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Nuramon

Nuramon

Titel: Nuramon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Sullivan
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Schwertfürst war.«
    »Dann bestimme du den Ort«, sagte ihr Großvater.
    »Ich möchte, dass er in dem Haus eingesperrt wird, in dem Helgura und ich gefangen waren«, sagte sie und schaute zu Helgura hinüber, die am Rand des Saals zwischen anderen Palastgardisten stand. Nach ihrem gemeinsamen Erlebnis war Helgura Nerimees erste Wahl unter ihren Leibwächtern geworden. In ihrer Gegenwart fühlte sie sich sicher, denn sie wusste, dass sie alles für sie und ihre Familie in die Waagschale werfen würde. Aber Helgura war mehr als eine Leibwächterin, denn neben Sicherheit fand Nerimee auch Trost bei ihr, ohne dass sie viele Worte wechseln mussten. Es würde ihr gewiss gefallen, dass Helerur am Ort ihrer Qualen ein Gefangener sein würde – falls ihr Großvater ihren Wunsch erfüllte.
    »So soll es sein«, sagte Borugar. »Die Offiziere der Stadtgarde sind nun dort untergebracht. Es lässt sich also einrichten.«
    Mit einem Gefühl der Versöhnung folgte sie ihrem Großvater bis an das Ende des Saales und nahm bei ihrem Vater und Yargir Platz. Nylma hatte sich erhoben, um zu den Versammelten zu sprechen. »Yargir und ich werden an Borugars Seite in den Kampf ziehen«, sagte die Feldherrin. »Wir werden unseren Sohn und all die anderen, die uns genommen wurden, rächen. Rache ist etwas Gutes. Trifft sie dich für vergangene Taten, macht sie dich demütig. Die Rache aber, die du selbst nimmst, ist wie ein Feuer, das dich vor antreibt.«
    Nerimee verstand Nylmas Worte. Die Rachlust stieg auch in ihr immer wieder empor. Doch der kalte Zorn in den Augen der Kriegerin ängstigte sie.
    »Ich möchte Rache für meinen Sohn!«, rief Nylma. »Rache für Daoramu! Rache für all die Jahre, die die Varmulier uns nicht in Ruhe gelassen haben! Irgendwann hat jeder genug Schläge eingesteckt, und es ist Zeit zurückzuschlagen.« Die Gäste stimmten ihr lauthals zu.
    Nerimee ließ ihren Blick durch den Saal schweifen und entdeckte Gaerigar. Er folgte Nylmas Worten mit leuchtenden Augen. Wenngleich Nerimee die Rachlust kannte, war sie sich sicher, dass sie diesem Gefühl widerstehen musste. Es durch Krieg zu befriedigen war in ihren Augen der falsche Weg. Viele würden im Kampf ihr Leben verlieren. Und merkte man wirklich, wann die Rache vollzogen war? Sie hatte die Dörfer und Städte im Osten gesehen, die unter den Angriffen der Varmulier gelitten hatten. Wenn ihr Großvater den Krieg nach Varmul trug, würden sie den Hass dort säen, und neue Rache würde erwachsen. Die Rachlust weniger würde den Tod vieler herauf beschwören. Ihre Mutter hatte sie vor solchem Handeln gewarnt. Sie hatte sie misstrauisch gegenüber Worten gemacht, die den Willen vieler Menschen auf den Willen weniger oder gar eines Menschen verengten.
    Als Nylma geendet und ihren Jubel geerntet hatte, sprach Yargir von Waragir und den Hoffnungen, die er hatte, und Nerimee musste kämpfen, um Haltung zu bewahren. Dann sprach Nuramon von Waragirs Gemüt und seinen Fähigkeiten. »Ihn hätte Großes erwartet«, sagte er. »Und seine Zukunft zerbrach, weil ein Herzog mehr Macht anstrebte, als ihm gebührte. Der Hass wohnte selten in meinem Herzen. Aber bei allen Alben! Wir werden nach Varlbyra vordringen und dem Drachen das Haupt abschlagen!«
    Mit wachsendem Entsetzen lauschte Nerimee den Worten ihres Vaters. Sie fürchtete sich davor, was er tun würde. Seit er wusste, dass Helerur hinter dem Anschlag auf die Familie steckte, war er verändert. Die Rachlust hatte sich eingeschlichen, wo sonst Ruhe und Besonnenheit herrschten. Als ihr Vater von König Mirugil sprach, lag so viel Verachtung in seiner Miene, dass Nerimee bange wurde. Mit jedem Wort, das sie vernahm, schwand der Hass aus ihrem Herzen. Es war, als hätte ihr Vater ihn ihr abgenommen und sich selbst aufgebürdet.
    Kurz überlegte sie, ob sie aufstehen und das Wort ergreifen sollte. Doch nichts würde Waragir wieder lebendig machen, und auch König Mirugil würde sich dadurch nicht in seinem Wesen verändern. Es gab im Grunde nur eines zu ergründen: das Geheimnis, das den Hofmagier König Mirugils umgab. Wer war er? Woher bezog er seine Macht? Wie war es ihm gelungen, die Zauberringe zu erschaffen? Und was war das Geheimnis des Zaubers, der ihre Mutter niedergeworfen hatte? Wenn die Antworten auf diese Fragen nur bei einem Rachefeldzug gefunden werden konnten, sollte es ihr bei allen Vorbehalten recht sein.
    Stumm und allein saß Gaerigar am Bett seiner Mutter. Das Licht der Morgensonne fiel durchs Fenster

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