Nur in deinen Armen: Roman
setzte sich wieder hinter seinen Schreibtisch.
Phyllidas Stirn war noch immer gerunzelt. »Was wollte er denn von dir, als er zum ersten Mal hier war?«
»Ein Buch - mindestens eines.«
»Hmmm.«
Lucifer wartete, doch mehr sagte sie nicht. Nach einer weiteren Minute, in der sie mit gerunzelter Stirn vor sich hingestarrt hatte, wandte sie sich wieder dem Kontobuch auf ihrem Schoß zu.
Eine Stunde später schloss Phyllida das letzte der Kontobücher. »Horatio hat diesen Schreibtisch nicht verkauft.«
Lucifer blickte von dem Buch auf, das er gerade durchsuchte. »In diesem Fall muss er hier irgendwo sein.«
»Hmm.« Phyllida legte das Buch auf den Tisch und sah zum Fenster. »Ich werde morgen noch einmal oben danach suchen, aber jetzt sollte ich wirklich nach Hause gehen.«
Lucifer stand auf, als sie sich erhob. »Ich bringe dich zurück.«
Sie sah ihn abwehrend an. »Ich bin sehr wohl in der Lage, allein durch den Wald zu gehen.«
Er biss die Zähne zusammen. »Das glaube ich dir.« Er kam um den Schreibtisch herum und führte sie zur Tür. »Trotzdem werde ich dich begleiten.«
Sie blieb stehen und hielt seinem Blick stand. Er wartete ruhig wie ein Fels in der Brandung und erwiderte ihren Blick.
Als deutlich wurde, dass er bereit war, die ganze Nacht so stehen zu bleiben, hob sie das Kinn, wandte sich ab und ging zur Tür.
Sie verließ das Haus, und er blieb ihr dicht auf den Fersen.
Lucifer ließ sie nicht weiter als eine Armeslänge von sich. Wenn ihr irgendetwas zustieß …
Es war vielleicht sogar besser, dass sie sein Gesicht nicht sehen konnte. Wenn er auch nur halb so grimmig aussah, wie er sich fühlte, dann wollte sie wahrscheinlich von ihm wissen, was sein Problem war. Und das könnte er nicht so einfach erklären, ohne ihr zu sagen, dass sie ihm gehörte. Das hatte sie bis jetzt noch nicht begriffen, doch das würde sie hoffentlich bald. Wenn er sie erst noch einmal verführt hatte, wäre sie bereit, ihn zu heiraten, ohne eine weitere Erklärung von ihm zu verlangen.
Ganz sicher brauchte er keine Diskussionen mehr über dieses Thema, weder mit sich selbst noch mit ihr. Seine Rolle fühlte sich genau richtig an - sie passte ihm wie ein Handschuh. Frauen zu beschützen war schon immer sein Geschäft gewesen. Selbst die Frauen, die er in sein Bett lockte, immerhin gab es mehr als eine Form des Beschützens. Aber dies hier, einer Frau auf den Fersen zu folgen, bereit, sie vor der Gefahr zu schützen, das war sein Geschäft. Sein wichtigster Wesenszug. Ein Teil von ihm brauchte - verlangte fast - nach ständiger Übung auf diesem Gebiet. Nie war er lange ohne eine Frau gewesen, die er beschützen konnte.
Die Zwillinge, seine strahlend schönen Cousinen, waren in letzter Zeit sein Ziel gewesen, doch sie hatten sich zu habgierigen kleinen Persönlichkeiten entwickelt und hatten darauf bestanden, dass er sie sich selbst überließ. Unter ständigem Druck und unterschwelligen Drohungen hinter der schwelenden Aufmerksamkeit der Damen der Gesellschaft hatte er sich nach Colyton zurückgezogen, nur um hier die perfekte Antwort auf sein Verlangen zu finden.
Was sollte er schließlich mit seinem Leben anfangen, wenn nicht sich eine Frau und eine Familie anzuschaffen, die er beschützen konnte? Was war er denn schon unter seinem eleganten Äußeren, wenn nicht ein ritterlicher Beschützer? Bis die Zwillinge sich ihm entgegengestellt hatten und die Hochzeiten seiner Cousins ihn in die Lage gebracht hatten, sich ganz allein der gehobenen Gesellschaft zu stellen, hatte er sein eigenes Wesen gar nicht so richtig zu schätzen gewusst.
Besitzen und behalten , das Motto der Familie Cynster - jetzt begriff er es und verstand, was es bedeutete.
Für ihn bedeutete es Phyllida.
Er folgte ihr durch die Schatten des Waldes und überlegte, wie er ihr diese Neuigkeit am besten mitteilen konnte.
Phyllida steckte eine herrliche Gladiole in die Vase und trat einen Schritt zurück. Sie betrachtete ihr Werk mit zusammengezogenen Augen und bemühte sich, die Gestalt an der Tür der Sakristei zu ignorieren. Dann griff sie nach einer Hand voll Kornblumen und steckte sie in die Vase.
Sie war am späten Vormittag im Herrenhaus angekommen und hatte die Zimmer in der ersten Etage bis auf die Zimmer von Horatio und Lucifer durchsucht. In Horatios Zimmer hatte sie schon nach dem Schreibtisch gesucht, und in Lucifers Zimmer … dort brauchte sie nicht zu suchen. Wenn der Reiseschreibtisch auch nicht besonders groß war, so
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