Nur wenn du mich hältst (German Edition)
sie bequem.“
„Es tut mir leid“, sagte ihre Mutter.
„Muss es nicht. Es war der schlimmste Job aller Zeiten.“ Das stimmte nicht wirklich, aber es fühlte sich gut an, es zu sagen.
„Und ich dachte, er hätte dir gefallen“, sagte Penelope.
„Was machst du denn?“, wollte Daphne wissen. „Oder besser gesagt, was hast du bisher gemacht?“
Kim setzte sich ihr gegenüber und schälte eine Mandarine. „Ich war PR-Beraterin für Sportler. Schien mir ein guter Beruf zu sein. Ich habe mich schon immer für Sport interessiert – auf der Highschool, während des Studiums. Nach meinem Abschluss bin ich nach L.A. gezogen und habe mich nach einer Stelle umgeschaut. Aus einer Laune heraus habe ich mich sogar als Laker-Girl versucht. Ich war total geschockt, als sie mich als Ersatz haben wollten. Das waren die vermutlich grauenhaftesten drei Monate meines Lebens, aber auch die, in denen ich am meisten gelernt habe. Das Training war nicht schlimm. Die internen Spielchen und Intrigen auch nicht. Ich habe andere Mädchen zusammenbrechen sehen, doch mir ging es gut. Wie sich herausstellte, lag PR mir mehr. Dann habe ich mich verletzt …“
„Du hast dich verletzt?“, hakte Daphne nach.
„Ein Muskelriss.“ Gedankenverloren berührte sie mit der rechten Hand ihre linke Schulter. „Das hat meiner kurzen, wenig verheißungsvollen Karriere als Laker-Girl ein Ende gesetzt. Danach kam es mir nur logisch vor, in den Bereich Sportler-PR zu gehen. Ganz offensichtlich hatte ich nicht das, was man als Topathletin brauchte, aber ich wusste, wie man sie am besten repräsentierte.“
Man hatte ihr aufgetragen, sich um einen Anfänger aus der B-Auswahl zu kümmern. Calvin Graham. Nach dem Hurrikan „Katrina“ wurde er von der Presse bestürmt, sich über die Lower 9th Ward zu äußern, das Wohnviertel, in dem er geboren und aufgewachsen war. Als sie sah, wie überfordert er damit war, eilte sie ihm zur Seite. Innerhalb einer Woche war Calvin Graham Ehrenvorsitzender einer Hilfsaktion und sammelte Spenden, um den Menschen beim Wiederaufbau der Stadt zu helfen. Er hatte nie eine große Karriere in der NBA vor sich gehabt, aber er hatte die Gelegenheit genutzt, eine Stiftung zu gründen, die bis zum heutigen Tage zinsgünstige Darlehen für die Opfer von „Katrina“ zur Verfügung stellte. Damals hatte sie ihre Tätigkeit als zutiefst befriedigend empfunden.
Im Laufe der Zeit vergaß sie jedoch, wie sehr sie ihre Arbeit liebte. Wobei das nicht ganz das richtige Wort war. Die Rolle der Mentorin kam zu kurz, als ihr andere Spieler zugeteilt wurden. Sie hörte sich auf einmal Sätze sagen wie: „Sieh zu, dass du deinen betrunkenen Hintern aus dem Bett bekommst.“ Und: „Überprüfe das Alter eines Mädchens, bevor du mit ihm schläfst.“ Sie vermisste Jungen wie Calvin. Sie vermisste die Guten.
„Klingt nach einem coolen Job“, sagte Daphne.
„Ich muss zugeben, manchmal war die Arbeit auch befriedigend. Viele Menschen mit gottgegebenem sportlichen Talent sind feine Leute, mit denen man gut zurechtkommen kann. Es war meine Aufgabe, deren raue Kanten zu glätten.“
„Wie rau?“, wollte Daphne wissen.
„Ich habe mit Jungs gearbeitet, die keine Angst hatten, gegen eine Wand aus Linebackern zu rennen, sich wegen eines Mikrofons aber in die Hose machten. Ich habe ihnen dabei geholfen, mit diesem Teil ihres Berufs umzugehen. Meistens lief das auch gut, doch wenn man mit solchen Leuten umgeht, passiert irgendetwas mit einem. Es ist schwer zu beschreiben. Man arbeitet mit seinen Klienten auf einer sehr persönlichen Ebene zusammen. Ich habe Arbeit und Privates immer strikt getrennt – bis Lloyd kam.“ Bei der Erinnerung schüttelte sie den Kopf. „Mit uns beiden, das hat einfach gepasst. Zumindest am Anfang.“ Sie fühlte wieder die bittersüße Freude, die sie damals empfunden hatte, als sie sich während des Medientrainings in den Mann verliebte. Es war ein bisschen wie in einem zweitklassigen Liebesfilm – wenn sie erfolgreich darin war, ihren Mandanten zu glätten, würde sie ihn verlieren, denn sobald er die Kunst, mit den Medien umzugehen, beherrschte, brauchte er sie nicht mehr.
So war es mit Lloyd nicht gelaufen. Sie war so dumm gewesen zu glauben, das mit ihnen könnte funktionieren. Diesen Fehler würde sie nicht noch einmal machen.
6. KAPITEL
Bo erwachte früh und zitternd vor Kälte. Er griff nach seiner Decke, dann erinnerte er sich, dass er sie AJ gegeben hatte. Bei dem Gedanken setzte er sich
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