Nur einen Tag noch
zwei Stunden nach einem Spiel, zu dem vielleicht achtzig Leute gekommen waren, die auch noch davonliefen, als es zu regnen begann. Ich musste lange auf das Taxi zum Krankenhaus warten. Als ich dort ankam, war ich fast so nass wie meine neugeborene Tochter.
Bald danach gab ich das Baseballspiel auf.
Und nichts, was ich später anfing, konnte sich je damit messen. Ich gründete eine eigene Firma, verlor aber nur Geld. Ich suchte nach einer Stelle als Trainer und fand keine. Irgendwann bot mir ein Typ einen Job als Vertreter an. Sein Unternehmen stellte Plastikflaschen für Lebensmittel und Medikamente her, und ich nahm das Angebot an. Die Tätigkeit war öde, die Arbeitszeit lang. Am schlimmsten war die Tatsache, dass ich den Job nur bekommen hatte, weil der Typ sich dachte, ich könne den Kunden Baseballgeschichten erzählen und sie damit um den Finger wickeln.
Es ist schon merkwürdig. Ich habe mal einen Bergsteiger kennen gelernt, und ich fragte ihn, ob der Aufstieg oder der Abstieg schwieriger sei. Er antwortete, zweifellos der Abstieg, denn beim Aufstieg sei man so konzentriert darauf, nach oben zu kommen, dass man keine Fehler machte.
»Der Abstieg ist ein Kampf gegen die Natur des Menschen«, sagte er. »Man muss dabei so sehr auf sich Acht geben wie beim Aufstieg.«
Ich könnte lange von meinem Leben nach dem Baseballspiel erzählen. Doch dieser Satz sagt alles.
Wie zu erwarten war, zog sich mein Vater von mir zurück, als meine Karriere als Sportler zu Ende ging. Gut, er besuchte uns ein paar Mal, nachdem das Baby da war. Aber er war nicht so fasziniert von seiner Enkelin, wie ich gehofft hatte. Im Laufe der Zeit fanden wir immer weniger Gesprächsstoff. Er verkaufte seine Spirituosenläden und stieg in einen Vertrieb mit ein, wo er ohne großen Aufwand finanziell gut gestellt war. Schon sonderbar. Ich brauchte einen Job, aber er hat mir nie einen angeboten. Vermutlich hätte er es nicht ertragen, dass ich so enden würde wie er, nachdem er mit so viel Kraft versucht hatte, aus mir einen anderen Menschen als sich selbst zu machen.
Es spielte auch keine Rolle. Baseball war unsere gemeinsame Welt gewesen, und außerhalb davon drifteten wir auseinander wie zwei Boote mit eingezogenen Rudern. Er kaufte sich eine Wohnung außerhalb von Pittsburgh, trat einem Golfclub bei und bekam eine milde Form von Diabetes, die ihn dazu zwang, Diät zu halten und sich selbst Spritzen zu geben.
Und ebenso unvermittelt, wie mein alter Herr plötzlich an jenem grauen Tag am Spielfeld aufgetaucht war, verschwand er nun wieder aus meinem Leben, wenn man von Weihnachtskarten und gelegentlichen Anrufen absieht.
Man könnte sich fragen, ob er jemals darüber gesprochen hat, was zwischen ihm und meiner Mutter vorgefallen war. Nein, hat er nicht. Er sagte lediglich: »Es hat nicht geklappt mit uns.« Wenn ich nachhakte, kam die Antwort: »Du würdest es nicht verstehen.« Das Abfälligste, was er jemals über sie sagte, war: »Sie ist eine nüchterne Person.«
Es kam mir vor, als hätten sie eine Abmachung, niemals zu offenbaren, weshalb sie sich getrennt hatten. Aber ich habe diese Frage beiden gestellt, und nur mein Vater senkte den Blick, als er antwortete.
Der zweite Besuch geht zu Ende
P osey«, flüsterte Miss Thelma, »ich werd mal bei meinen Enkelchen vorbeischauen.«
Sie sah jetzt viel besser aus als vorher. Ihre Haut wirkte glatter, und ihre Augen und Lippen schimmerten. Meine Mutter hatte Miss Thelmas orange gefärbte krause Haare frisiert, und mir fiel zum ersten Mal auf, dass unser einstiges Hausmädchen immer noch attraktiv und früher wohl sogar eine Schönheit gewesen war.
Meine Mutter küsste Miss Thelma auf die Wange, dann klappte sie ihre Tasche zu und bedeutete mir, ihr zu folgen. Wir traten in den Flur hinaus, wo ein kleines Mädchen mit Zöpfen angelaufen kam.
»Oma?«, rief sie. »Bist du wach?«
Ich trat beiseite, aber sie lief an uns vorbei, ohne aufzuschauen. Ein kleiner Junge, der ihr Bruder sein mochte, folgte ihr, blieb in der Tür zum Schlafzimmer stehen und nuckelte an seinem Daumen. Ich streckte die Hand aus und wedelte ihm vor dem Gesicht herum. Keine Reaktion. Die beiden konnten uns nicht sehen.
»Mama«, stammelte ich, »was ist hier los?«
Sie schaute ins Zimmer zu Miss Thelma. Das kleine Mädchen krabbelte zu seiner Großmutter aufs Bett, und die beiden machten ein Spiel, bei dem man sich in die Hände klatschte. Meiner Mutter standen Tränen in den Augen.
»Stirbt Miss
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