Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nur eine Ohrfeige (German Edition)

Nur eine Ohrfeige (German Edition)

Titel: Nur eine Ohrfeige (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christos Tsiolkas
Vom Netzwerk:
gegenüber die Beherrschung verloren. Dieser faule Mistkerl wollte ständig seinen Dienst tauschen, und kaum warHarry hereinmarschiert, kam er hinter dem Ladentisch hervor und bat darum, am Samstag frei zu bekommen.
    »Wie wär’s mit einem kurzen Hallo?«
    »Bitte, Mr. Apostolou, ich kann Samstagabend nicht arbeiten.«
    Weiter hinten im Laden trieb sich eine Gruppe von Schuljungs herum, wahrscheinlich waren sie gerade am Klauen. Ein junger Geschäftsmann kam durch die Tür. Harry nickte in seine Richtung. Aber Sanjiv ignorierte den Kunden und wartete stattdessen geduldig auf eine Antwort von seinem Boss.
    Ich wünschte, ich könnte dich auf der Stelle feuern, du dämlicher Hindu-Wichser.
    »Nein«, antwortete er knapp. »Das muss ich früher wissen. Für Samstag bekomme ich keinen Ersatz mehr. Du musst die Schicht machen.«
    Die Miene des Inders veränderte sich nicht. Er nickte nur langsam, drehte sich um und ging zurück zum Tresen. Harry fasste sich an die Stirn, seine Augen waren schwer, und ihm brummte der Schädel. Als er an den Schuljungs vorbeikam, war er versucht, einem von ihnen die Tasche abzunehmen und auf dem Boden auszukippen. Er war sicher, dass sie ihn beklauten. Sie waren zu viert, zwei Weiße und zwei Asiaten, sie kicherten, und der größere der beiden Weißen redete laut irgendwelchen Schweinkram, um die anderen zu beeindrucken. Harry biss sich auf die Lippe. Er wünschte, er könnte zu den kleinen Scheißern gehen und sagen: He, wenn ihr nichts kaufen wollt, verpisst euch aus meinem Laden. Aber das konnte er nicht riskieren. So wie er sich im Augenblick fühlte, durfte er auf keinen Fall riskieren, dass einer der Klugscheißer ihm dumm kam. Seine Laune durfte sich nicht noch mehr verschlechtern.
    Das elektrische Summen, die Luft im Laden, die Stimmen der Schuljungs umgaben ihn wie ein Nebel. Mit zitternder Hand schloss er den Lagerraum auf, huschte hinein, schlug die Tür hinter sich zu und legte den Kopf auf das kalte Metallregal. Er sah auf die Uhr an der Wand und stellte sich vor, die Zeit zurückdrehen zu können bis zu einem Moment vor dem Barbecue, als er die kleine Missgeburtnoch nicht geschlagen hatte. Da war er noch so glücklich gewesen. Er hob den Kopf. Du hast diesen Mist nicht verdient, sagte er sich. Du hast nichts falsch gemacht.
    Er überwies die Löhne, machte ein bisschen Buchhaltung und schloss dann ab. Im Gehen sagte er zu Sanjiv, er werde jemanden finden, der die Samstagabendschicht übernehmen könnte.
     
    »Wie wär’s mit einer Massage?«
    Das war das Erste, was sie sagte, als er nach Hause kam, und ihre Fürsorglichkeit, ihre Sensibilität und ihre Zuneigung vertrieben seine Kopfschmerzen sofort. Er nahm sie in die Arme, und sie ließ sich fallen.
    Nach ein paar Sekunden schob sie ihn sanft weg, ohne ihn ganz loszulassen. »Was ist los, Liebster?«
    »Nichts. Ich bin einfach müde und froh, zu Hause zu sein.«
    »Was hat Andrew gesagt?«
    »Es ist alles bestens. Wir brauchen uns keine Sorgen zu machen.« Sein Schädel brummte wieder.
    Sandi wollte etwas sagen, ließ es dann aber. Er sah ihr an, dass sie angespannt war, und er wünschte, er könnte etwas sagen, um ihr die Sorgen zu nehmen, ihre Ängste zu zerstreuen. In diesem Moment entschloss er sich zu lügen.
    »Also, er hat gesagt, wir haben nicht das Geringste zu befürchten. Ein Journalist von einem Fernsehsender hat ihn kontaktiert, aber Andrew hat die Sache richtiggestellt. Der Typ hat ihm erzählt, er habe sich schon so etwas gedacht, zumal der Penner besoffen war, als er angerufen hat. Er hat die Sekretärin beschimpft und alle anderen, mit denen er geredet hat. Niemand wird das Arschloch ernst nehmen.« Während er sprach, spürte er, dass ihm seine Lüge gefiel, dass er fast selbst daran glaubte.
    Seine Frau antwortete nicht. Sie ging zur Spüle und fing an abzutrocknen.
    Er stellte sich neben sie und nahm ihr das Geschirrtuch ab. »Lass mich das machen.«
    »Dann geht er eben woandershin.«
    Himmel Herrgott, ich hab keine Kraft mehr.
    »Die Leute werden überall gleich reagieren. Kapierst du das nicht, Sandi? Der Typ ist ein Loser.«
    »Das weiß man nie. Irgendjemand wird ihm schon zuhören, irgendjemand wird die Story riechen.«
    Er warf das Tuch auf den Tresen. »Welche Story, Sandi, welche Story denn bitte? Ich habe ein Kind geohrfeigt. Das ist alles. Niemanden interessiert das.«
    Sie stand ganz still da, inmitten der teuren, perfekten Küche, die er für sie gebaut hatte. Er berührte ihr Haar,

Weitere Kostenlose Bücher