Nyx - House of Night: Das Begleitbuch (German Edition)
schürenden, engstirnigen Gottesfürchtigen geprägt, denen ihr Stiefvater nahe steht. Daher zögert sie zunächst, jemandem zu vertrauen, der offensichtlich sehr religiös ist. Gleichzeitig versucht sie, nicht in die gleiche Falle der Intoleranz zu tappen, während sie mit den Nonnen zu tun hat. (Aphrodite ist in dieser Hinsicht nicht so nachgiebig und gibt dem Christentum die Schuld für den Tod von Katzen während der Zeit der Hexenverfolgung.) Je länger Zoey jedoch mit Schwester Mary Angela spricht, umso stärker spürt sie, dass Frauen aufgrund ihrer Natur und ihrem Instinkt durch ein spirituelles Band miteinander verbunden sind. Wenn sie sich durch Mitgefühl und Empathie leiten lassen, können weise Frauen die strenge Einteilung in Gut und Böse, die von einer männlich dominierten Glaubenslehre vertreten wird, hinter sich lassen.
Im Verlauf der Unterhaltung zwischen Zoey, Aphrodite und den Nonnen erweisen sich noch weitere Vorstellungen der beiden Mädchen als falsch. Die Nonnen sind mitnichten erschüttert, als sie erfahren, dass die beiden Jungvampyrinnen sind. Schwester Mary Angela geht sogar soweit, für die Seele von Loren Blake, dem jüngst verstorbenen Meisterpoeten des H OUSE OF N IGHT zu beten. Dennoch bleibt Zoey skeptisch. Glauben die Nonnen denn etwa nicht, dass sie und die anderen Jungvampyre zur Hölle fahren werden, weil sie eine Göttin anbeten? Schwester Mary Angela antwortet: „Mein Kind, tatsächlich glaube ich, dass eure Göttin Nyx nur eine andere Erscheinungsform unserer heiligen Mutter Maria ist.“ 91 Hier kommt der Gedanke, dass sich die Religionen nicht gegenseitig ausschließen, zum ersten Mal zum Ausdruck – die Überzeugung, dass die weibliche Gottheit über alle ihre Kinder wacht – ganz gleich ob Christ oder Heide.
Und Schwester Mary Angela fügt hinzu: „Außerdem glaube ich aus ganzem Herzen an die Worte aus Matthäus sieben, Vers 1: „Richtet nicht, auf dass ihr nicht gerichtet werdet,“ eine Regel, die unmittelbar auf einen der einfachsten und dabei wichtigsten Glaubenssätze des Christentums hinausläuft:
Liebe deinen Nächsten wie dich selbst
. Liebet einander. Betet füreinander. Ungeachtet unserer Rasse, Religion oder ethnischen Herkunft sind wir alle Menschen, die eine Erde miteinander teilen und wir müssen einander helfen. Unsere Unterschiede sind nicht so wichtig wie unsere Gemeinsamkeiten.
In der Welt des H OUSE OF N IGHT kann sich jeder an die Göttin wenden, auch wenn manche ihr einen anderen Namen geben als andere. Die Rituale, die die Romanfiguren dabei einsetzen, haben jedoch – ganz wie die Rituale unserer Welt, seien sie nun christlich, heidnisch oder anderen Ursprungs – ebenso viele Gemeinsamkeiten wie Unterschiede.
DIE GÖTTIN UND DIE JUNGFRAU
Im Zentrum der heidnischen Traditionen des H OUSE OF N IGHT steht Nyx, die Göttin der Vampyre. Aus dem Chaos geboren, gehört sie zu den ersten der griechischen Götter und ist niemandem Rechenschaft schuldig. Nicht einmal Zeus, der Vater der Olympier, steht über ihr.
Die Jungfrau Maria ist jünger als Nyx, doch es umgibt sie eine eben solche Fülle von Mysterien wie die Göttin der ursprünglichen Nacht. Dazu auserwählt, den Sohn Gottes durch den Heiligen Geist zu empfangen, wird sie von den meisten christlichen Glaubensgemeinschaften verehrt. Dabei steht sie nur eine Stufe unter der Heiligen Dreifaltigkeit (Gott, Jesus und der Heilige Geist). Sie mag „Heilige Jungfrau Maria“ genannt werden, doch sie gilt als höhere Macht, besonders im osteuropäischen orthodoxen und katholischen Glauben.
Im Lauf der Geschichte standen die Anhänger des Christentums und der heidnischen Religionen häufig in Konflikt miteinander, was sich in solch blutigen Feindseligkeiten wie den 200 Jahre andauernden Kreuzzügen und den Hexenprozessen von Salem niederschlug. Doch obwohl jahrhundertelang zwischen beiden Seiten böses Blut herrschte, haben ihre führenden weiblichen Gottheiten eine ganze Reihe von Gemeinsamkeiten.
Besonders in ihrer Eigenschaft als Mütter stehen Nyx und Maria in enger Verbindung.
DIE GÖTTLICHE MUTTER
Angesichts der zahlreichen Darstellungen von Fruchtbarkeitsgöttinnen, die man auf der ganzen Welt entdeckt hat, glauben viele, dass weibliche Gottheiten schon verehrt wurden, lange bevor es männliche Götter gab. Wirklich überraschend ist diese Erkenntnis nicht, wenn man die zentrale Eigenschaft der weibliche Gottheit bedenkt: die Fähigkeit, Leben zu erschaffen. Alles auf der Welt hat einen
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