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Nur Engel fliegen hoeher

Nur Engel fliegen hoeher

Titel: Nur Engel fliegen hoeher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wim Westfield
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nachgehen - beispielsweise als Bauingenieur - ihre Wohnung der Stasi zur Verfügung stellen?
    »Na, jetzt riecht es schon nach Moccafix«, strahlt Jäger und stellt drei Tassen auf den Couchtisch. »Oder gibt es bei Ihnen zu Hause Jacobs?«
    Jonas sagt kein Wort. Der Fahrer setzt sich schweigend mit an den Tisch.
    »Herr Maler, warum so wortkarg? Sonst sind Sie doch auch ein kontaktfreudiger Mensch.« Jäger lässt sich demonstrativ lässig in einen Drehsessel fallen. »Ich kann mir keinen Jacobs leisten. Leisten eigentlich schon, aber Sie wissen doch, Westkontakte gibt's bei uns nicht. Sie sind da wesentlich freier ...«
    »Haben Sie mich hierher gebracht, um mit mir über Kaffeesorten zu reden?«
    »Vielleicht überlegen Sie einmal selbst, was es für einen Anlass geben könnte, warum sich das MfS für Sie interessiert.«
    »Ich habe nichts verbrochen. Bitte lassen Sie mich wieder in meine Redaktion gehen.«
    »Nun trinken Sie mal einen Schluck.«
    Nachdem Jonas beobachtet hat, dass die beiden Männer Kaffee aus derselben Kanne getrunken haben, rührt er sich Zucker ein und nippt mehrmals.
    »Herr Maler, Sie sind ein bekannter Journalist und Fotograf, haben viele Kontakte im In- und Ausland. Und soweit ich gehört habe, waren Sie auch viel im sozialistischen Ausland unterwegs.«
    »Was habe ich verbrochen, dass Sie mich hier festhalten?«
    »Wieso sind Sie so gereizt, haben Sie etwas zu verbergen? Junger Mann, wir sind hier, um Ihnen zu helfen.«
    »Dann sorgen Sie dafür, dass ich wieder ein Visum ins sozialistische Ausland erhalte, nach Ungarn, Rumänien, Bulgarien, in die Sowjetunion. Seit fast zehn Jahren darf ich diese Länder nicht mehr besuchen.«
    »Haben Sie denn schon einmal darüber nachgedacht, warum Sie keine Reiseanlage mehr für den visa freien Verkehr in die sozialistischen Bruderländer erhalten?«
    »Allein Ihre Begriffe >Reiseanlage< und >visafrei< sind doch der reinste Hohn. Jeder in diesem Lande weiß, dass die Stasi jeden überprüft, bevor er die Papiere erhält und ins sozialistische Ausland darf - oder auch nicht.«
    »Ich möchte darauf verweisen, dass dies die offiziellen Termini der zuständigen staatlichen Organe sind. Die Vergabe von Reiseanlagen für den visafreien Verkehr fällt in die Zuständigkeit der Volkspolizei. Und wenn Ihnen die Genossen der VP keine Reiseanlage mehr erteilen, sollten Sie zuerst sich selbst fragen, welche Ursachen das haben könnte.«
    »Es kotzt mich an«, -Jonas schmettert die Kaffeetasse auf den Tisch, dass der Inhalt überschwappt - »seit zehn Jahren höre ich immer wieder dasselbe Geschwafel. Niemand gibt mir eine konkrete Antwort. Immer nur hohle Phrasen: Haben Sie schon mal darüber nachgedacht, was Sie falsch gemacht haben? Sie wissen doch selbst, was Sie falsch gemacht haben. Das wird sicher seine Gründe haben, dass Sie keine Reisegenehmigung mehr erhalten. Eine Begründung können wir nicht geben. Sie wissen doch bestimmt selbst, woran das liegt«
    »Ich verstehe ja Ihren Unmut, Herr Maler, aber Ihre Beschwerde müssen Sie bei den dafür zuständigen Organen vorbringen. Das ist das Volkspolizeikreisamt, nicht das MfS.«
    »Für wie blöd halten Sie mich denn? Seit zehn Jahren schreibe ich Eingaben: an die Volkspolizei, an das Innenministerium, an den Ministerrat, an Erich Honecker. Immer das Gleiche. Ich darf nicht mehr ins sozialistische Ausland. Und als Begründung steht darunter: >Diese Entscheidung bedarf keiner Begründung.««
    Jonas zieht wütend an seiner Zigarette, doch Jäger schmunzelt gelassen.
    »Demnach muss ja wohl doch etwas gegen Sie vorliegen ...«
    »Mein Gott, ich habe nichts verbrochen. Bei allen Gesprächen auf der Polizei, die aufgrund meiner Eingaben folgten, hat man mir bestätigt, dass gegen mich nichts vorliegt. Und Ihre Genossen von der VP haben mir klar und eindeutig zu verstehen gegeben, dass die Staatssicherheit alle meine Reiseersuchen ablehnt.«
    »Ich sagte Ihnen bereits, dass das MfS nicht die zuständige Behörde für die Bearbeitung von Reiseanträgen ist.«
    »Seit Jahren werde ich wie ein Mensch zweiter Klasse behandelt, bloß weil ich mich nicht in Ihr vorgefertigtes Raster vom sozialistischen Spießbürger einpassen lasse. Es pfeifen doch die Spatzen vom Dach, dass die Stasi dahintersteckt, wenn ein junger Mensch nicht mehr in den Ostblock reisen darf. Sie wollen mich in die Knie zwingen, bis auch ich den Buckel krumm mache. Das und nichts anderes steckt dahinter.«
    »Werter Herr Maler, meinen Sie, dass

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