Nur Wenn Du Mich Liebst
tust du nicht.«
»Doch.«
»Wer sagt das?«, fragte Barbara. »Tony?«
»Du übertreibst überhaupt nichts, Chris«, sagte Susan. »Chris, hörst du mir zu?«
»Ich muss nach Hause«, sagte Chris, machte auf dem Absatz kehrt und ging Richtung Auto. »Wenn ihr mich nicht bringen wollt, fahre ich per Anhalter.« Sie blickte die leere Straße hinunter.
»Natürlich bringen wir dich«, sagte Vicki und rannte ihr nach.
»Chris, warte!«, hörte Chris sie in ihrem Rücken rufen.
»Chris, bitte, wir sind auf deiner Seite.«
Ist das wirklich so?
»Wir wollten dich nicht aufregen«, sagte Barbara, als sie wieder in den Wagen stiegen.
Auf der Fahrt zurück nach Mariemont hielt Chris den Kopf gesenkt und den Blick auf ihren Schoß gerichtet. »Ich will dieses Baby wirklich haben.«
»Natürlich willst du das.«
»Macht euch um mich keine Sorgen«, sagte Chris, als Vicki in die Grand Avenue einbog. Sie sah Tonys Schatten hinter der Gardine im Wohnzimmer, als sie die hintere Tür öffnete und ausstieg. Hatte er die ganze Zeit dort gestanden?
»Wir lieben dich«, rief Barbara ihr nach. »Das weißt du doch, oder?«
»Das weiß ich.« Chris schlang die Worte um sich wie einen warmen Schal. »Ich liebe euch auch.«
Die Haustür ging auf. »Hey, Baby«, sagte Tony. »Du bist ja früh wieder zu Hause.«
»Ich habe dich vermisst«, sagte Chris, schritt über die Schwelle und schloss die Tür, ohne sich noch einmal umzusehen.
5
»Mami! Mami!«
Susan drehte sich auf die rechte Seite und strengte sich an, im Dunkeln den Radiowecker auf dem Nachttisch ihres Mannes zu erkennen. Es war noch nicht einmal vier Uhr. »Oh Gott«, stöhnte sie in dem Wissen, dass kaum zwei Stunden vergangen waren, seit sie endlich in einen unruhigen, von sorgenvollen Gedanken und rastlosen Träumen geplagten Schlaf gefallen war. Offenbar bin ich nicht die Einzige, dachte sie, als sie Ariels wiederholtes Rufen hörte, und wollte gerade die Decke zur Seite schlagen und nachsehen, was ihr Kind bekümmerte, als ihr Mann eine Hand auf ihren Arm legte und sie zurückhielt.
»Ich geh schon«, sage Owen und klang so müde, wie sie sich fühlte.
»Sicher?«
»Schlaf ein bisschen.« Er streifte mit den Lippen über Susans Stirn, als er aus dem Bett stieg.
Susan hörte, wie ihr Mann am Fußende ihres großen Ehebetts mit dem Bademantel kämpfte, und spürte die Schwingungen seiner nackten Füße auf dem Teppich, als er entschlossen aus dem Zimmer eilte. »Was ist denn, mein Schatz?«, hörte sie ihn fragen, als er Ariels Zimmertür öffnete.
»Ich hatte einen Albtraum«, hörte sie Ariel schluchzen.
Mit Albträumen kannte Susan sich aus. Vor allem mit einem ganz bestimmten Albtraum, dachte sie, schloss die Augen und sah sich sofort in dem Seminar für mittelalterliches Drama über ihr Pult gebeugt sitzen und verzweifelt, aber vergeblich versuchen, eine widerspenstige Ansammlung von Zetteln zu zähmen und in irgendeine sinnvolle Reihenfolge zu sortieren, während sie hörte, wie ihr Name laut und deutlich wie über Lautsprecher ausgerufen wurde. »Susan Norman. Susan Norman. Wir erwarten Ihr Referat.« Professor Curriers kahler Kopf wippte auf und ab, während Susan ihre ungeordneten Papiere zusammenraffte, sich von ihrem Platz erhob und nach vorne ging.
In diesem Moment des Traumes merkte Susan jedes Mal, dass sie nackt war. Entsetzt versuchte sie, sich mit den Papieren zu bedecken, und ging leicht vorgebeugt weiter, sodass ihre Brüste gegen die kleine, aber lästige Fettrolle um ihren Bauch baumelten. Doch diese neue Haltung betonte nur die Fülle ihrer entblößten Rückseite, sie hörte das Lachen der anderen Studenten und sah, wie sie spöttisch mit den Fingern auf sie zeigten. Hektisch hielt sie schützend eine Hand hinter sich, wodurch der Wust von Zetteln ins Rutschen geriet und zu Boden fiel, sodass sie auf allen vieren herumrutschend vergeblich versuchen musste, sie wieder einzusammeln, während das grausame Gelächter um sie herum zu einem beinahe ohrenbetäubenden Fortissimo anschwoll.
Genau dann wachte sie normalerweise auf, wie gerade eben auch. Susan beobachtete dankbar, wie Owen sich auf Zehenspitzen wieder ins Schlafzimmer schlich. Er warf seinen Bademantel über einen Stuhl, kroch unter die Decke und kuschelte sich an sie. »Was war denn los?«, fragte sie.
»Sie hat ins Bett gemacht«, antwortete ihr Mann sachlich.
Susans ganzer Körper verspannte sich. Sie hatte am nächsten Morgen ein Seminar und konnte ihrer Mutter
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