Nuramon

so flüchtig wie eh und je. Die Soranyler haben früher versucht, das heilende Wasser zu transportieren, doch es verlor seine Wirkung schon nach einem Tag.«
    Loramu wies auf die Lysdorynen. »Es nützte ihnen, solange sie Zeit hatten, die Verletzten in einem Zug ins Tal zu führen, und wir die Verbliebenen nicht zu sehr unter Druck setzten. Das wird sich nun ändern. Wo unsere Feinde stark sind, werden wir sie locken; wo sie schwach sind, setzten wir sie so sehr unter Druck, dass sie sich zu ihrem Hauptheer zurückziehen. Auf den großen Pässen werden Yendred und später auch Nuramon auf die Feinde warten.« Sie schaute ihn an. »Wie lange wird Ceren brauchen, bis sie die Siegelzauber gelernt hat?«
    »Gewiss nur wenige Tage«, sagte Nuramon.
    »Was wird unsere Aufgabe sein?«, fragte Bjoremul und tauschte einen kurzen Blick mit Nylma.
    »Euer Weg führt weit weg vom Schlachtfeld«, sagte Borugar und lächelte schief.
    Yendred schmunzelte, holte einen unterarmlangen Stab unter seinem Mantel hervor und legte ihn auf den Tisch. Dann schaute er Nuramon erwartungsvoll an.
    »Wir wollen dem König von Varmul wieder auf den Thron helfen«, sagte Nuramon. »Dazu müssen wir über die Albenpfade nach Osten gelangen und ihn dort suchen. Ich kann nicht überall zugleich sein. Wenn ich nicht kämpfe, werde ich mit Daoramu nach einem der Siegel suchen.« Er schaute Nylma an. »Also schlug Nerimee vor, dir einen Torstab aus den Magischen Hallen zu geben. Du, Bjoremul und eine Handvoll Leute werdet ausziehen und König Tyregol suchen. Wenn ihr ihn gefunden habt, übergebt ihr ihm eine Nachricht und handelt ein Treffen aus.«
    »Kann ich diesen Stab denn überhaupt nutzen?«, fragte Nylma und blickte skeptisch auf das magische Artefakt.
    »Gewiss«, antwortete Nuramon. »Mit einem winzigen Stoß deiner Kraft kannst du die Zauberkräfte wecken und Dinge tun, die sonst unsere Anwesenheit bräuchten.«
    Nylma nickte, stutzte dann aber. »Was ist mit Nerimees Zaubern, die an den Albensternen liegen? Ich kann sie nicht brechen.«
    Yendred entfaltete eine Karte, die das Wegenetz der Albenpfade zwischen Jasbor und Alvarudor zeigte. »Hier kannst du sehen, an welchen Albensternen wir die Zeitfallen ausgelegt haben. Halte dich an die Pfade, die nach Norden führen und dann nach Westen. Ihr könnt nach Teredyr und von dort nach Varmul gelangen. Und jenseits unserer Grenzen gibt es nur wenige Albensterne, die wir mit dem Schutzzauber belegten.«
    Nylma tauschte einen Blick mit Bjoremul, dann griff sie nach dem Stab und betrachtete die Schnitzereien darauf. Es waren nur verschlungene Muster, keine Schrift. »Ich spüre nichts«, sagte sie und blinzelte. Da merkte Nuramon, wie ein Funke der Magie von ihr auf den Stab übersprang. Der Zauber des Stabes leuchtete, aber in Ermangelung eines Albensterns, an dem er ein Tor hätte öffnen können, verging er wieder.
    »Du kannst es«, sagte Nuramon. »Nun müssen wir ihn nur noch an einem Albenstern erproben.«
    Nylma dankte, hielt den Stab fest umklammert und starrte auf die Karte.
    Nach einem Moment der Stille fragte Bjoremul: »Was ist mit Daoramu?«
    Nuramon lächelte ihn an. »Du weißt es doch«, sagte er. »Wo ich hingehe, da geht auch sie hin.«
    Orakelblick
    Ceren hatte die beiden Siegelzauber binnen drei Tagen gelernt und erklärte sie nun Nerimee, die sie später Yendred zeigen würde. Daoramu und Nylma lehrte sie, Nerimees Heilkristalle zu nutzen, um Wunden zu schließen. Kurz darauf brachen Nylma und Bjoremul mit dem magischen Torstab zur Suche nach dem König von Varmul auf, während Nuramon mit Daoramu in den Kampf zog und unterwegs bei jeder Gelegenheit nach einem magischen Siegel Ausschau halten wollte.
    Wyragor, der Feldherr der helbyrnianischen Streitmacht, hatte die Feinde endlich den Falkenpass hinaufgetrieben. Doch Tjured war ihnen nicht hold. Zuerst verloren sie einige Katapulte auf dem steinigen Weg, dann schoss ein einziger Schütze die Zauberpfeile der verfluchten Nerimee auf sie und setzte die Wagen in Brand. Als die Zauberkugeln erwachten, Flammen spuckten, Blitze schleuderten und Stürme bliesen, hatte Wyragor keine andere Wahl, als die Wagen in die Schlucht fahren zu lassen. Die Kriegsschreie türmten sich bereits wie Wellen auf, und an der Spitze der feindlichen Streitmacht standen Krieger mit bemalten Gesichtern und bunten Hauben. Die Seekrieger von Jasbor! Ihr Anführer schoss Blitze in die Luft. Nuramon! Immer wieder hörte Wyragor diesen Namen unter seinen Leuten.