Nur Wenn Du Mich Liebst
streifen, als er sich aus ihr zurückzog.
»Du bist eine Nummer für sich«, sagte er noch einmal.
Fiel ihm denn gar nichts anderes ein?, fragte Vicki sich, nahm die Seife und wusch seine Spuren zwischen ihren Beinen ab. Kein Wunder, dass seine Plädoyers immer zu wünschen übrig ließen. Kein Wunder, dass sie nie Probleme gehabt hatte, ihn vor Gericht zu schlagen. Du bist eine Nummer für sich, wiederholte sie stumm und verdrehte die Augen in Richtung des Duschstrahls.
Und ob ich eine Nummer für sich bin, dachte sie und stellte sich vor, wie Jeremy in seinem Bett im Brazilian Court in Palm Beach schlief. Sie hätte mitkommen sollen. Ein paar Tage in Florida hätten ihr gut getan. Sie brauchte eine Pause, und in der Kanzlei wäre man bestimmt auch ohne sie zurechtgekommen. Allerdings hätte sie dann auch Susans Anruf verpasst, und was immer sie zu besprechen hatte, schien keinen Aufschub zu dulden. Sie wollte gleich um acht in ihr Büro kommen, noch vor der Arbeit. Vicki drehte das Wasser ab und drückte sich an dem stellvertretenden Chefstaatsanwalt Michael Rose vorbei aus der Duschkabine. Was war bloß so verdammt wichtig, dass Susan nicht warten konnte?
Vicki war schon fast fertig angezogen, als Michael aus dem Bad kam, das feuchte dunkle Haar in der Stirn, ein Handtuch um die schmalen Hüften geschlungen. Groß, dunkel und auf eine konventionelle Art attraktiv, dachte Vicki, ohne ihn genau anzusehen, weil ihr der Typus lieber war als das einzelne Exemplar und sie sich wie stets nicht zu sehr in Details verlieren wollte. So war es leichter, seine Distanz zu wahren. Und sich zu verabschieden.
»Ich muss jetzt los«, sagte sie.
»Jetzt? Ich dachte, wir bestellen uns ein Frühstück aufs Zimmer.«
»Keine Zeit.« Vicki zupfte ihren grauen Rock zurecht, sodass die Nähte korrekt über ihren Hüften lagen, und nahm die dazugehörige Kostümjacke von dem mit blauem Samt gepolsterten Stuhl neben dem Bett.
»Es ist noch früh.« Michael Rose blickte auf sein nacktes Handgelenk.
Vicki strengte sich an, die Frage in seinem Blick zu übersehen, die aufkeimende Verletzung in seiner Stimme zu überhören. »Um acht Uhr kommt eine Mandantin.« Sie fuhr sich eilig mit dem Kamm durch ihre nassen Haare.
»Wie wär's dann mit heute Abend? Essen im Dee-Felice-Café?«
»Ich kann nicht.« Sie schlüpfte in die Ärmel ihrer Jacke und knöpfte die unechten Perlmuttknöpfe zu.
»Ich dachte, dein Mann wäre bis Ende der Woche verreist.« Zwischen die Silben der einzelnen Worte schob sich ein unschöner schmollender Unterton.
»Das ist er auch. Aber ich habe auch noch zwei Kinder, wenn du dich erinnerst.«
»Denen erzählst du halt, dass du noch arbeiten musst.«
»Ich kann nicht.«
»Vicki...«
»Michael...«
Er lachte, doch in diesem Lachen schwang schon ein Unterton der Niederlage mit. »Wie wär's dann mit morgen?«
»Michael...«
»Vicki...«
Nun war es an ihr zu lachen, und in ihrem Lachen klang bereits die Drohung schlechter Neuigkeiten durch. »Ich denke, wir sollten vielleicht eine Pause einlegen.«
»Eine Pause einlegen?« Verblüffung, Besorgnis und schließlich Unglaube zeichneten sich auf seinem Gesicht ab. »Was? Wir beide?«
»Es gibt kein Wir, Michael.« Vicki hatte ihre Kleidung zu ihrer Befriedigung zurechtgezupft und sah ihn zum ersten Mal seit dem Aufwachen direkt an. »Ich habe einen Mann. Und du hast eine Frau.«
»Und?«
»Und...« Vicki warf die Hände in die Luft, als wollte sie fragen, ob das nicht Erklärung genug sei.
»Das hat uns bis jetzt doch auch nicht abgehalten.« Sein Unglaube verwandelte sich rasch in Wut.
Vicki hatte das Gefühl, als ob ihr die Luft abgeschnürt wurde, so als würde sie jemand zu heftig drücken. »Es tut mir Leid. Ich wollte dir nicht wehtun.«
»Wie ich mich fühle, kümmert dich doch einen Dreck.«
»Michael, bitte. Ist das notwendig?«
Michael sah sich hilflos in dem Zimmer um. »Ich dachte, das mit uns sei etwas Besonderes.«
»Das war es auch.« Schluss, aus, raus, dachte sie. »Es hat nichts mit dir zu tun, Michael.«
»Du willst meine Intelligenz doch nicht mit der abgelutschten ›Es hat nichts mit dir zu tun‹-Rede beleidigen, oder?«
»Nein, natürlich nicht«, log Vicki. »Also, wie gesagt, es tut mir wirklich Leid.«
»Ich verstehe bloß nicht, wie sich die Rollen verkehrt haben«, sagte er nach einer Pause und strich sich ungläubig durchs Haar, während Vicki zur Tür strebte. »Ich meine, eigentlich sollte ich derjenige sein, der
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