Nur Wenn Du Mich Liebst
bemerkte, dass Traceys Hände leer waren. »Du hast dein Buch vergessen...«
»Ich habe es liegen lassen.« Tracey lächelte. »Es ist ein dummes Buch.« Sie zuckte die Achseln. »Ich erzähle Pam einfach, dass ich es verloren habe.«
»Du bist ein gutes Mädchen«, sagte Barbara.
Ich brauche einen Mann, dachte sie.
Wie sich herausstellen sollte, war der Mann fast noch ein Junge, was bei näherem Nachdenken genau der Sinn der Sache war, entschied Barbara und bewunderte den strammen, nackten Körper, der über ihr turnte. Etwa genauso alt wie die pickelige Pammy. Wenn Ron sein Glück bei einem kuhäugigen Püppchen finden konnte, warum nicht auch sie?
Sein Name war Kevin. Zumindest glaubte sie das. Hießen sie heutzutage nicht alle Kevin? Er war groß und auf eine geleckte Art attraktiv wie ein Calvin-Klein-Modell, komplett mit arrogantem Schmollmund und Waschbrettbauch. So nannte er ihn sogar selber, dachte Barbara lächelnd.
Waschbrettbauch.
»Ich habe ein paar tolle Übungen für Ihre geraden und schrägen Bauchmuskeln«, hatte er gesagt, als sie den muskulösen jungen Trainer am Tag nach ihrem Termin bei Dr. Steeves erstmals im Fitnessstudio angesprochen hatte. »Sie brauchen keinen Chirurgen«, hatte er ihr mit einem verschmitzten Lächeln erklärt. »Ich bringe Sie schon in Form.« Mehr Ermutigung brauchte Barbara nicht, um zu entscheiden, dass der junge Kevin Muskelmann genau das war, was der Arzt ihr verschrieben hatte.
Kevin arbeitete seit sechs Wochen in dem Fitnessclub, der im selben Gebäude wie Vickis Kanzlei untergebracht war. Persönliche Trainer waren im Kommen, hatte Vicki verkündet, und jeden Pfennig wert. Barbara hatte sich prompt für acht Privatstunden mit Kevin eingeschrieben, zweimal die Woche, obwohl all ihre Kreditkarten beinahe bis ans Limit überzogen waren und Ron vernehmlich über ihre Ausgaben murrte. Natürlich hatte er als Teil der Scheidungsvereinbarung eingewilligt, fünf Jahre lang ihre Kreditkartenrechnung zu bezahlen, aber innerhalb vernünftiger Grenzen.
Ron kann mich mal, dachte Barbara. Nein, er kann mich eben nicht mehr, dachte sie lachend, denn damit war nun der junge Kevin aufopferungsvoll beschäftigt. Barbara justierte ihr Hinterteil, um die fortgesetzten Stöße von Kevins schlanken Hüften entgegenzunehmen. Die Jugend hatte eben noch Kondition. Sie warf einen verstohlenen Blick zu dem Wecker auf dem Nachttisch neben Kevins zu hartem Bett. Musste alles an ihm so verdammt hart sein, fragte sie sich und hätte beinahe laut losgekichert, wenn er das nicht hätte missdeuten können.
Aber wem wollte sie etwas vormachen? Er würde sie gar nicht hören. Er wusste wahrscheinlich gar nicht mehr, dass sie noch da war, so lange rammelte er nun schon vor sich hin. Fast vierzig Minuten, wenn man dem Wecker glauben konnte. Es war schon zwei Uhr früh. Wurde er denn nie müde? Spätestens seit vor zwanzig Minuten deutlich geworden war, dass sie keinen Orgasmus haben würde, hatte sie jegliches Interesse an der ganzen Sache verloren. Aus einem viel versprechenden Kribbeln war eine schmerzhafte Reizung geworden. Sie war nicht erregt, sondern wund, und wenn sie nicht bald ein paar Stunden Schlaf bekam, würden ihre Tränensäcke morgen früh bis zum Kinn reichen. Es wurde Zeit, die Sache ein wenig zu beschleunigen und sie gewissermaßen selbst in die Hand zu nehmen.
Sie packte seine Pobacken und stöhnte zum Beginn ihrer lange eingeübten Routine. Dann stöhnte sie noch ein paar Mal kurz hintereinander und begann, leicht den Kopf hin und her zu werfen. Nicht zu heftig, nur genug, um dem Jungen zu signalisieren, dass sie so weit war und er nicht mehr so hart arbeiten musste. Doch Kevin rammelte blindwütig weiter. Ihr Stöhnen ging in leise Schreie und ein Keuchen über, und der Junge rammelte immer noch weiter.
Wie eine außer Kontrolle geratene Dampflokomotive, dachte Barbara und ließ sich auf der Suche nach einer bequemen Position in die Kissen zurückfallen, weil sie in nächster Zeit offensichtlich nirgendwohin gehen würde. Sie überlegte, ob sie sich vom Bett abstoßen sollte, und stellte sich den jungen Mann an ihren Leib geklammert vor wie einen Hund an einem Hosenbein. Ich könnte jede sein, erkannte sie und fühlte sich nicht mehr geschmeichelt, sondern verzweifelt. Für Kevin existierte sie genauso wenig wie für Ron, Dr. Steeves oder ihrethalben auch Saddam Hussein. Sie war in der Unterwelt der Verstoßenen und Abgelegten verschwunden, einer nebligen Arena
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