Nur in deinen Armen: Roman
war er doch auch nicht so klein, dass Lucifer ihn übersehen hätte.
»Wie gründlich hast du denn auf dem Dachboden nachgesehen?«
Er schien ihrem Gedankengang zu folgen. »Sehr gründlich. Und jetzt, nachdem wir beide nachgesehen haben, steht fest, der Schreibtisch ist nicht da.«
Sie vermied es, ihn anzusehen, sie hatte sich geschworen, ihn nicht zu ermuntern. Wenn er darauf bestand, entgegen ihrem deutlich ausgesprochenen, um nicht zu sagen übertrieben deutlich formulierten Wunsch, an ihrem Rockzipfel zu hängen, so würde sie nicht auch noch für seine Unterhaltung sorgen.
Als sie vom Dachboden gekommen war, wieder einmal enttäuscht, weil ihre Suche nichts gebracht hatte, hatte sie Mrs Hemmings im Flur getroffen. Die Haushälterin war ganz aufgeregt gewesen. Sie hatte einen Topf mit Marmelade, der ihre Aufmerksamkeit brauchte, und wagte es nicht, ihn ohne Aufsicht zu lassen, doch sie hatte die Blumen in der Kirche noch nicht arrangiert. Hemmings hatte an diesem Morgen die schönsten Blumen geschnitten, sie standen in einem Eimer in der Wäschekammer.
Freudig hatte Phyllida zugestimmt, sich um die Blumen zu kümmern. Den Gedanken, dass der Mörder sich an der Kirche herumtrieb, hatte sie als sehr unwahrscheinlich angesehen, ein schneller Spaziergang über den Dorfanger, gefolgt von dem beruhigenden Aufenthalt in der Kirche, hatten fast perfekt geklungen. Doch leider war die Tür der Bibliothek offen gewesen. Lucifer hatte plötzlich in der Tür gestanden, und er hatte darauf bestanden mitzukommen.
Danach hatte es ein kurzes Streitgespräch gegeben. Und wieder einmal hatte sie verloren. Es wurde langsam zur Gewohnheit, obwohl ihr das sonst mit niemandem so ging. Ein Streitgespräch zu verlieren gehörte nicht zu ihren Stärken.
Doch mit keinem Wort würde sie ihn noch weiter ermutigen.
Sie steckte einen Finger in die Vase, um nach dem Wasser zu sehen. »Zu wenig.« Sie griff nach einem Krug, ging zur Tür, sah hinaus und trat dann in den Sonnenschein. Sie ging die wenigen Schritte bis zur Pumpe und lauschte, ob er ihr folgte. Sie hörte nichts, er stand sicher noch immer an der Tür und grübelte.
In der Tat schien er sie genauso irritierend zu finden wie sie ihn, obwohl irritierend vielleicht nicht das richtige Wort dafür war. Irritierend, rätselhaft, unberechenbar. Vollkommen unmöglich zu begreifen.
Sie füllte den Krug und ließ dann den Griff der Pumpe sinken. Als sie sich abwandte, ging ihr Blick über den Friedhof - auf einem der Gräber war die Vase umgefallen. Sie machte ein unwilliges Geräusch und ging dann zu dem Grab hinüber. Sie stellte die Vase wieder auf, füllte Wasser aus ihrem Krug hinein und lehnte sie dann wieder gegen den Grabstein. Als sie sich aufrichtete, betrachtete sie noch einmal ihr Werk, dann wandte sie sich um.
Auf der Straße, vor dem Friedhofstor, stolzierte Silas Coombe in seinen hochhackigen Schuhen herum.
Phyllida zögerte, doch dann winkte sie ihm zu. Er sah sie nicht, deshalb stellte sie den Krug auf einen Stein in der Nähe und winkte mit beiden Armen.
Silas bemerkte sie, und Phyllida winkte ihn zu sich heran.
Während er durch das Tor des Friedhofs kam, dachte sie nach. Er blieb vor ihr stehen, verbeugte sich übertrieben und wedelte dann mit einem seidenen Taschentuch.
Als er sich wieder aufrichtete, lächelte sie ihn an. »Mr Coombe.« Sie machte einen Knicks, Silas mochte es, wenn man förmlich war. »Ich habe gerade überlegt … nun ja, ich konnte nicht anders, als Ihre Unterhaltung mit Mr Cynster gestern Nachmittag mitzuhören.« Sie machte ihr mitleidigstes Gesicht. »Er scheint wirklich entschlossen, keinen von Horatios Schätzen zu verkaufen.«
»In der Tat.« Silas runzelte die Stirn. »Jammerschade.«
»Mir war gar nicht bewusst, dass Sie sich für Horatios Bücher interessieren.« Sie setzte sich auf einen Marmorblock und bedeutete Silas, sich neben sie zu setzen. »Ich dachte, Ihre eigene Sammlung sei sehr ausgedehnt.«
»Oh, das ist sie auch, in der Tat, das ist sie!« Silas schob seine Rockschöße beiseite und setzte sich neben sie. »Nur, weil ich eines oder zwei von Horatios interessanteren Büchern kaufen möchte, heißt das noch nicht, dass meine eigene Sammlung das braucht, um aufgewertet zu werden.«
»Ich habe mich nämlich gefragt …«
»Nein, nein! Das versichere ich Ihnen. Meine Sammlung ist sehr wertvoll!«
»Was ist es dann, was Sie dazu bringt, Bücher von Horatio zu kaufen?«
»Nun ja …« Silas zwinkerte. »Ich
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