Nur Wenn Du Mich Liebst
war. »Nein, tut mir Leid. Hör mal, warum kommst du nicht heute Abend zum Essen vorbei? Dann können wir reden. Bring Tracey mit. Ariel freut sich bestimmt, sie zu sehen.« Warum hatte sie das gesagt? Ariel freute sich nie, jemanden zu sehen.
Nachdem Barbara aufgelegt hatte, rief Susan rasch ihre Mutter an. Sobald sie ihr brüchiges Hallo hörte, wusste sie, dass irgendetwas nicht stimmte. Was ist los?
»Dr. Kings Praxis hat angerufen«, erwiderte ihre Mutter zögerlich, als würde sie eine Fremdsprache sprechen, die sie nicht ganz beherrschte.
»Offenbar hat sich bei meiner Mammographie irgendwas Verdächtiges gezeigt. Sie wollen, dass ich zu einer Biopsie vorbeikomme.«
Susan versuchte etwas zu sagen, doch kein Laut drang aus ihrer Kehle.
»Es ist wahrscheinlich gar nichts«, fuhr ihre Mutter fort, all die Dinge zu sagen, die Susan gesagt hätte, wenn sie ihre Stimme wiedergefunden hätte. »Es ist sehr klein, und sie haben gesagt, dass diese Dinger meistens gutartig sind, deshalb soll ich versuchen, mir keine Sorgen zu machen.«
»Wann sollst du zur Untersuchung kommen?« Susan presste die widerspenstigen Worte über ihre Lippen.
»Morgen um zehn.«
»Ich komme mit dir.« Susans Kalender verzeichnete für den nächsten Vormittag zwar eine weitere Redaktionskonferenz, aber das würde Peter Bassett einfach verstehen müssen. Oder eben nicht, dachte Susan.
»Danke, Liebes.« Die Erleichterung in der Stimme ihrer Mutter war mit Händen zu greifen. »Das ist wirklich nett von dir.«
»Ich hole dich um halb zehn ab. Reicht das, um pünktlich da zu sein?«
Ihre Mutter meinte, dass das auf jeden Fall Zeit genug wäre, und Susan verabschiedete sich bis zum kommenden Vormittag, bevor sie den Hörer auflegte und die Augen schloss. Bitte, lass Mutter gesund sein, betete sie stumm. »Mein Job ist egal«, flüsterte sie in den Rollkragen ihres hellgrünen Pullovers. Nimm meinen Job, flehte sie wortlos weiter. Lass nur meine Mutter gesund sein. Sie spürte ein paar brennende Tränen auf ihrer Wange.
Susan brauchte ein paar Minuten, um sich wieder zu fassen, und eine weitere, um sich so weit gefestigt zu fühlen, dass sie es wagte aufzustehen. Exakt zehn Minuten nach Peter Bassetts Anruf stand Susan vor seinem Glaskasten.
Er telefonierte, winkte sie jedoch mit der freien Hand in sein Büro. Er deckte die Sprechmuschel mit der anderen Hand ab und flüsterte: »Machen Sie die Tür zu. Setzen Sie sich. Ich bin sofort fertig.«
Susan schloss die Tür, zog sich den blauen Stuhl mit der geraden Lehne vor seinem Schreibtisch heran, nahm langsam Platz und versuchte, seinem Telefonat nicht zu lauschen.
»Im Gegenteil«, sagte er. »Das ist die Verantwortlichkeit der Schule. Wenn ich sie übernehme und Kelly sage, dass sie am Wochenende Hausarrest hat, falls sie weiterhin den Unterricht schwänzt, schaffe ich mir zu Hause nur noch mehr Probleme, ohne dadurch etwas zur Lösung der Probleme in der Schule beizutragen. Sanktionen sind vollkommen sinnlos, wenn sie willkürlich von außen verhängt werden. Das wissen Sie genauso gut wie ich.« Er verdrehte ungeduldig die Augen und drehte das gerahmte Foto von drei attraktiven Jugendlichen auf seinem Schreibtisch zu Susan um.
Susan betrachtete das Bild eingehend: Ein mürrisches Mädchen im Teenageralter stand zwischen zwei lächelnden Jungen. Und was gibt's sonst Neues?, dachte sie und mochte Peter Bassett schon etwas mehr, weil er offensichtlich ähnliche Probleme hatte wie sie, auch wenn er sie wahrscheinlich gleich feuern würde.
»Was ich vorschlage?«, fragte Peter Bassett. »Ich schlage vor, dass Sie Ihre Arbeit machen. Wenn meine Tochter das nächste Mal eine Stunde schwänzt, lassen Sie sie nachsitzen. Wenn sie das auch schwänzt, suspendieren Sie sie vom Unterricht. So funktioniert das in der wirklichen Welt.«
Susan schloss die Augen. Sie hatte die Vormittagskonferenz geschwänzt und würde deswegen ebenfalls suspendiert werden. Endgültig.
»Tut mir Leid«, entschuldigte Peter Bassett sich, als er aufgelegt hatte, und wies auf das Foto. »Kelly ist fünfzehn und eine absolute Nervensäge. Ihre Brüder nerven auch, aber sie schwänzen wenigstens nicht die Schule. Und wie geht es Ihnen?«
»Gut, danke.«
»Wir haben Sie bei der Konferenz heute Vormittag vermisst.«
»Ja, das tut mir Leid. Ich habe in der Klasse meiner Tochter einen Vortrag gehalten. Sie haben eine Berufsprojektwoche oder wie immer das heißt. Egal, Sarah wusste Bescheid und hatte ihr
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