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Nur Wenn Du Mich Liebst

Titel: Nur Wenn Du Mich Liebst Kostenlos Bücher Online Lesen
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leise bis zehn, machte den Mund auf und wieder zu und zählte noch einmal bis zehn. Wie oft hatten sie das schon durchdiskutiert? »Das haben wir doch schon besprochen.«
    »Komm schon, Mom. Ein Mal...«
    Sie wird nie etwas lernen, wenn Sie sie jedes Mal retten, hatte Dr. Slotnick gewarnt. Sie müssen sie die Konsequenzen ihres Handelns spüren lassen. »Ich kann nicht«, hörte Susan sich sagen.
    »Was soll das heißen, du kannst nicht?«
    »Ariel, ich habe um neun Uhr eine wichtige Sitzung. Ich habe keine Zeit, dich zu bringen.«
    »Es dauert doch nur eine Minute.«
    »Ich kann nicht.«
    »Du kannst nicht oder du willst nicht?«
    »Ich muss mich anziehen.«
    »Du
bist
angezogen.«
    »Ich sehe schrecklich aus.«
    »Na und?«
    Die Frage war von verblüffender Einfachheit. Wen kümmert es, wenn du schrecklich aussiehst?, besagte sie. Wer sieht dich überhaupt an? Wer nimmt dich wahr? Du bist eine Frau mittleren Alters. Weißt du nicht, dass du unsichtbar bist?
    »Deshalb musst du, fürchte ich, allein zur Schule kommen.«
    »Und zu spät zu einem Test.«
    »Das hättest du dir vielleicht vor einer halben Stunde überlegen sollen.«
    »Und du kannst mich vielleicht mal«, kam Ariels ätzende Antwort.
    »Einen Moment mal, junge Dame«, setzte Susan an, doch Ariel war bereits in einer Wolke selbstgerechten Zorns verschwunden und trampelte lautstark die Treppe hinunter. Die Haustür wurde geöffnet und knallend wieder zugeschlagen, und ihr Poltern hallte unangenehm im ganzen Haus wider, während Susan in Ariels Zimmer rannte und ans Fenster zur Straße stürzte. »Sie hat nicht einmal einen Schirm mitgenommen«, murmelte sie frustriert und beobachtete, wie ihre Tochter eine Schachtel Zigaretten aus der Gesäßtasche zog, sich eine anzündete und träge in Richtung Straßenecke schlenderte, als würde sie den Regen, der auf ihren Kopf prasselte, gar nicht spüren. »Es gießt in Strömen, und sie merkt es nicht einmal.«
    Sie hätte Ariel zur Schule fahren sollen. Noch einmal. Eine Zigarette weniger. Es regnete schließlich. Jetzt würde ihre Tochter nicht nur zu spät kommen und den Test nicht bestehen, sondern sich obendrein wahrscheinlich auch noch eine Lungenentzündung zuziehen. Susan stand mitten in Ariels Zimmer, das aussah, als wäre gerade ein tropischer Sturm hindurchgefegt, und hätte beinahe geweint. Was für ein absolutes Chaos! Das Bett, der Schreibtisch, der Boden, jede verfügbare Oberfläche war mit Kleidung, Make-up und Kassetten übersät. Vergessene Pennys lagen wie eine Spur von Brotkrümeln auf dem Teppich verstreut. Eine benutzte Einführhilfe für Tampons stand aufrecht vor dem Fußende des Bettes. Susan schloss die Augen und betete, dass sie nicht auch noch den benutzten Rest finden würde, als sie sich bückte, um sie aufzuheben und in den Papierkorb zu werfen, der vermutlich das einzige Behältnis in dem Zimmer war, das nicht überquoll. »Mein Gott, wie kann sie so leben?« Automatisch begann Susan diverse Kleidungsstücke aufzuheben, auszuschütteln und ordentlich zu falten. Sie öffnete die Kleiderschranktür, schob ein paar vergessene und verdreckte Klamotten beiseite, um Platz zu schaffen.
    Und dabei entdeckte sie ihn – zu einem kleinen Knubbel zusammengeknüllt in der hintersten Ecke des zweiten Regals: ihren violetten Kaschmirpulli, nach dem sie die ganze Zeit gesucht hatte. Der Pulli, von dem Ariel angeblich nichts wusste und den sie zu der Sitzung heute Morgen hatte tragen wollen, weil Peter einmal gesagt hatte, dass er das Violett ihrer Augen betonte. »Ich bringe sie um«, flüsterte Susan, als sie einen weiteren ihrer Pullover entdeckte, einen weißen Rollkragenpulli aus Angorawolle, den sie seit Wochen nicht gesehen hatte und der unter einem Stapel zerknitterter T-Shirts hervorlugte. Sie nahm die Pullover und kehrte in ihr Zimmer zurück, obwohl sie wusste, dass sie zu schmutzig waren und zu sehr nach Parfüm und Zigarettenqualm stanken, um sie in näherer Zukunft zu tragen. Positiv denken, ermahnte sie sich. Vielleicht bedeutete es, dass Ariels Geschmack besser würde. »Sie hat mich angelogen«, sagte Susan laut, blieb wie angewurzelt stehen, das Echo der Stimme ihrer Tochter im Ohr.
    Woher soll ich wissen, wo dein blöder Pulli ist?
    Versuchen Sie, es nicht persönlich zu nehmen, hörte sie Dr. Slotnicks Rat.
    »Sie können mich mal«, erklärte Susan dem guten Doktor, kehrte zu ihrem Kleiderschrank zurück und schlüpfte in ein paar neue, braune Pumps, deren Absätze ein Stück

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