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Nur wenn du mir vertraust - Crombie, D: Nur wenn du mir vertraust - Now May You Weep

Nur wenn du mir vertraust - Crombie, D: Nur wenn du mir vertraust - Now May You Weep

Titel: Nur wenn du mir vertraust - Crombie, D: Nur wenn du mir vertraust - Now May You Weep Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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meines geliebten Bruders, und der Zweifel ist in meinem Herzen angewachsen wie ein Krebsgeschwür. Hat Rab, so frage ich mich, an jenem verhängnisvollen Tag etwa doch Carnmore besucht, und ist ihm dort vielleicht etwas zugestoßen?
    Ich habe Olivia Urquhart erneut aufgesucht und wie eine Schwester zu ihr gesprochen. Sie hat weiterhin vehement bestritten, dass Rab damals nach Carnmore gekommen sei. Aber seit dem Herbst ist eine Veränderung mit ihr vorgegangen; ihre Miene ist von einem bisher ungekannten, verbissenen Ernst, ihr Wesen verhärtet. Zum Abschied versicherte ich ihr eindringlich, dass ich die Angelegenheit weiter verfolgen würde.
    Aber was kann ich denn schon tun? Ich habe die Aussage eines Krämers aus Tomintoul, der glaubt, meinen Bruder erblickt zu haben, wie er in Hut und Mantel gehüllt durch das Dorf ritt – mehr nicht. Welcher Richter würde einer solchen Geschichte, erzählt von der trauernden Schwester des Vermissten, Glauben schenken?
    Verdanke ich den Fortbestand all dessen, was meinem Bruder lieb und teuer war, einer Frau, die für seinen Tod verantwortlich ist? Eine furchtbare, unerträgliche Ironie. Denn wenn das Leben hier auf Benvulin auch weitergeht wie bisher – in meinem Herzen herrscht tiefste Finsternis.
    Ich werde nie vergessen, was wir den Urquharts schuldig sind, und ich werde auch nicht zulassen, dass künftige Generationen es vergessen.
    Die ganze Fahrt über musste Hazel unentwegt an die letzten Eintragungen in Helen Brodies Tagebuch denken. Von der Straße aus, die sich durch das Hochmoor schlängelte, erblickte sie die Wegmarkierungen im Gelände, und ein Schauer durchfuhr sie. Rab Brodie konnte sich sehr leicht verirrt haben, als der Schneesturm über die Anhöhen gefegt war, und in dieser weiten und weglosen Landschaft, dicht bewachsen mit Heidekraut und Farn, war es tatsächlich höchst unwahrscheinlich, dass die sterblichen Überreste eines Verschollenen je gefunden wurden. Helens Liebe zu ihrem Bruder hatte dazu geführt, dass ihre Fantasie mit ihr durchgegangen war. Hazel konnte den Wunsch, einen Schuldigen für den Tod eines innigst geliebten Menschen ausfindig zu machen, nur allzu gut verstehen.
    Und doch… die Traumbilder ließen sich nicht abschütteln; geistergleich tauchten sie zwischen den Zeilen von Helens Erzählung auf. Blut und Whisky… ein gewaltsamer Tod auf Carnmore. Will Urquhart war ihr Großvater gewesen, Olivia Urquhart ihre Urgroßmutter. War es denkbar, dass ihre Träume so etwas wie ein Echo von Livvys Erlebnissen waren, übertragene Bruchstücke ihres Bewusstseins?
    Sie schüttelte den Kopf. Das war absurd – noch abwegiger als Helen Brodies Verdächtigungen. Und doch… für die Brodies war Rabs Tod auf Carnmore eine unumstößliche Tatsache gewesen – so viel war offensichtlich. Helen hatte Rabs Kindern die Geschichte erzählt und sie in ihren Tagebüchern festgehalten, und so war sie von Generation zu Generation weitergereicht worden.
    Donald hatte sie gekannt, das war unzweifelhaft – vielleicht noch nicht, als er sich damals in sie verliebt hatte, aber mit Sicherheit später, nach dem Tod seines Vaters. Hatte er ihr deswegen die Beteiligung an Benvulin vermacht? Um eine Schuld zu begleichen? Als Geste der Vergebung für die Sünden, die ihre Familie begangen hatte? Oder beides? Hatte er vorgehabt, es ihr zu sagen? Sie würde es nie erfahren.
    Aber was sie wusste, war, dass sie die Sache nicht auf sich beruhen lassen konnte. Sie musste nach Carnmore zurückgehen, dorthin, wo alles angefangen hatte.
    Carnmore, November 1899
    »Rab, Sie dürfen nicht bleiben!« Kaum hatte Livvy ihn in den Hof reiten und absitzen sehen, war sie auch schon aus dem Haus gestürzt und hatte ihn am Ärmel seines Mantels gepackt.
    »Livvy, ich habe Ihren Brief erhalten. Sagen Sie mir, was passiert ist!«
    Livvy blickte sich ängstlich im Hof um; ringsum war niemand zu sehen, doch es würde gewiss nicht lange so bleiben. »Sie müssen gehen, ich flehe Sie an, bevor irgendjemand Will Bescheid sagt –«
    »Will? Livvy, ich bin wie der Teufel von Benvulin hierher geritten. Ich werde nicht gehen, solange Sie mir nicht gesagt haben, was geschehen ist. Wenn es um Ihren Vater geht, können wir sicherlich gemeinsam eine Lösung finden –«
    »Nein, es ist nicht nur das.« Nachdem ihr klar geworden war, dass Rab nicht von der Stelle weichen würde, nahm Livvy die Zügel in die Hand und machte sich daran, das Pferd hinter das Lagerhaus zu führen. Inzwischen hatte sich

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