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Nur Engel fliegen hoeher

Nur Engel fliegen hoeher

Titel: Nur Engel fliegen hoeher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wim Westfield
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Partner Marc reagieren? Er bezahlt ihr in West-Berlin den Luxus einer großen Wohnung. Würde Jonas, ein Flüchtling aus der DDR, das auch können? Und was würde aus Ellen und Maria in Rostock? Wann soll er ihnen die Wahrheit sagen? Wie will er überhaupt in den Westen kommen, wenn er nicht mal nach Ungarn reisen darf? Würde ihm Julia bei einer Flucht helfen?
    Kurz vor 16 Uhr ist er im Zentrum von Ost-Berlin. In wenigen Minuten werden sie sich in den Armen liegen. Wie wird sie heute aussehen? Allein der Gedanke, dass Julia jetzt nur noch ein paar Straßenecken entfernt ist, erregt ihn. Er parkt das Auto Unter den Linden, nimmt stolz die Rosen, wirft das Zeitungspapier weg und geht zum Checkpoint Charlie.
    Jonas stellt sich kurz vor das erste Postenhäuschen mit Schlagbaum, wo noch nicht die Grenztruppen, sondern die Volkspolizei wacht. Die Polizisten haben nichts unmittelbar mit der Grenzkontrolle zu tun, sondern passen auf, dass sich vom Osten her niemand zu dicht an den Grenzübergang heranwagt. Als einer der Polizisten Jonas kommen sieht, tritt er aus seinem Blechhäuschen und baut sich mitten auf dem Fußweg breitbeinig mit verschränkten Armen vor ihm auf.
    Die Geste bedarf keiner Erklärung. Jonas bleibt wenige Meter vor dem Polizisten stehen und wartet. Er ist vielleicht noch vierzig Meter vom eigentlichen Grenzübergang entfernt. Jonas beobachtet, wie die Fußgänger durch schmale Korridore aus hohen Zäunen geleitet werden und dabei vermutlich mehrere Kontrollstellen passieren müssen.
    Plötzlich schreckt er auf. Ist das nicht Julia? Eine Frau von ihrer Größe und Statur mit ebenso auffallend blondem Engelshaar geht an der Seite eines DDR-Grenzoffiziers in ein Kontrollgebäude. Minuten später verlassen beide das Gebäude, kommen aber nicht in Richtung Osten. Der Offizier begleitet sie bis zum letzten Schlagbaum nach West-Berlin. Dann kehrt der Offizier allein zurück.
    War sie das? Jonas sieht auf die Uhr. Es ist punktgenau die verabredete Uhrzeit. Was ist geschehen? Jonas weiß nicht, was er machen soll. Am liebsten würde er ihr hinterher rennen. Wenn er wenigstens zum Grenzübergang gehen und nachfragen dürfte, ob die Frau, die man eben zurückgeschickt hat, Julia McCandle gewesen ist.
    Jonas fühlt sich wie ein Löwe im Käfig in einem brennenden Zirkus. Alles, was er tun kann, könnte verkehrt sein. Soll er warten, ob sie vielleicht später kommt? Es könnte sein, dass sie ihren Pass vergessen hat. Aber hätte man sie dann in das Gebäude geführt? Sicher nicht.
    Hat man sie zurückgewiesen? Hat die Stasi die Hände im Spiel? Was ist, wenn sie nie wieder in die DDR einreisen darf und man ihm weiterhin Reisen ins sozialistische Ausland verweigert? Hat die Partei beschlossen, ihre Liebe zu zerstören? Jonas bekommt panische Angst vor der unsichtbaren Hand des MfS. Angst hat er auch vor seinem Gefühl zu Julia. Wird die Sehnsucht ihn auffressen, wenn sie sich nie wieder treffen dürfen?
    Nur für die Dauer eines Wimpernschlags hat er sie gesehen. Kälte steigt in ihm hoch. Nie hat er sich ohnmächtiger gefühlt. Er wartet eine knappe halbe Stunde, ohne dass etwas passiert.
    Dann hört Jonas hinter sich ein Auto scharf bremsen.
    »Los, einsteigen!«, ruft eine ihm vertraute Männerstimme.
    Es ist Fred mit seinem alten Polski-Fiat.
    »Ich weiß nicht...«
    »Du musst jetzt einsteigen und mitkommen. Ick erklär dir alles unterwegs.«
    Inzwischen ist der Volkspolizist näher gekommen und versucht, dem Gespräch zu folgen. Dabei stiert er auf das Auto mit dem Ost-Berliner Kennzeichen. Was hat das hier an der Auffahrt zum Grenzübergang zu suchen?
    Jonas springt ins Auto, Fred wendet und rast zurück Unter die Linden.
    »Sie hat eben angerufen, deine Flamme.«
    »Ich habe sie von weitem gesehen, bin mir aber nicht sicher. War sie das?«
    »Sie haben Julia ohne Begründungen der Grenze abgewiesen.«
    Jonas sinkt auf dem Beifahrersitz in sich zusammen. Er hat es befürchtet.
    »Kopf hoch, Alter! Sie hat bei mir angerufen. Das ist ein Zeichen, dass du ihr nicht egal bist.«
    »Aber begreif doch: Wir dürfen uns vielleicht nie wieder sehen. Nie wieder!«
    »Ick sagte: Kopf hoch, Alter! In zwanzig Minuten siehst du sie, janz nahe.«
    »Bitte, mir ist jetzt nicht nach Witzen.«
    »Nach ihrem Anruf hab ick für euch einen individuellen kleinen Grenzverkehr arrangiert.«
    »Wer an einem Grenzübergang nicht rüber darf, darf es auch an keinem anderen. Die Stasi tippt am nächsten Übergang nur Julias Daten in den

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