Nur Wenn Du Mich Liebst
das Leben bloß ein bisschen hektisch, das ist alles«, beharrte Chris. »Wyatt ist dauernd krank, er scheint sich jeden Infekt einzufangen, der die Runde macht. Na ja, ihr wisst ja, wie Kinder sind – sie sind kleine Brutkästen für Krankheiten. Also wird erst er krank und dann ich. Nur dass ich länger brauche, um wieder auf die Beine zu kommen. Und dann muss ich im Haus alles Mögliche nachholen.«
»Und warum hast du dann der Putzfrau gekündigt?«, fragte Barbara.
»Du hast Marsha entlassen?«, fragte Susan nach der Frau, deren Dienste sie alle in Anspruch nahmen.
»Tony war nicht zufrieden mit ihr«, versuchte Chris zu erklären, »und ich bin den ganzen Tag zu Hause. Es gibt keinen Grund, warum ich es nicht selber machen sollte.«
»Machst du es gerne?«, fragte Vicki, als ob der Gedanke jenseits ihrer Vorstellung läge.
»Es macht mir nichts aus«, sagte Chris. »Wirklich nicht.«
»Du wirst doch nicht agoraphobisch, oder?«, fragte Susan leise und mit aufgerissenen Augen.
»Was ist denn
agoraphobisch
?«, fragte Barbara.
»Im engeren Sinne bedeutet es die Angst, Straßen und Marktplätze zu überschreiten«, erklärte Susan.
»Ich hasse Märkte«, unterbrach Vicki.
»Ich habe keine Angst, das Haus zu verlassen.«
»Eben hast du aber ängstlich gewirkt.«
»Ist mit Tony alles in Ordnung?«
»Wie meinst du das?«
»Versteht ihr beide euch gut?«, fragte Barbara.
»Natürlich. Alles bestens. Ich meine, in letzter Zeit war er ein wenig angespannt, weil Tony mit seinem neuen Job nicht besonders zufrieden ist. Und ich glaube, er hat viel Geld an der Börse verloren.«
»Du glaubst?«, fragte Susan. »Das weißt du nicht?«
Chris schüttelte den Kopf. »Du weißt doch, dass ich ein hoffnungsloser Fall bin, wenn es um Geld geht.«
»Seit wann?«
»Du hast doch ein eigenes Konto, oder?«, fragte Vicki.
»Wir haben ein gemeinsames Konto. Warum sollte ich ein eigenes Konto haben?«
»Jede Frau sollte ihr eigenes Konto haben. Für alle Fälle. Und beim ersten Anzeichen von Problemen sollte sie anfangen, Geld auf die Seite zu schaffen.«
»Aber das ist doch vollkommen unehrlich«, wandte Chris ein.
»Nein«, erklärte Vicki ihr. »Es ist reine Selbsterhaltung. Außerdem willst du doch nicht wegen jeder Kleinigkeit zu Tony rennen. Oder etwa doch? Willst du etwa wegen jeder Kleinigkeit zu Tony rennen?«
»Natürlich nicht!« Chris spürte, wie sie vor Wut rot anlief. Was ging es Vicki an, wie Tony und sie ihre Finanzen regelten? Sie war mit einem wohlhabenden Mann verheiratet. Sie hatte keine Ahnung, was es für einen Mann bedeutete, in einem verhassten Job zu bleiben, um das Essen auf den Tisch zu bringen. Im Augenblick war das Geld knapp. Tony hatte Recht, wenn er sie kurz hielt und sie für jeden Cent Rechenschaft ablegen ließ.
»Ich möchte, dass du Montagmorgen gleich als Erstes zur Bank gehst«, sagte Vicki, »und dein eigenes Konto eröffnest. Hast du gehört, Chris?«
»Ich hab dich gehört«, sagte Chris und entschied, dass Zustimmung leichter war als Widerspruch.
»Ich komme mit«, bot Barbara an und tätschelte Chris' Hand. »Ich muss zu meiner Schande gestehen, dass ich auch kein eigenes Konto habe.«
»Mein Gott, ich kann es einfach nicht glauben«, meinte Vicki. »In welchem Jahrhundert lebt ihr beiden eigentlich?«
»Warum halten wir nicht an«, schlug Susan vor, als sie in die Sunshine Lane einbogen. »Lasst uns ein Stück spazieren gehen.«
Sofort parkte Vicki den Wagen am Straßenrand, vier Türen öffneten sich, und die Frauen traten in die Wärme des Septembernachmittags.
»Es ist so friedlich hier«, sagte Barbara, fasste Chris' Hand und schwang sie vor und zurück, als wären sie zwei Schulmädchen. Vicki ging ein paar Schritte vor, Susan ein paar Schritte hinter ihnen.
»Können wir ein bisschen langsamer gehen?«, fragte Susan.
Selbst mit knapp zwanzig Pfund Übergewicht sah sie noch wunderschön aus, dachte Chris, denn die zu ihrem kräftigen Kinn geschwungenen Haare und die sanfte Rundung ihrer Wangen, die problemlos die verräterischen Spuren des Alters tilgte, ließen Susan noch jünger wirken als bei ihrer ersten Begegnung.
»Kommt schon. So langsam kann ich nicht gehen«, stöhnte Vicki. Typisch, dachte Chris. Vickis Geduld war begrenzt. War sie es nicht gewesen, die nicht hatte abwarten können, bis ihre Dauerwelle herausgewachsen war, und sich die Haare stattdessen streichholzkurz hatte schneiden lassen? Sie hatte Glück, dass ihr der Bürstenschnitt
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