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Nur Wenn Du Mich Liebst

Titel: Nur Wenn Du Mich Liebst Kostenlos Bücher Online Lesen
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heute aussehen könnte. Es fällt mir natürlich schwer, mich zu erinnern, weil ich noch so klein war, als sie uns verlassen hat, aber –« Vicki hielt abrupt inne. »Das ist dir doch eigentlich gleichgültig, oder?«, fragte sie. »Es ist dir vollkommen gleichgültig. Deswegen hat sie dich verlassen, stimmt's?«
    Nur warum hat sie auch ihre Tochter verlassen?, fragte Vicki sich stumm. Warum hat sie mich nicht mitgenommen?
    »Ich habe nicht die leiseste Ahnung, warum ich das mache«, sagte Vicki, warf die Hände in die Luft und hörte sie wieder auf ihre Schenkel klatschen. »Ich meine, sie hat sich nicht direkt ein Bein ausgerissen, um den Kontakt zu halten. Es ist schließlich nicht so, als ob sie nicht wüsste, wo sie mich finden kann.«
    Und sie hat es nicht versucht. Kein einziges Mal. In all den Jahren.
    »Ich weiß also auch nicht genau, was der Sinn dieser kleinen Übung ist, aber, hey, es ist ein schöner Herbstnachmittag, und ich habe Lust auf eine Spazierfahrt.«
    »Es ist ein schöner Nachmittag«, stimmte ihr Vater ihr zu.
    Vicki sah auf die Uhr. »Es wird spät. Ich sollte jetzt wirklich los. Ich muss rechtzeitig zu Kirstens letzter Vorstellung zurück sein. Die darf ich nicht verpassen. Ich hab dir erzählt, dass sie die Hauptrolle in
Oliver
! bekommen hat, oder?« Vicki sprang auf. Nun war sie schon diejenige, die Probleme mit ihrem Gedächtnis hatte. Sie musste hier raus, bevor die Schwestern sie für eine Heimbewohnerin hielten. Sie beugte sich vor, und ihre Lippen schwebten über der trockenen Stirn ihres Vaters. Sie küsste in die Luft, tätschelte seine Schulter und spürte, wie er ihre Hand abschüttelte. Sogar jetzt noch, dachte sie. »Ich schaue bald wieder vorbei und erzähle dir, wie es mir geht.«
    »Ja«, sagte ihr Vater, als würde er eine Frage beantworten.
    Vicki blieb noch einen Moment in der Tür stehen, beobachtete, wie ihr Vater an die Wand starrte, und fühlte sich von Jahren der Gleichgültigkeit aus dem Zimmer gedrängt. »Auf Wiedersehen, Daddy«, sagte sie und schloss die Tür hinter sich.
    Die Fahrt zu dem kleinen weißen Holzhaus in Louisville dauerte eine Stunde. Vicki kurvte mehrmals um den Block, während sie überlegte, wie sie die Frau, die ihre Mutter sein könnte, am besten ansprach. Wahrscheinlich hätte sie vorher anrufen und ihr Zeit geben sollen, sich auf die Begegnung vorzubereiten. Ihr Zeit lassen, ihre Taschen zu packen und zu fliehen, dachte Vicki, weshalb sie sich auch entschieden hatte, es nicht zu tun. Ihre Mutter war sehr gut darin, ihre Sachen zu packen und die Stadt zu verlassen. Sie würde ihr keine weitere Gelegenheit bieten.
    Nein, es war besser, sie zu überraschen, sie direkt zur Rede zu stellen, obwohl Vicki sich nicht sicher war, was genau sie eigentlich sagen wollte. Seit Bill Pickering sie vor einigen Tagen im Büro angerufen und berichtet hatte, dass er eine Frau namens Rita Piper aufgetrieben hätte, auf die die Beschreibung ihrer Mutter passte, probierte sie im Kopf verschiedene Reden aus. Diese Rita Piper lebte auch nicht vor der spanischen Küste, verkroch sich nicht in einer einsamen Hütte in Wyoming oder war nach Kanada geflohen. Sie wohnte gleich nebenan in Louisville, Kentucky, keinen Steinwurf entfernt von der Tochter, die sie vor sechsunddreißig Jahren verlassen hatte. Nahe genug, um ein Auge auf sie zu haben, ihre Karriere in der Zeitung zu verfolgen, über sie auf dem Laufenden zu bleiben. Nahe genug, dass ihre Tochter sie finden konnte, falls sie nach ihr suchen sollte.
    »Hi, Mom. Erinnerst du dich an mich?«, sagte Vicki laut und hielt einen halben Block weit entfernt am Straßenrand. Sie konnte schließlich schlecht direkt vor dem Haus parken. Glänzende, neue rote Jaguars waren nicht gerade die unauffälligsten Fahrzeuge. Sie wollte ihre Mutter nicht alarmieren, sie nicht merken lassen, dass das Haus beobachtet wurde, damit die Frau nicht doch noch durch die Hintertür verschwinden konnte. Vicki schaltete den Motor ab, atmete schwer und beobachtete, wie das kleine Rechteck der Windschutzscheibe beschlug. »Wahrscheinlich erinnerst du dich gar nicht mehr an mich«, setzte sie wieder an und brach erneut ab. »Verzeihung, sind Sie meine Mutter?«, fragte sie und verdrehte die Augen. Klar. Super. Genau das Richtige.
    »Was soll ich sagen?«, fragte Vicki das adrette weiße Haus, das nicht anders aussah als die anderen Häuser in dieser erkennbar bescheidenen Wohngegend. Warum hast du nicht versucht, Kontakt mit mir aufzunehmen?

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