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Nur für eine Stunde?

Nur für eine Stunde?

Titel: Nur für eine Stunde? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Arnold
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die Schulter und lenkte ihn sanft zur Tür. Draußen im Flur schwätzten ein paar Sekretärinnen bei der Tür zum Materialraum. Blake konnte sich denken, dass die Neuerung eines Materialraums ihnen gefiel und auch die breiten Korridore, in denen man beisammenstehen und klatschen konnte. Das alte Gebäude war eng und ungemütlich gewesen, und Blake hoffte, dass alle sich in dem neuen Haus wohler fühlen würden.
    “Hey, Martha!”, rief eine der Frauen über die Schulter. Mit einem Stoß Papieren in der Hand kam Martha Cooper um die Ecke gebogen.
    Blake traute seinen Augen nicht. Martha sah irgendwie anders aus.
    Von der Türöffnung aus starrte er sie an und hoffte, sie merkte es nicht. Nach einer Minute gründlicher Musterung stellte er fest, dass sie überhaupt nicht anders aussah – nicht definierbar anders. Ihre Frisur war dieselbe wie am Samstag, außer dass ihr braunes Haar viel mehr glänzte. Hatte es schon immer diesen rötlichen Schimmer gehabt? Vielleicht brachte die raffinierte Flurbeleuchtung diese Glanzlichter heraus.
    Die Beleuchtung mochte auch die Erklärung für den Glanz in ihren Augen sein. Sie leuchteten geradezu und wirkten dunkler als sonst. Geheimnisvoll. Auch ihre Wangen sahen etwas rosiger aus als gewöhnlich. In der Sonne konnte sie nicht gewesen sein, da es am Sonntag ununterbrochen geregnet hatte. Aber ihr Gesicht hatte eine frische Farbe. Erstaunlich, was Frauen mit ein wenig Make-up bewirken konnten.
    Warum trug Martha Cooper Make-up? Abgesehen von ein bisschen Lippenstift hatte Blake sie nie geschminkt gesehen, und sogar jetzt wirkte ihr Gesicht vollkommen natürlich. Es schien nicht so, als ob sie all dies Zeug auf ihre Augen gepinselt hätte – keine schwarze Paste auf den Wimpern, kein Eyeliner, keine Farbe auf den Augenlidern. Das einzig Ungewöhnliche an Marthas Augen war dies seltsame Leuchten.
    Sie sah auch größer aus, und Blake ließ den Blick neugierig zu ihren Füßen wandern. Seine Vermutung war falsch – sie trug keine hochhackigen Pumps, sondern ihre üblichen bequemen Slipper. Aber ihre Beine! Ihre Beine waren verdammt hübsch. Aus einem unerfindlichen Grund fühlte er schon wieder körperliche Regungen.
    Du lieber Himmel, es war doch nur Martha Cooper? Warum um alles in der Welt sollte er bei ihr Gelüste bekommen? Die Sekretärinnen waren jünger und viel aufreizender angezogen. Marthas Kleidung war nicht im Mindesten aufreizend. Ihr grauer Rock war knielang, und dazu trug sie eine langweilige weiße Bluse und einen ebenso langweiligen blauen Blazer. Aber der offene Hemdkragen der Bluse betonte ihren schlanken Hals. Ihre Haut sah aus wie Seide.
    “So, ich geh jetzt und sag Helen, sie soll die Flüge buchen”, dröhnte Doug in sein Ohr.
    “Tun Sie das”, murmelte er abwesend. Martha setzte ihren Weg nach einem kurzen Schwatz mit den Sekretärinnen fort, und als sie zur Seite blickte, begegnete sie seinem Blick. Zu seiner Verwunderung wurde sie rot.
    Nein, unmöglich. Martha Cooper war nicht der Typ, der rot wurde. Dazu war sie viel zu nüchtern. Eine Buchhalterin wurde allerhöchstens bei fragwürdigen Steuertricks rot, aber beim Anblick eines Mannes? Nein, Martha war nicht errötet. Es lag an der seltsamen Flurbeleuchtung. Sobald er sich an dies Licht gewöhnt hätte, würde Martha wieder aussehen wie Martha.
    “Hi”, rief Blake ihr zu.
    “Hi, Blake. Hi, Doug”, grüßte sie zurück. Falls sie tatsächlich rot geworden war, dann vielleicht wegen Doug. Doug erschien Blake als der einzige infrage kommende Mann in der Firma, der bei Martha romantische Gefühle wecken könnte. Doug mit seinem Fachwissen und seinen korrekten Anzügen und seinem ernsten Wesen.
    Das musste es sein. Sie hatte an diesem Morgen etwas länger vorm Spiegel zugebracht, um Doug zu beeindrucken. Warum auch nicht? Sie waren beide Singles. Sie liebten beide ihren Beruf. Und beide nahmen das Leben verdammt ernst. Blake fragte sich, warum ihm erst jetzt klar wurde, wie gut sie zueinander passten.
    “Vielleicht sollten wir Martha nach Chicago mitnehmen”, sagte Blake, als sie den Korridor hinuntergegangen und außer Sicht- und Hörweite war.
    “Martha?” Dougs Augenbrauen schossen hoch. “Martha Cooper?”
    “Na ja, ich dachte … ich hab gedacht, dass sie diese Leute mit ihren Zahlen begeistern könnte.”
    Doug sann über Blakes Idee nach. “Ich weiß nicht. Nun, schaden würde es wahrscheinlich nicht, sie dabeizuhaben. Die Art, wie sie mit Zahlen umgeht und Bilanzen präsentiert, ist

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