Nuramon
Arm zwischen den Zelten hindurch nach Osten, doch Nuramon hatte nur einen kurzen Blick für die Feinde und starrte dann auf die Edelsteine, aus denen er beinahe die ganze Kraft herausgezogen hatte.
»Die Magie schießt zwar auf die erschienenen Pfade«, sagte Nerimee. »Aber der Strom ist so stark wie zuvor. Die magische Flut ist nicht vergangen.«
»Vielleicht haben wir es uns zu einfach vorgestellt; vielleicht braucht es Zeit, bis die Magie sich auf den entsiegelten Pfaden verbreitet hat. Einer der Pfade geht nach Nordwesten. Er könnte den Albenstern in der Festung dort kreuzen, und zwei«, Nuramon wies nach Osten, »könnten nach Varlbyra und zur anderen Sternfestung führen. Die Magie wird über die erwachten Pfade nach Osten zu den anderen Siegeln streben. Und wer weiß, wie viele sich noch anderswo verbergen und darauf warten, von unserem Zauber gebrochen zu werden.«
»Dann ist vielleicht alles getan, und wir müssen nur geduldig sein«, sagte Daoramu.
Nuramon nickte und schaute dann in Nerimees zweifelnde Miene. »Oder aber die Antwort liegt am Ende des siebten Albenpfades«, sagte er. »Er versinkt in der Erde.«
»Vielleicht ist es doch ein Tor in eine andere Welt«, sagte Daoramu.
»Das können wir leicht prüfen«, sagte Nuramon. Er schaute auf die Albenpfade hinüber und sah die gewohnten Lichtbahnen, die sich durch die Finsternis dahinzogen und sich zu einer Lichtinsel zusammenfügten. Eine Gefahr oder irgendeinen Zauber spürte er nicht. Schließlich wirkte er den Torzauber und griff nach dem Pfad, der in die Tiefe führte. Kaum erhob sich die Lichtpforte, sandte er seine Zaubersinne voraus. Er sah einen Sandboden und Wände aus Barinstein. »Ein Höhlengang«, sagte er.
»Dann ist es eine andere Welt?«, fragte Daoramu.
»Oder ein besonderer Ort in dieser«, entgegnete Nuramon und dachte neben den großen Pforten des Thorwis daran, wie er damals mit Alwerich beim Überschreiten der Schwelle direkt von Angnos aus zu Dareen gelangt war.
»König Tyregol kommt!«, rief Bjoremul und stürmte an Yendreds Seite. Lyasani, Salyra und die Ilvaru folgten ihm.
Sie umarmten einander, brachten sich knapp auf den neuesten Stand, und es dauerte nur wenige Augenblicke, bis Nerimees und Yendreds Entschluss feststand: Sie wollten durch das Tor in die Barinsteinhöhle hinübertreten, und Bjoremul und Nylma boten sich als Begleitschutz an.
Als sich alle Blicke auf Nuramon richteten, wandte er sich an seinen Sohn. »Du bist der wichtigste Feldherr in dieser Schlacht. Dein Platz ist bei den Kriegern.« Er wies nach Osten. »Hilf König Tyregol. Bring ihn und seine Leute her. Sie sollen hier ihr Lager aufschlagen. Wir werden dieses Feld nicht aufgeben. Wir holen uns alles über die Albenpfade. Krieger, Nahrung, Wasser, Ausrüstung. Alles, was wir brauchen. Wir werden diesen Kampf gewinnen, und vielleicht haben wir mit dem gebrochenen Siegel bereits mehr gewonnen, als wir glauben.«
Er trat vor Nylma. »Hol deinen Torstab. Wenn wir fort sind, schließt ihr das Tor und öffnet eines auf die Albenpfade. Überprüfe dann, ob der nordwestliche Pfad tatsächlich in die Sternfestung zu Sawagal führt. Wenn ja, holst du ihn. Wir brauchen hier jede Macht, die uns nützt. Daoramu und ich schauen, was in der Barinsteinhöhle liegt.«
»Ich komme mit«, sagte Nerimee.
Nuramon schüttelte den Kopf. »Nein. Du bleibst hier und heilst mit Oregir die Krieger. Sie brauchen deine Hilfe. Und außerdem brauchen wir hier draußen jemanden, der von Zeit zu Zeit das Tor in diese Barinsteinhöhle öffnet.«
»Falls du dort das Mondlicht findest?«, fragte Nerimee leise und wich seinem Blick aus.
Er fasste die Hand seiner Tochter und wartete, bis sie ihn wieder anblickte. »Jeder von uns kann hier heute sterben, und du sorgst dich, dass ich mit unversehrtem Körper ins Mondlicht schwebe? Vergiss das Mondlicht. Was geschehen soll, wird geschehen.«
Nerimee nickte und lächelte gequält.
Nuramon küsste seine Tochter auf die Stirn und wandte sich an Yendred. »Würdest du mir einige deiner Krieger zur Seite stellen?«, fragte er. Es fühlte sich befremdlich an, so über die Ilvaru zu sprechen.
»Natürlich«, antwortete Yendred und rief Byrnea herbei. »Du wirst meine Eltern mit einer Handvoll Ilvaru begleiten«, sagte er.
Die Schwertfürstin verbeugte sich vor Yendred.
»Bist du denn stark genug?«, fragte Daoramu und fasste Nuramons Hand.
»Ich fühle mich wie nach einer durchwachten Nacht«, sagte er. »Wenn du den Zeitpunkt
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