Nuramon
froh, dem sengenden Schein der Sonne zu entkommen.
Nuramon war stolz auf Yendred. Sein Sohn führte sie mit zunehmender Sicherheit von Albenstern zu Albenstern. Sie erschienen an anderen Orten in der Wüste, die weiter südlich lagen, dann am Ufer eines schlammigen Flusses und später in der Nähe von weiß schimmernden Städten, in denen Menschen lebten, deren Haut so dunkel war, dass selbst Lyasani neben ihnen blass gewirkt hätte.
An jedem Albenstern erwartete sie etwas Neues – ein dichter Wald mit fremden Tieren oder eine Klippe, von der sich das Laubdach eines Waldes wie Hügelland in die Ferne zog. Und an jedem Albenstern fanden sie draußen in der Welt einen der grauen Steine – sei es im Gebirge, im heißen Tal, über der Schneegrenze, in einer Schlucht oder an der Küste.
Nach drei Tagen erreichten sie eine weitere Wüste. Sie war felsiger als jene, in der sie den ersten Wegstein gefunden hatten. Im Westen lagen in weiter Ferne sanfte Dünen, und im Norden zog sich das flache Land bis zu Bergen hin, die im Wasser zu schwimmen schienen, so sehr flimmerte die Luft.
Das Tor versank, und da war ein weiterer der glatten, grauen Steine. Er war deutlich kleiner als seine Vorgänger. Yendred hob ihn auf und steckte den magischen Stein in seinen Beutel. »Wieder einer für die Sammlung«, sagte er. »Das macht zweiundzwanzig.«
»Das ist die Wüste von Arlamyr, oder?«, sagte Lyasani.
Nuramon nickte und zeigte nach Norden. »Jenseits der Berge herrschen die Nomadenfürsten.« Er bemerkte die überwältigten Mienen seiner Gefährten. Sie waren in der Wüste, die ihre Ahnen nach der Befreiung aus der Sklaverei einst von Süden her durchschritten hatten.
Nachdem sie auf den Albenpfaden zur nächsten Lichtinsel gelangten und Nuramon nach einem magischen Blick in die Welt hinaus erklärt hatte, dass ihr Weg sie weiter nach Süden führte, machte Nylma ein zweifelndes Gesicht. »Wir kehren also nach Urelmur zurück – in das Land, aus dem unsere Ahnen einst entflohen«, sagte sie und schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, ob mir das gefällt.«
Nuramon wollte gerade das Tor öffnen, da gewahrte er etwas Magisches, das von einem der Pfade drang. »Da stimmt etwas nicht«, sagte er, hob seine Hand und strich durch die Luft. Er spürte ein Flimmern der Magie. »Auf dem Pfad lauert ein Zauber wie eine Spinne im Netz«, sagte er.
Auch Yendred hob seine Hände. »Es ist Dareens Macht«, murmelte er.
Nuramon nickte. »Doch genau darin liegt die Gefahr. Der Hinweis ist so offensichtlich, als riefe uns Dareen selbst eine Warnung zu.«
»Aber was nun?«, fragte Nylma. »Wagen wir uns auf den Pfad?«
Nuramon schüttelte den Kopf, dann wies er auf den Albenstern. »Lasst uns lieber schauen, ob draußen ein Wegstein liegt.«
Nuramon öffnete die Pforte in die Welt. Auf der anderen Seite angekommen, schaute er über karges Land in die Wüste hinaus. An dieser Stelle mochten einst die Ahnen der Arlamyrier gestanden haben, ohne zu wissen, dass die Reise durch die Wüste lange dauern und viele das Leben kosten würde. Der Duft von Gräsern ließ Nuramon in die andere Richtung schauen. Dort erhoben sich gewaltige Wälder in der Ferne. Rehähnliche Tiere, zierlich und mit sandfarbenem Fell, grasten in der Nähe in kleinen Herden, einige schauten sogar zu ihnen herüber. Hier begann Urelmur, das Land südlich der Wüste, aus dem die Urahnen der Arlamyrier geflohen waren.
»Ich hatte mir Urelmur nie so schön vorgestellt«, sagte Nylma.
»Da ist kein Stein«, sagte Nuramon und wies auf die Stelle, wo das Tor gerade verschwunden war. Dann schaute er dem Wald entgegen.
»Hier«, rief Yendred und zeigte auf den Boden. Dort lag ein weiterer Wegstein im Gras.
Nuramon spürte noch einen weiteren Wegstein in der Nähe und wies voraus. Zwanzig Schritte weiter fanden sie ihn, und ein Stück weiter noch einen. »Offenbar führt unser Weg uns nicht mehr über die Albenpfade«, sagte Nuramon und wies zum Albenstern. Nun wusste er, woran ihn das magische Flimmern auf den Albenpfaden erinnerte. »Der Zauber auf dem einen Pfad könnte eine Zeitfalle sein. So etwas habe ich vor langer Zeit bei den Zwergen gesehen. Es waren Tunnel. Trat man an der einen Seite ein, geriet man in den Zauber; verließ man den Tunnel auf der anderen Seite, waren Wochen oder sogar Jahre vergangen.«
»Wozu das?«, fragte Salyra.
»Stell dir vor, du hättest in allen Lagen, in denen du abwarten musstest, einfach einen solchen Tunnel durchschreiten
Weitere Kostenlose Bücher