Nur Wenn Du Mich Liebst
stand. Chris lächelte. Vicki hatte die Gabe, selbst das schmutzigste Stroh zu Gold zu spinnen.
Sie gingen die Straße hinunter bis zum Cayuga Drive.
»Das ist genug«, sagte Chris und blieb abrupt stehen, weil ihr plötzlich hundeelend war. »Die Hitze schafft mich.« Sie spürte, wie ihre Knie weich wurden und nachgaben, und beobachtete, wie der Boden rasch näher kam, als sie auf dem Bürgersteig aufschlug.
Sofort war sie von helfenden Armen umringt.
»Mein Gott, Chris, was ist passiert?«
»Hast du dir wehgetan?«
»Tief atmen.«
Chris versuchte, ihre Sorge mit einer Handbewegung abzutun, brach jedoch stattdessen in Tränen aus.
»Was ist los, Chris? Was fehlt dir?«
»Ich glaube, du brauchst einen Arzt.«
»Ich brauche keinen Arzt«, sagte Chris.
»Wie lange kippst du denn schon einfach so zusammen?«
»Es ist nichts.«
»Chris, du bist die Treppe runtergefallen. Montana hat gesagt, dass du dauernd hinfällst. Und jetzt brichst du mitten auf der Straße zusammen.«
»Es ist heiß.«
»Nicht so heiß.«
Chris atmete tief ein, wischte den scheinbar unerschöpflichen Tränenstrom grob in Richtung ihrer Ohren, faltete die Hände unter dem Pferdeschwanz in ihrem Nacken und stöhnte: »Oh Gott.«
»Was ist denn?«
»Bitte, Chris. Uns kannst du es sagen.«
Chris suchte die besorgten Blicke ihrer Freundinnen. Konnte sie ihnen die Wahrheit sagen? Konnte sie das wirklich? Mein Gott, was würden sie von ihr denken? »Ich glaube, ich bin schwanger«, flüsterte sie.
»Du bist schwanger?«, wiederholte Barbara. »Das ist ja wundervoll.« Sie stutzte. »Oder nicht?«
Chris senkte den Kopf auf die Brust und weinte mit bebenden Schultern.
»Ist es wundervoll?«, fragte Susan leise.
»Ich weiß nicht«, hörte Chris sich jammern und hasste das Geräusch, weil es so schwach, verzweifelt und undankbar klang. »Es ist nicht so, als ob ich meine Kinder nicht lieben würde.«
»Natürlich tust du das.«
»Ich liebe meine Kinder mehr als alles auf der Welt.«
»Das wissen wir.«
»Und es ist auch nicht so, als ob ich nicht noch mehr Kinder haben will. Vielleicht in ein oder zwei Jahren, wenn sich alles ein wenig beruhigt hat. Das Timing kommt mir einfach so falsch vor.« Chris hob mutlos die Arme und ließ sie dann wieder sinken. »Im letzten Monat mussten wir eine zweite Hypothek auf das Haus aufnehmen, und Tony hasst seinen neuen Job. Er redet ernsthaft davon, zu kündigen, sich selbstständig zu machen und von zu Hause aus zu arbeiten. Und manchmal scheint mir das alles ein bisschen viel, versteht ihr? So, als hätte ich keine Minute für mich selbst. Ich weiß, wie mies das klingt, weil ich weiß, wie sehr Tony mich liebt, und weil ich dankbar bin für alles, was er für mich tut, und dafür, wie er sich um mich und die Kinder kümmert, ehrlich, aber manchmal habe ich das Gefühl, ich kriege keine Luft mehr. Und jetzt noch ein Baby...«
»Du musst das Baby nicht bekommen«, sagte Vicki schlicht.
Es entstand ein Schweigen.
»Ich kann es nicht abtreiben lassen.« Chris fing an, den Kopf zu schütteln, und ihr Pferdeschwanz wirbelte wie zuvor Montanas Haar von einer Wange zur anderen. »Ich kann nicht. Ich kann nicht.«
»Du solltest mit Tony darüber reden«, schlug Barbara leise vor.
»Ich kann nicht mit ihm darüber reden. Er würde es nie verstehen. Er würde mir nie verzeihen, dass ich überhaupt daran gedacht habe...«
Wieder schwiegen die Frauen.
»Er braucht es ja nicht zu erfahren.«
Chris starrte Vicki ungläubig an. Sie löste sich aus der tröstenden Umarmung ihrer Freundinnen, rappelte sich auf die Füße und begann neben der Straße auf und ab zu laufen. »Nein. Das kann ich nicht. Ihr versteht das nicht. Tony würde es merken. Er würde es merken.«
»Wie sollte er das?«, fragte Barbara.
»Er würde es merken«, sagte Chris, und ihr Kopf wippte heftig auf und ab. »Er rechnet nach.«
»Was soll das heißen, er rechnet nach?«, fragte Susan. »Willst du damit sagen, dass er deinen Zyklus verfolgt?«
»Seit Wyatts Geburt wünscht er sich noch ein Baby.«
»Und was ist damit, was
du
willst?«
»Ich weiß nicht, was ich will.« Deswegen ist es ja so ein Glück, dass ich Tony habe, hätte sie beinahe geschrien. Er wusste, was das Beste für sie war.
»Er verfolgt deinen Zyklus«, wiederholte Susan staunend, als versuchte sie, den Sinn der Worte zu begreifen.
»Es ist nicht so schlimm, wie es sich anhört. Ich habe das Ganze total übertrieben. Das mache ich dauernd.«
»Nein, das
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