Nur wenn du mich hältst (German Edition)
erlebt.
Er bewegte sich so leise wie möglich. Bisher hatte er es als Luxus empfunden, sich nach einem Besuch in der Kneipe nicht mehr hinters Lenkrad setzen zu müssen, um nach Hause zu kommen. Direkt über seiner Lieblingsbar zu wohnen, in der er beinahe jeden Abend arbeitete, machte ihn zu dem Mann mit dem kürzesten Arbeitsweg der Stadt. Er ging nach Feierabend einfach nach oben und fiel mit dem Gesicht voran aufs Bett.
Außer natürlich er hatte Glück, was mit schöner Regelmäßigkeit vorkam. Es war immer ein angenehmes Gefühl, mit einer Frau an seiner Seite aufzuwachen. Er liebte alles an ihnen. Ihre weiche Haut und die gut riechenden Vorkehrungen, die sie trafen, um sie so weich zu halten. Er liebte den Klang ihrer süßen Stimme, wenn sie über etwas lachten, was er sagte, oder wenn sie dicht an seinem Ohr vor Vergnügen seufzten. Im Laufe der Jahre hatte er viele Freundinnen gehabt, und er hatte jede so gut und tief gehend geliebt, wie es ihm möglich gewesen war.
Wenn sie gingen, nahmen sie ein Stück seines Herzens mit. Das verriet er ihnen allerdings nicht. Er beschwerte sich auch nie. Er war dankbar für die Zeit und die Liebe, die sie ihm zu schenken bereit waren.
Die meisten seiner Freundinnen glaubten, er hätte sie in dem Moment vergessen, in dem sie die Tür hinter sich zumachten, doch da lagen sie falsch. Die Frauen, die er liebte und verlor, waren so tief in sein Gehirn eingebrannt wie schöne Träume, die am nächsten Morgen nicht völlig verblassten.
Zu wissen, wie man eine Frau liebte, war für ihn noch nie ein Problem gewesen. Zu wissen, wie man sie behielt – nun, das war eine ganz andere Geschichte. Viele von ihnen gingen, sobald sie erkannten, dass er nicht die geringste Ahnung hatte, wie man sein Leben mit jemandem teilte, wie man eine Zukunft plante, wie man eine Verbindung schuf, die stark genug war, ein Leben lang zu halten. Andere verließen ihn, wenn sie feststellten, dass professionelle Baseballspieler nicht alle gleich waren. Ja, die Can-Am-Liga war eine Profiorganisation, aber die Spieler spielten in ihr, weil sie das Spiel liebten, nicht weil man ihnen ein Vermögen bezahlte. Für einige Frauen war das ein etwas böses Erwachen.
Was Yolanda Martinez anging – sie war mit mehr als nur einem Stück seines Herzens davongegangen.
Erst Monate, nachdem sie ihn verlassen hatte, erfuhr er, dass er Vater wurde. Der genaue Zeitpunkt der Empfängnis war nicht zu bestimmen, denn sobald sie beide angefangen hatten, miteinander zu schlafen, hatten sie es ständig getan. Sie waren Kinder, siebzehn Jahre alt, hormongesteuert und überwältigt von diesen ersten Ausflügen in die aufregende Welt der Zärtlichkeit.
Sie hatten sich im Englischunterricht kennengelernt, als sie sich durch die bleiernen Sätze von Der letzte Mohikaner quälten, ein Text, der sich für sie wie eine Strafe anfühlte und ihnen das Gefühl gab, in ihrem Leid vereint zu sein. Sie blieben lange in der Bücherei, um zu lernen, fragten einander Vokabeln ab, die kein lebender Mensch jemals sagen würde: Gerühmt. Arglistig. Keusch.
Das Lernen war nur eine Entschuldigung dafür, dicht beieinanderzusitzen, sich über die Seiten des staubigen Folianten hinweg anzuschauen, erst ein zartes Lächeln, dann kleine, zufällige Berührungen auszutauschen, die bald zu heiserem Flüstern und schließlich zu innigen Küssen führten. Yolanda weckte in ihm einen Beschützerinstinkt, der ihm den Glauben verlieh, es mit der ganzen Welt aufnehmen zu können. Obwohl sie das einzige Kind sehr strenger Eltern war, überredete er sie an einem heißen Septembertag mit ihm zu einer Stelle zu fahren, an der kühles Wasser durch eine dicke Leitung in ein natürliches Rückhaltebecken von der Größe eines Baseballfeldes floss. Für Leute, die kein Geld hatten, gab es keinen besseren Swimmingpool, um sich in der Hitze zu erfrischen.
Hand in Hand waren sie in die kristallklare Tiefe gesprungen, hatten gelacht und herumgeplanscht, hatten sich geküsst, während das Wasser sie sinnlich umspült hatte. Später lagen sie auf einem Bett aus Handtüchern im Fond seines rostigen alten El Camino.
Er fragte sich damals, ob Yolanda wusste, dass er noch nie mit einem Mädchen zusammen gewesen war. Obwohl alle seine Freunde es so oft taten, wie sie nur konnten, hatte er sich dummerweise an ein ritterliches Ideal gehalten. Er wollte keiner nah sein, nicht intim mit ihr werden, wenn er sie nicht liebte. Es gab tausend Gründe, weshalb das überhaupt
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