sie nicht arbeiten müsse. Sie hatte ein Jahr lang ausgesetzt, ihn dann aber gebeten, wieder halbtags einsteigen zu dürfen. Er war einverstanden gewesen und insgeheim auch stolz. Er liebte sein neues Zuhause, war glücklich, am Strand zu leben – seit seiner Kindheit war das sein Traum gewesen –, aber er hatte wenig Respekt vor den Frauen in der Nachbarschaft, nichtsnutzige Sonnenstudioweiber mit Plastiklächeln und Silikontitten, die das Geld ihrer Männer für Teekränzchen, endlose Shoppingtouren und Personal Trainer ausgaben. Er klopfte auf Holz. Danke,
Panagia
, betete er still. Danke für alles.
Sandi lag mit ihrer Vermutung richtig. Irgendetwas stimmte nicht mit den Büchern. Alex behauptete, die Aufträge seien nicht zurückgegangen, wenn, dann hätten sie im Laufe des Jahres eher zugenommen. Aber das spiegelte sich nicht in den Gewinnen wider. Sicher, der Scheißkrieg in Nahost hatte die Benzinpreise über den Haufen geworfen, und sie hatten in den letzten beiden Jahren eine Menge Geld für die Modernisierung investiert, aber all das war inden Büchern berücksichtigt. Er hörte Cons Wagen in die Werkstatt fahren, zündete sich eine Zigarette an und warf einen Blick auf die Wanduhr. Das Zifferblatt war mit einem dichten Spinnennetz überzogen, in dem drei Schmeißfliegen klebten.
Er hörte Con Alex begrüßen. Als er Harry im Büro sitzen sah, blieb er überrascht stehen.
»Hi, Boss.«
Der Idiot hatte eine Frisur wie die englischen Yuppie-Fußballer, an den Seiten kurzgeschoren und oben ein dicker Kamm, der in der Mitte zusammenlief. Vorne waren die Spitzen blond gefärbt.
»Die Uhr muss mal saubergemacht werden.« Harry sah sich im Büro um. »Genau genommen muss das ganze Büro mal saubergemacht werden.«
»Klar, kümmere ich mich heute drum. Wie geht’s Sandi? Und dem Kleinen?«
»Sandi geht’s gut. Dem Jungen auch.«
»Was führt Sie her?«
Harrys Handy vibrierte und piepte.
»Gehen Sie ruhig ran.«
»Ist egal. Ich bin hier, um die Bücher durchzugehen.«
Con warf sich eine Zigarette zwischen die Lippen und lächelte. Dieser dreiste kleine Scheißer. »Gibt’s Probleme?«
»Allerdings. Ich habe ein Problem. Das Problem bist du.«
Con verging das Lächeln, er fummelte an seiner Zigarette herum und erwiderte gereizt: »Ich weiß echt nicht, wovon Sie reden, Mann.«
Harry sagte nichts. Er sah ihn nur an.
»Herrgott, Harry. Wollen Sie mich feuern?« Ihm versagte die Stimme, und er fing an zu schluchzen. Harry sah Alex an der Zapfsäule stehen. Eine junge Frau war aus einem scharlachroten Toyota Corolla gestiegen und blickte sich um. Sie war Asiatin, hielt ein Handtäschchen mit aufgedruckten rosa und gelben Rosen umklammert und hob arrogant das Kinn. Warte ruhig, bis du schwarz wirst, Schätzchen, Alex wird dich nicht bemerken. Harry drehtesich erst wieder zu Con um, als dieser mit seinem Geplärre aufgehört hatte.
»Setz dich.«
Con setzte sich sofort auf den Stuhl gegenüber, wischte sich die Tränen aus den Augen und sah seinen Boss ängstlich an.
»Um wie viel genau du mich beschissen hast, finde ich wahrscheinlich sowieso nicht raus,
Pousti
. Aber vielleicht bist du so nett und nennst mir eine ungefähre Zahl.«
»Oh Mann, ich habe Scheiße gebaut. Ich weiß, Mann. Ich zahle Ihnen alles zurück, Harry.«
»Wärst du so nett und nennst mir eine Zahl?«
»Ich habe keine Ahnung, Mann.«
»Welche Größenordnung?«
»Zwanzigtausend?«
Harry stieß einen langgezogenen Pfiff
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