Nuramon
Er hatte Tausende auf den Falkenpass geführt, und mit Hunderten kehrte er von dort wieder.
Fürst Aniscaro fluchte, als er in seinem Zelt von der Niederlage jenseits des Ruljas erfuhr. Erst hatten die Yannadrier sie aus den Lysdorynen vertrieben, dann Urijas und die Heilquelle von Soranyl zurückerobert. Nun herrschten sie über die Grenzen des alten Fürstentums. Die Rückkehr des letzten Elfenkindes hatte die Wende gebracht.
Die Berater meinten, sie müssten wieder auf die Tjuredpfade gehen. Aber die Torstäbe waren schwierig zu fertigen und viele Leute waren verschwunden, nur um zu prüfen, ob ein Torstab seinen Zauber vollbrachte. Und in der Nähe der Yannadrier waren die Tore nicht zuverlässig. Die Kinder des Elfenkindes hatten Gift auf den Pfaden verteilt, das jeden Torzauber verdarb. Solange das letzte Elfenkind und seine Brut lebten, würde diese Welt immer schlimmer vom Zorn des Tjured heimgesucht. Wer sie beseitigte, würde dem magischen Feuer, das den alten Kontinent verbrannte, die Nahrung nehmen und sich als Retter verewigen. Aniscaro wollte dieser Retter sein.
Nylma genoss die Reise mit Bjoremul. Die Tore mittels des Torstabes zu öffnen war leicht. Die Schwierigkeit bestand darin, in der Welt die richtigen Orte zu finden, denn sie konnte die Albensterne nicht spüren. So nutzten sie die Karte der Albenpfade und prägten sich, wenn sie in die Welt kamen, die Stelle ein, an der das Tor erschien. Zum ersten Mal fühlte sie sich wie eine echte Zauberin.
Bjoremul fühlte sich endlich wieder wohl in seiner Haut. Sein Bauch verschwand auf der Suche nach dem König, und er war beinahe wieder so beweglich wie einst. Doch seine Hoffnung, dass die müden Gelenke und schweren Beine ebenfalls verschwinden würden, erfüllte sich nicht.
Dorgals Wunde schmerzte. Die Heiler hatten alles getan. Nun sollte der Tod kommen. Doch am Morgen flog die Tür zu seinem Sterbezimmer auf, und ein Krieger, den er auch ohne Bart erkannte, trat ein: Bjoremul! Und bei ihm war Nylma, deren Namen und deren Gesicht er nie vergessen hatte. Als sie einen Kristall hervorholte und ihm die freie Hand auf die Wunde legte, um einen Heilzauber zu wirken, wusste er, dass es viel zu erzählen gab.
»So viele vergeudete Jahre«, sagte er und fasste Bjoremuls Hand. »Ich habe mich oft gefragt, was aus mir geworden wäre, wenn ich dir gefolgt wäre.«
Bjoremul klopfte ihm auf die Schulter, und es schmerzte. »Frage dich nicht, was geschehen ist, sondern was geschehen wird, wenn du und dein Herr mit uns und unserem Herrn auf einer Seite steht.«
»Ein Bündnis?«, fragte Dorgal.
»Ein Bündnis zwischen Varmul und Yannadyr gegen den Fürstenrat und die Götterdiener.«
Dorgal lächelte, und jede Bewegung tat weh. Aber es war nicht der Schmerz des nahenden Todes, sondern der des Überlebens.
Lyasani blickte in die Augen ihres Kindes. Die Schmerzen waren beinahe vergessen, so rasch hatte Nerimee sie ihr genommen. Und nun war dieses kleine Wunder da, und das Einzige, was Lyasani betrüben konnte, war der Abschied Yendreds, Salyras, ihrer Schwiegereltern und Nerimees. Seit Bjoremuls und Nylmas Rückkehr war klar, dass Nuramon und Daoramu mit Nerimee nach Teredyr reisen würden, während Yendred mit Salyra im Osten die Feldherren anweisen würde. Doch Borugar und Jaswyra blieben zurück, und das war – ebenso wie Cerens und Obilees Anwesenheit – ein Trost. Salyra hatte die Amme fortgeschickt und Obilee ihr gegeben. So stillte Lyasani nicht nur Yulivee, sondern auch die Tochter Salyras. Es war ein Vertrauensbeweis, der Lyasani überwältigte.
Salyra war in Urijas und dachte an ihre Tochter und an Lyasani. Sie vermisste beide und konnte die Fragen anderer Frauen aus den Reihen der Ilvaru nicht mehr hören: wie mutig es sei, die eigene Tochter der Rivalin zu überlassen. »Hast du keine Angst, dass das Kind ihr bald näherstehen könnte als dir?« Das war die Frage, die immer wieder kam, doch Lyasani war keine Rivalin. Sie war ihre Geliebte – ihre Frau; ganz so, wie Yendred ihr und Lyasanis Geliebter und Mann war.
Ceren tröstete Nuramon und Daoramu, als sie aus den Lysdorynen zurückkehrten, ohne zwischen dem Gebirge und dem Fluss Ruljas ein Siegel gefunden zu haben. »Geht mit Nerimee nach Teredyr, und schaut von den Syardoren in die Tiefe«, sagte sie. »Vielleicht entdeckt ihr dort etwas. Verbindet die beiden Notwendigkeiten.«
Nuramon nickte. »In Alvarudor können wir dasselbe tun«, sagte er. »Wir können um Unterstützung
Weitere Kostenlose Bücher