Nur Wenn Du Mich Liebst
ist?«, fragte Vicki, sorgsam darauf bedacht, keine falschen Schlüsse zu ziehen.
»Ein Mann, der nicht Owen ist«, bestätigte Susan und schlug die Hand vor den Mund, als wollte sie ihre Worte wieder in den Hals zurückdrängen.
»Du hast eine Affäre?« Vicki versuchte vergeblich, sich ihr Erstaunen nicht anmerken zu lassen.
»Nein. Natürlich nicht«, erwiderte Susan rasch.
»Natürlich nicht«, wiederholte Vicki in dem Bemühen, sich durch die Schwindel erregenden Wendungen des Gespräches zu navigieren. Susan saß jetzt seit zehn Minuten in ihrem Büro, und sie hatte noch immer keine Ahnung, warum sie hier war und wovon sie redete. »Das verstehe ich nicht.«
»Ich brauche einen Rat.«
»Ich brauche ein paar Informationen.«
»Tut mir Leid. Das alles ist sehr schwierig für mich.«
»Lass dir Zeit«, sagte Vicki und warf erneut einen verstohlenen Blick auf ihre Uhr. Um Viertel vor neun erwartete sie einen Mandanten, aber das hier war einfach zu gut. Notfalls musste ihr Mandant eben warten.
»Es gibt also diesen Mann...«
»Bei der Arbeit?«
»Nein!«
»Gut«, sagte Vicki, nicht restlos überzeugt. Susans Dementi war ein wenig zu schnell und einen Hauch zu emphatisch gekommen. »Es ist nie gut, wenn man scheißt, wo man isst.«
»Verzeihung?«
»Jeremy sagt immer: ›Man soll nie da scheißen, wo man isst‹«, sagte Vicki und verdrängte Gedanken an den nackten Michael Rose. »Es bedeutet –«
»Dienst und Vergnügen passen nicht zusammen.«
»Genau. Also, wo hast du diesen Mann getroffen?«
Susan zögerte. »Ist das wichtig?«
»Ich weiß nicht. Ist es wichtig?«
»Ich glaube nicht.«
»Okay. Was ist dann wichtig?«
»Ich weiß nicht, was du meinst.«
Vicki warf verzweifelt die Hände in die Luft. »Susan, irgendwann musst du mir
irgendwas
erzählen.«
»Es gibt einen Mann, zu dem ich mich sehr hingezogen fühle.«
»Okay.«
»Und ich weiß nicht, was ich deswegen machen soll.«
»Was willst du denn machen?«
»Ich weiß es nicht.«
»Ich glaube, das weißt du wohl.«
Susan verschränkte ihre Hände auf ihrem Schoß. »Ich liebe meinen Mann.«
»Das hat nichts mit deinem Mann zu tun.«
»Nicht?«
»Es sei denn, du bist in diesen anderen Mann verliebt. Bist du in ihn verliebt?«
»Gütiger Gott, nein! Ich bin mir nicht einmal sicher, ob ich ihn mag.«
Vicki hätte beinahe gelacht. Manchmal konnte Susan wirklich naiv sein. »Okay, du hast also einen Typen getroffen, zu dem du dich hingezogen fühlst. Du willst mit ihm schlafen. Ist es das?«
»Ich weiß nicht, ob ich mit ihm schlafen will. Ich weiß nicht, was ich will. Es ist bloß...«
»Du bist schon sehr lange verheiratet«, sagte Vicki, Susans Satz für sie beendend.
»Ja.«
»Und es ist nicht mehr so aufregend wie früher.«
»Nicht, dass Owen sich keine Mühe geben würde.«
»Aber dieser Typ gibt dir ein besonderes Gefühl. Er hängt an deinen Lippen, und wenn er dich ansieht, kriegst du weiche Knie.«
»So hat mich noch nie jemand angesehen.«
»Tu's nicht«, sagte Vicki und überraschte sich damit selbst noch mehr als Susan. Eigentlich hatte sie ihrer Freundin raten wollen, es zu machen, einfach loszulassen und ein bisschen Spaß zu haben. Sich dem Club anzuschließen. Doch stattdessen hatte sie das genaue Gegenteil gesagt.
»Was?«
»Tu's nicht.« Mein Gott, sie hatte es noch einmal gesagt. Was war mit ihr los?
»Warum? Ich habe gedacht, du würdest mir erklären...«
»Dass es okay ist? Das ist es auch. Für manche Menschen.«
»Aber nicht für mich?«
»Nicht für dich.«
Susan sah aus, als wüsste sie nicht, ob sie lachen oder weinen sollte. Also tat sie beides.
»Guck dich doch an. Du weinst schon, obwohl du noch gar nichts gemacht hast. Oder?«, fragte Vicki nur zur Sicherheit nach.
»Wir haben uns geküsst.«
»Das ist alles? Bist du ganz sicher?«
Susan nickte.
»Okay, du hast also einen Typen geküsst, der nicht Owen ist, und du hast so ein kribbeliges Gefühl am ganzen Körper bekommen und darüber nachgedacht, dass du vielleicht mehr machen möchtest, also bist du zu der führenden Expertin für ehebrecherische Beziehungen gekommen...«
»Ich wollte dich nicht beleidigen.«
»Mich beleidigen? Wer hat irgendwas von beleidigen gesagt? Ich fühle mich geschmeichelt, verdammt noch mal.«
»Ich brauche bloß einen Rat.«
»Ich glaube, du willst mehr.«
»Was?«
»Ich glaube, du willst eine Erlaubnis.«
»Eine Erlaubnis?«
»Und ich werde sie dir nicht geben«, erklärte Vicki mit
Weitere Kostenlose Bücher