Nyx - House of Night: Das Begleitbuch (German Edition)
Intuition helfen Zoey dabei, allmählich zu akzeptieren, dass ein Teil von A-yas Seele in ihr lebt. Doch anders als diese ist sie in der Lage, selbst entscheiden zu können. Sie kann die Gefühle, die ihr Kalona so anziehend erscheinen lassen, unterdrücken.
Und das ist gar nicht so leicht. Die meisten anderen Jungvampyre und sogar manche Erwachsene können seiner Anziehungskraft nicht widerstehen. Er ist mächtig, redet verführerisch und sieht einfach verdammt gut aus. Er behauptet, Erebos zu sein, der Gefährte der Göttin, die die Jungvampyre und Vampyre aufs höchste verehren. Er redet ihnen nach dem Mund, und sagt ihnen, dass sie die Welt beherrschen und „die guten alten Zeiten zurückbringen können, in denen Vampyre und Krieger sich nicht in Schulen verstecken mussten, sondern mächtig und stolz die Erde bevölkerten … Vampyre sind die Kinder der Nyx, und die Göttin hat sie nicht dazu bestimmt, in der Dunkelheit zu kauern.“ 76 Nach zwei Morden an Vampyren im Tulsaer H OUSE OF N IGHT , mutmaßlich begangen durch Menschen, steht seinem Publikum der Sinn nach Dominanz und Befreiung. Eine von Aphrodites Visionen verspricht sogar, dass Zoey gemeinsam mit Kalona herrschen wird, wenn sie sich ihm fügt.
Auf Zoey wirkt Kalona noch zehnmal anziehender als auf jeden anderen, weil der Teil ihrer Seele, den sie mit A-ya gemeinsam hat, dafür geschaffen wurde, ihn zu lieben. Sie erkennt seine große Schönheit und seine verführerische Macht, doch das ist es nicht einmal, was sie am stärksten anzieht. Sie verspürt ein ausgeprägtes Mitgefühl für ihn und hofft, dass er wieder auf Nyx‘ Pfad der Tugend zurückkehren kann.
Doch wie Nyx schon zu Beginn der Romanreihe, in der Vision, in der sie ihr Mal einfärbt, zu Zoey sagt, ist dies eine „Zeit, in der Gut und Böse um das Gleichgewicht in der Welt kämpfen“ 77 (
Gezeichnet
). Der Kampf um ein kosmisches Gleichgewicht findet auch in Zoey selbst statt – ein Teil von ihr wurde geschaffen, um Kalona zu lieben, und ein anderer Teil, um ihn zu vernichten. Als sie beobachtet, wie er Heath kaltblütig umbringt, erkennt sie, dass sich Kalona trotz seiner gelegentlichen Anflüge von Reue schon wieder für das Böse entschieden hat, und dass sich das nie ändern wird.
SCHMERZ ALS PREIS: REPHAIMS ERLÖSUNG
Gleichzeitig findet sich auch Kalonas Erstgeborener und Lieblingssohn Rephaim in einem dramatischen Interessenkonflikt, der sich ganz anders auflöst als der seines Vaters. Während der Schlacht auf dem Höhepunkt von
Gejagt
tödlich verwundet, wird er am Beginn von
Versucht
von Stevie Rae gerettet, die ihre eigenen Erfahrungen mit der Finsternis gemacht hat. Da sie selbst vor Kurzem tot und dann untot war und anschließend einen wilden Anfall von Blutdurst durchlebt hat, kann sie für den gefallenen halbsterblichen Geist ein gewisses Mitgefühl aufbringen. Sie erinnert sich, dass sie sich trotz aller Beeinflussung Neferets, die sie von den Toten erweckt hatte, für das Gute entscheiden und ihren gewalttätigen Neigungen widerstehen konnte. Stevie Rae ist daher wahrscheinlich die einzige Person, die in der Lage ist, Rephaims Menschlichkeit zu erkennen. Es ist eben diese Menschlichkeit, auf die sie in
Verbrannt
setzt, als sie den Handel mit dem schwarzen Stier eingeht, um Rephaims Leben zu retten.
In
Versucht
rettet Rephaim Stevie Rae das Leben, weil sie zuvor ihn gerettet hat und gleicht so seine Schuld bei ihr aus. Doch in
Verbrannt
rettet er sie aus einem anderen Grund – denn er liebt sie (auch wenn er selbst das nicht so ausdrücken würde). Als die Finsternis in Gestalt des weißen Stiers sie foltert, kann Rephaim sich selbst heilen, zu ihr fliegen und ihren Kreis durchbrechen – denn er ist selbst mit der Finsternis verbunden. So wie Stevie Rae ein Mitgefühl für ihn entwickeln konnte, weil sie selbst ihre Erfahrungen mit der Finsternis machen musste, so kann auch er sie nur
aufgrund
der Finsternis vor der Finsternis retten.
Doch es steckt noch mehr dahinter. Er kann die Finsternis nur dazu bewegen, sie gehen zu lassen, weil er in sich selbst einen Rest Menschlichkeit findet, der von seiner Mutter stammt und der ihn sagen lässt: „Ich bin hier, weil sie hier ist, denn sie gehört zu mir.“ 78
Als er ihr zum ersten Mal das Leben gerettet hat, hat es ihn nichts gekostet, doch dieses Mal muss er sich selbst an ihrer statt der Finsternis anbieten. Er leidet noch mehr als Stevie Rae zuvor, denn sein Blut, das Blut eines Unsterblichen, ist noch
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