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Nur Gutes

Titel: Nur Gutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erwin Koch
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heute?›, fragte sie.
    ‹Iwan Cernowski.›
    ‹Der nuschelt. Findest du nicht auch?›
    Er sei froh um jeden, der da drüben noch lese, sagteAlbert, lauter als er wollte, ob einer nun nuschle, stottere, lalle.
    Dagmar stand neben dem Kühlschrank und rieb sich die Hände.
    ‹Und was?›, fragte sie.
    ‹Was meinst du?›
    ‹Was Iwan liest?›
    ‹Vom Abreißen der Ähren am Sabbat, glaube ich. Markus.›
    Acht Uhr war vorbei. Irgendwo lärmte die Feuerwehr, vielleicht die Polizei. Auf der Antenne saßen keine Vögel mehr.
    ‹Soll ich den Braten aus dem Kühlschrank nehmen?›
    ‹Zu früh›, sagte Albert. ‹Um neun Uhr erst, wie alle Jahre zuvor.›
    Albert saß am Tisch und sah zum Fenster, dann zu Dagmar, die neben dem Kühlschrank stand, das Gesicht zum Kalender gedreht, den roten Morgenrock am Leib.
    Als sie gestern in der Metzgerei gewesen sei, den Braten zu kaufen, habe die Steiner zudem gefragt, ob es wahr sei, dass Paul Baumer noch lebte, als man ihn fand.
    Er kenne diese Frau Steiner nicht, sagte Albert.
    Dagmar, das Haar bauschig und fahl, öffnete den Schrank, griff sich ein Glas und hielt es unter den Wasserhahn. Sie stellte das Glas auf den Tisch, an dem Albert saß, unbewegt und steif, Dagmar setzte sich auf ihren Stuhl, öffnete eine kleine goldfarbene Dose und nahm daraus zwei Pillen, schluckte sie, trank.
    Ihre Hände, dachte er, sind schlank wie einst.
    ‹Um vier bringe ich Simon wieder zum Bahnhof.›
    Albert suchte Krümel, sah zur Uhr, zum Fenster, Dagmar trank das Glas leer, schob es über das helle Holz.

    Vogelfutter sei keins mehr im Haus, sagte Albert. Und in der Garage?, fragte Dagmar.
    Nicht mal in der Garage.
    ‹Vögel sollte man nicht füttern, heißt es, bevor sie das Futter brauchen›, sagte sie.
    ‹Wenn wir sie füttern, bevor alle anderen es tun, bleiben sie den ganzen Winter vor unserem Fenster.›
    Morgen Montag, sagte Albert, lasse er am Opel die Reifen wechseln.

    Kurz vor neun Uhr schob Albert Mangold den Rinderbraten in den Ofen. Dagmar saß am Tisch, sah zum Fenster, Pappeln im letzten Laub, auch Birken, seit Wochen schon kahl, sie rieb Creme in die Haut ihrer Hände. Dagmar dachte an den Satz, den Simon vor fünfzehn, sechzehn Jahren schrieb: Denke ich an Rindsbraten, innen saftig, außen knusprig, möchte ich hier Gitter und Stäbe verbiegen.
    ‹Spätestens um elf musst du ihn wenden›, sagte Albert, ‹danach jede Viertelstunde, damit er knusprig wird, innen saftig, außen knusprig.›
    Er krümmte sich zum Ofen, besah sich das Fleisch und nickte, dann streckte er sich und zog die neue Jacke glatt, er griff in die Brusttasche des Hemds, holte Notizen heraus, kleine weiße Karten, beschrieben mit grünerTinte. Er schob die Brille in die Stirn und las, ging drei Schritte durch die Küche, drehte sich und ging und las, den Kopf geneigt, las eine Karte nach der andern, schob die eine hinter die andere.
    ‹Worüber redest du?›, fragte sie.
    ‹Über die Heiterkeit in Gott.›

    Ich fand, versteckt in der Bettwäsche meiner Mutter, ein Buch, ein Schreibbuch aus dickem Papier: Mein Nächtebuch. Die meisten Seiten waren leer, auf die zwölfte Seite, in ihrer runden Schrift, hatte sie geschrieben:
    Sonntag, 11. 12., 6 Uhr am Morgen.
    Albert schläft noch.
    Alberts Hände, fleckig, gelb, liegen auf seinem Bauch und suchen etwas, sich daran festzuhalten. Seine Hände suchen. Albert öffnet die Augen, den Mund. Jemand sagt: Jetzt öffnet er die Augen, schau. Jemand sagt: Papa, hörst du uns? Kannst du uns hören? Alberts Hände suchen, er öffnet den Mund, und jemand sagt: Seine Lippen sind ganz trocken. Vater, hast du Durst? Jemand weint. Alberts Haar ist brüchig und grau. Er schließt die Augen und öffnet sie, schaut zur Decke. Jemand streichelt Alberts Gesicht. Vater, hörst du mich? Papa? Papa? Eine Kerze steht neben dem Bett, eine Kanne Tee, und die Luft riecht nach Seife. Er bewegt die Zunge, die Lippen, seine Hände sind heiß. Ist ja gut!, sagt jemand, alles ist gut. Er schaut zur Decke, die Zunge zittert, die Lippen, niemand versteht. Die Tür geht, eine Pflegerin, drei Stifte im Kittel. Wenn Sie noch Stühle brauchen, kannich Ihnen welche bringen. Die Pflegerin bückt sich zum Mann im Bett und lächelt. Herr Baumer, sagt sie, Herr Baumer. Sie führt die Hand über seine Stirn. Fieber, sagt die Pflegerin. Mit einem feuchten Tuch berührt sie seine gelben trockenen Lippen. So, Herr Baumer, das tut gut. Die Pflegerin sagt: Haben Sie gesehen, Herr Baumer, Ihre

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