Nybbas Träume - Benkau, J: Nybbas Träume
Jungen knapp. Der keuchte und beschleunigte. Der Whiro roch förmlich, wie Elias der Atem in den Lungen brannte, so als wären sie roh und blutig. Er hetzte ihn, wie ein Bluthund den verwundeten Fuchs. Nach einer weiteren Tür waren sie im Treppenhaus und stürzten knapp hintereinander die Stufen hoch. Ein kurzes Aufbäumen der Gedanken störte die Jagd. Menschen könnten ihn sehen. Der Whiro verwarf die Befürchtung sofort. Wichtiger war es, den Bastard zwischen die Hände zu bekommen. Dafür würde er die ganze Stadt auslöschen, wenn es nötig war. Ihre Füße auf dem Steinboden, sein Knurren, sowie das Keuchen des Fliehenden hallten durch alle Etagen. Sangen dem Jungen ein wildes, letztes Schlaflied. Elias stolperte über seine Füße, fiel nach vorne.
Der Whiro sprang, Hand und Klaue ausgestreckt. Elias warf sich herum, stieß an die Wand und rollte sich die Stufen wieder herab. Im gleichen Moment entdeckte der Whiro den Mann, der von oben die Treppen runter stürmte. Er sah nichts als seine Hände und deren Bewegung.
Zum zweiten Mal in wenigen Minuten fesselte ihn die Macht eines Clericas und nahm ihm langsam seine Kraft. Sein Körper wurde schwer. Im Fall sah er, wie seine Beute sich einem zweiten Jäger heulend vor die Füße warf.
„Helfen Sie mir … oh bitte, helfen sie mir!“, winselte er. „Das Monster! Das Monster!“ Mit zitternden Händen griff Elias an den Knöchel des Clericas und spielte ihm das verängstigte Opfer vor.
Dieser erbärmliche Feigling!
Der Whiro hätte vor Abscheu am liebsten gekotzt. Aus dem Augenwinkel sah er noch das kurze, überlegene Grinsen des jungen Dämons, aber auch die Reaktion des Clerica. Er fiel nicht auf die Show herein und trat den Jungen von sich fort. Doch da wurde der Whiro steif, fiel nach hinten und rollte die Treppen herab. Der erste Clerica folgte ihm und hob die Hände. In der Linken hielt er bereits das tönerne Gefäß. Er vollführte die Glyphe, die den Whiro in seinen Schattenleib zwang. Dann bannte er ihn in das Gefäß. Es wurde schwarz und still um ihn herum. Er konnte sich nicht mehr rühren. Er blieb allein mit all seiner Wut und seinem Hass.
Joana klammerte sich an Nicholas’ Körper, doch er schien sie kaum zu beachten. Sein Blick klebte an der Tür, hinter der Elias, verfolgt von dem schrecklichen Whiro, verschwunden war. Sie hatte versucht, ihnen nachzulaufen und eine weitere Cistó-Glyphe zu zeichnen. Vergebens, Elias und der andere Dämon waren zu schnell gewesen.
Außer ihren Atemzügen war es still in dem grauenerregenden Raum. Überall war Nicholas’ Blut, das dämonische, sowie das halbwegs menschliche. Der von ihm getötete Dämon hatte sich in Nichts aufgelöst. Die leeren Menschenkörper vom Whiro, der Katzenfrau und dem dritten Dämon lagen am Boden, wie Marionetten, denen man die Fäden durchtrennt hatte.
„Er wird es schaffen“, flüsterte Joana.
Er musste es einfach schaffen, denn ohne ihn würde es ihr nie gelingen, Nicholas aus den Handschellen zu befreien. Das Zittern setzte ein, als das Adrenalin langsam wich. Sie umklammerte Nicholas, doch der hatte selbst kaum noch Kraft, um ihr welche abzugeben.
„Und wie?“, gab er hart zurück. „Er hat keine Chance.“
„Kannst du aus deinem Körper heraus, wenn du dich an meinen Gefühlen stärkst?“, fragte Joana. „Kräftigt dich das soweit, dass du ihm helfen kannst?“
Er schnaubte nur trocken. „Vergiss es.“
„Aber warum nicht? Verdammt, warum nicht? Wir müssen etwas tun!“
„Gute Idee. Ich hänge hier noch ein bisschen rum und warte auf den Whiro oder auf die Clerica. Du solltest jetzt verschwinden.“
„Ich denke gar nicht daran. Ich bleibe bei dir. Wenn die Clerica kommen, können wir sie vielleicht täuschen. Wie du gesagt hast, du spielst das Opfer.“
„Ich mach mich gerade gut als Opfer, was? Und was, wenn wir sie nicht täuschen können?“
„Schsch“, machte Joana und strich zart über seine Wange. Sie spürte seine Angst. So viel Angst. „Dann bleibe ich bei dir. Ich lass dich nicht allein. Und wenn sie dich wirklich einsperren, dann werde ich dich finden und befreien. Ich schwöre es dir!“
Ein schmales Lächeln glitt über sein Gesicht, doch es erreichte seine Augen nicht. Der Sturm in ihrem Inneren war abgeflaut, hatte sämtliche Kraft verloren.
„Du warst unglaublich“, flüsterte Joana, nachdem sie das Schweigen nicht mehr aushielt. Er schnaubte und sie legte eine Hand auf seine Brust. „Ich meine es ernst. Das da drin. Es
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