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Nur Wenn Du Mich Liebst

Titel: Nur Wenn Du Mich Liebst Kostenlos Bücher Online Lesen
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sie schon seit Wochen vor sich her schob.
    Vicki hörte, wie die Badezimmertür geöffnet wurde, sah einen Schatten auf sich zu kommen und spürte den kalten Luftzug, als die Tür der Duschkabine aufgeschoben wurde und ihr Mann eintrat.
    »Ich dachte, du könntest vielleicht ein bisschen Hilfe brauchen.« Jeremy nahm ihr die Seife ab und drehte sie um. »Bei den schwierigen Stellen, weißt du.«
    Mit seinen kräftigen Händen massierte er ihren Nacken, bevor er sie an ihrer Wirbelsäule hinunter auf ihren knochigen Hintern gleiten ließ. Werden Männer denn nie erwachsen, fragte Vicki sich. Es spielte offenbar keine Rolle, ob sie sechzehn oder sechzig Jahre waren – sie waren alle gleich. Nun, vielleicht nicht vollkommen gleich, dachte sie, als ihr der 16-jährige Junge einfiel, der ihr erster Liebhaber gewesen war, und schwelgte in der Erinnerung an seinen schlanken, festen Körper, während die Finger ihres Mannes zwischen ihre Beine tasteten. Aber ein fester Körper war nicht alles. Man musste sich nur meinen eigenen anschauen, dachte Vicki und ließ es dann lieber. Er veränderte sich täglich, und nicht zu seinem Vorteil, trotz ihres persönlichen Fitnesstrainers, der zweimal pro Woche ins Haus kam. Kevin sagte ihr, dass sie toll aussah, aber dafür wurde er ja unter anderem bezahlt. Er sollte ihr Selbstwertgefühl heben, und wenn sie ehrlich war, fühlte sie sich auch durchaus wohl in ihrer Haut. Vierzig zu sein war nicht so schrecklich. Noch immer drehten sich die Männer nach ihr um. Außerdem wusste sie, dass ihr eigener Mann sie nach wie vor sexy und begehrenswert fand, und beschloss, nicht gegen das angenehme Kribbeln anzukämpfen, das sich in ihrem ganzen Körper ausbreitete, sondern das spontane Zwischenspiel zu genießen, auch wenn es ihren Zeitplan durcheinander brachte.
    »Hast du einen anstrengenden Tag vor dir?«, fragte Jeremy später beim Frühstück.
    »Ich habe einiges zu erledigen.« Vicki war schon aufgestanden und verabschiedete sich mit einem Kuss von ihrem Mann.
    »Wohin gehst du?«, fragte Kirsten, die in diesem Moment die Küche betrat und ihren Bruder hinter sich her zog, der sich an die Gesäßtaschen ihrer Jeans klammerte.
    »Zur Arbeit.« Vicki warf ihren Kindern eine Kusshand zu und ging forsch zur Haustür.
    »Heute ist Sonntag«, erinnerte Kirsten sie.
    »Ich bin irgendwann später zurück.«
    »Die Vorstellung fängt um acht an.«
    »Da bin ich auf jeden Fall längst wieder hier. Keine Sorge. Hals- und Beinbruch.«
    Erst als Vicki im Wagen saß und schon auf halbem Weg nach Cincinnati war, ließ sie ihre Gedanken zu dem vor ihr liegenden Tag zurückkehren. Sie sah auf die Uhr. Erst zehn. Sie hatte jede Menge Zeit. Keine Sorge, machte sie sich selbst Mut, du tust das Richtige.
    »Ich bin so froh, dass Sie es einrichten konnten, Mrs. Latimer«, sagte die Altenpflegerin. »Er hat neulich nach Ihnen gefragt.«
    Vicki folgte der wohlbeleibten, schwarzen Schwester den langen, pfirsichfarbenen Korridor des Pflegeheims hinunter und versuchte, die Luft anzuhalten, um den schweren, stickigen Mief nicht einzuatmen. In dem vierstöckigen, gelben Backsteingebäude lag über allem ein Hauch von Verfall und Verzweiflung. Egal, wie hell die Wände gestrichen, wie gründlich die Böden geschrubbt und wie oft die Räume desinfiziert wurden, der Gestank blieb – der traurige Geruch der Ausrangierten, die zum Sterben zu lange brauchten.
    »Er hat nach mir gefragt? Was hat er gesagt?«
    »Er hat gefragt, warum seine Tochter ihn so lange nicht mehr besucht hat.«
    Vicki ignorierte den unverhohlenen Tadel und schwieg. Welchen Sinn hatte es auch? Und was sollte sie sagen? Die Schwester hatte Recht. Sie war seit Monaten nicht hier gewesen, hatte seit Monaten nicht mehr verzweifelt in den leeren Augen ihres Vaters nach einem Zeichen des Wiedererkennens gesucht, seit Monaten nicht neben seinem Bett gestanden und gehofft, dass er ihren Namen murmeln würde. »Wie geht es ihm?«
    »Heute scheint es ihm ein bisschen besser zu gehen. Er hat sein ganzes Frühstück aufgegessen und einen kleinen Spaziergang im Flur gemacht.«
    »Hat er wirklich nach mir gefragt?« Vor der Tür zum Zimmer ihres Vaters blieb Vicki stehen.
    »Nun, nicht direkt«, gab die Schwester zu. »Aber er hat mich auf diese besondere Art angesehen – diesen niedlichen Blick, den er manchmal hat, wissen Sie –, und ich wusste, dass er an Sie gedacht hat.«
    »Danke«, erwiderte Vicki und dachte, dass ihr zur Beschreibung ihres Vaters das

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