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Nur wenn du mich hältst (German Edition)

Nur wenn du mich hältst (German Edition)

Titel: Nur wenn du mich hältst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Wiggs
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und sie eine alleinerziehende Mutter. Alle ihre Freunde und Verwandten, denen sie vertraute, saßen entweder selbst in Untersuchungshaft oder waren bereits abgeschoben worden. Wenn er sich nicht um ihn kümmerte, würde AJ ins Heim kommen.
    Bo hatte Panik verspürt. Er wollte das Kind nicht den Wölfen vorwerfen, aber verdammt, er und Yolanda waren in der Highschool gewesen, als sie schwanger wurde. Seitdem lebten sie vollkommen voneinander getrennt; der einzige dürftige Faden, der sie miteinander verband, war der stete Geldstrom von seinem Konto auf das Treuhandkonto für seinen Sohn, das er vor langer Zeit eingerichtet hatte. Und jetzt, so viele Jahre später, wurde aus diesem Faden ein dickes Seil aus Fleisch und Blut – AJ brauchte ihn.
    Er hatte ein Ticket besorgt; der einzige Platz, den er in letzter Minute organisieren konnte, war auf dem Nachtflug über Chicago gewesen, wodurch die Reise die ganze Nacht dauerte. Mrs Alvarez, eine Assistenzlehrerin an AJs Schule, hatte ihm geholfen. Sie hatte AJs Geburtsurkunde aufgetrieben und den Jungen ins Flugzeug gesetzt.
    Der Kleine hatte einige höllische Stunden hinter sich.
    Bo holte sein Handy heraus. „Ich muss Mrs Alvarez anrufen. Ich habe ihr versprochen, mich bei ihr zu melden, sobald du gelandet bist. Mal hören, ob es irgendwelche Neuigkeiten von deiner Mutter gibt.“
    Endlich blitzte ein Hauch von Interesse in den Augen des Jungen auf. Er nickte kurz. Sie gingen weiter, während Bo die Nummer suchte und eine Frau anrief, die er noch nie getroffen, deren semihysterischer Anruf aber sein Leben ins Chaos gestürzt hatte.
    „Mrs Alvarez?“, fragte er, als jemand ranging. „AJ ist jetzt bei mir. Er ist gerade angekommen.“
    „Danke, dass Sie sich melden. Geht es ihm gut?“
    „Sieht ganz so aus.“ Er sah kurz den dunkeläugigen Fremden neben sich an. „Er ist allerdings sehr still.“
    „AJ? Das passt so gar nicht zu ihm.“
    „Gibt es was Neues von Yolanda?“ Bo spürte den Blick des Jungen.
    „Nein. Ich habe Stunden damit zugebracht, etwas herauszufinden, aber es ist unmöglich. Die Bürokratie ist einfach unglaublich. Das INS und das Untersuchungsgefängnis sind übers Wochenende geschlossen. Wir haben Glück, dass sie Sie anrufen konnte, bevor sie ins Gefängnis überstellt wurde.“
    Bei dieser düsteren Formulierung lief ihm ein Schauer den Rücken hinunter. „Ja, was für ein Glück. Nun denn, Sie halten mich auf dem Laufenden, ja?“
    „Natürlich. Kann ich noch kurz mit AJ sprechen?“
    „Sicher.“ Bo reichte das Handy weiter.
    AJs Gesichtszüge spannten sich an, als er das Telefon ans Ohr hielt. „Wo ist meine Mom?“
    Er klang anders, als Bo erwartet hatte – wobei, eigentlich hatte er gar nichts erwartet. Zumindest nicht diese vor Emotionen raue Stimme, mit der AJ jetzt fragte: „Geht es ihr gut?“
    Der Junge senkte den Kopf und hörte mit ernster Miene zu, das Gesicht eines Fremden. Bo hatte Probleme, sich damit abzufinden, dass dies sein Sohn war, versuchte, irgendeine Ähnlichkeit zu entdecken, irgendeinen Anhaltspunkt, der dem Ganzen einen Sinn verlieh, aber den gab es nicht. Vielleicht die Yankees-Kappe und die Windjacke, die sich dieses Mal in seinem alljährlichen Weihnachtspaket befunden hatten. Die Tatsache, dass der Junge beides trug, musste doch etwas bedeuten. Zumindest redete er sich das ein.
    Ja klar, dachte er. Es bedeutet genau gar nichts. Vor Jahren, als er darum gebeten hatte, AJ mal sehen zu dürfen, hatte Yolanda behauptet, das würde ihn nur verwirren.
    Jetzt, wo er seinem Sohn von Angesicht zu Angesicht gegenüberstand, wusste er, was für ein Blödsinn das gewesen war. Dieser Junge mit den klugen, aufmerksamen Augen war nicht der Typ, der sich von irgendetwas verwirren lassen würde.
    AJ gab ihm das Telefon zurück. Hatten alle Kinder so einen sanften Blick, so dichte Wimpern? Tat es immer so weh, das Kinn seines Sohnes zittern zu sehen, während er sich bemühte, die Tränen zurückzuhalten? Er wollte AJ nicht sagen, dass er bereits ausführlich sowohl mit der Assistenzlehrerin als auch mit der Lehrerin selbst gesprochen hatte. Er hatte alles versucht, um das hier abzuwenden, und zwar nicht nur, weil es unbequem für ihn war, sondern weil dieser plötzliche Aufruhr für den Jungen so gemein war. Er fühlte sich schuldig, da er kurz in Erwägung gezogen hatte, sich durch Flucht aus der Verantwortung zu stehlen. Das würde er dem Kind niemals antun. Es war nur seine übliche, instinktive Reaktion auf alles

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