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O diese Rasselbande

O diese Rasselbande

Titel: O diese Rasselbande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosemarie Ditter
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nennen ihn die Schüler „Tippelmeyer“. Die Rasselbande sagt kurz „Tippel".
    Das Läuten der Schulglocke beendete die Pause der UIII noch lange nicht. Kostbare Minuten der Freiheit würden vergehen, wenn man sich nach dem Läuten bereits auf seine Plätze begeben würde, um seine Bücher vorzunehmen und auf den Lehrer zu warten, wie das in anderen Klassen üblich ist.
    Es dauerte oft einige Minuten, bevor der Lehrer die Klasse betrat. Man hatte daher zwei Wachen aufgestellt, eine an der Ost-, die andere an der Westtreppe. Über das Treppengeländer gebeugt wartete der Posten, bis der Pauker in Sicht war. Dann stürzte er den Flur hinunter, die UIII befand sich ungefähr in der Mitte, riß die Tür auf, und stieß den Alarmpfiff aus, den Silke eben gehört hatte.
    Tippel hatte sich etwas ausgedacht, was ihn hoffen ließ, endlich einmal einen Unruhestifter aus der UIII herauszufischen. Schon eine Minute vor Schluß der Pause erklomm er die Treppe, so daß er die Klassentür schon erreicht hatte, als das Klingelzeichen ertönte.
    Da der Posten ihn jedoch rechtzeitig meldete, traf er jedesmal auf eine ihn mustergültig erwartende Klasse. Die Jungen saßen, tadellos ausgerichtet, kerzengerade, die Hände auf den Tischen. Es machte ihnen ein höllisches Vergnügen, die Disziplin bei Tippel bis zur Vollendung zu übertreiben, um ihn dann ganz unerwartet wieder in Wut zu versetzen.
    Wie ein Mann erhebt sich die Klasse mit einem Ruck, als Tippel in der Tür steht. Seine kleinen Augen überfliegen die
    Jungen, und dann kommt es scharf: „Setzen!“ Tippel liebt straffe Zucht. Mit einem Ruck sitzt die Klasse.
    Hefte raus!“ - Die Hefte fliegen auf den Tisch, dabei knallt es mehr als nötig ist.
    Tippel legt die Hände auf den Rücken und geht die Reihen ab. Die Hefte haben geöffnet auf den Tischen zu liegen, damit er bei jedem Schüler einzeln kontrollieren kann, ob die Aufgaben gemacht wurden. Er verläßt sich nie auf Vorlesen einzelner Arbeiten. Kein Laut ist zu hören, solange er durch die Reihen geht. Endlich betritt er das Katheder.
    „Koschorek, du Faultier, hast wieder nichts getan. Komm vor und hol’ dir ’nen Katzenkopf!“
    Bodo schiebt sich langsam nach vorn. Tippels Katzenköpfe sind kein Vergnügen. Seine ganze Verachtung für die Klasse wird Tippel nun mit einem einzigen Streich an Bodos Kopf auslassen. Er pflegt dies mit dem Knöchel seines Mittelfingers vorzunehmen. Es tut empfindlich weh. Timm de Vries ist besser weggekommen. Er sitzt im zweiten Gang ziemlich weit hinten, wodurch es möglich ist, ihm blitzschnell Helmut Haakes Heft zuzuschieben, während Tippel den ersten Gang abwärts geht. Mit Unschuldsmiene hat Timm Helmuts Heft vor sich liegen, während Tippel den zweiten Gang heraufkommt, wodurch Timm seinem Katzenkopf entgeht. Bodo stößt ein markerschütterndes Geheul aus, als Tippel ihm den Katzenkopf verabfolgt. Er zieht ein riesiges Taschentuch hervor und hält es vor sein Gesicht, während er auf seinen Platz zurückgeht. Das muß er auch, weil von Tränen keine Spur zu sehen ist.
    „Ruhe!“ schreit Tippel, und Bodo geht in ein leises aber andauerndes Gewimmer über. Die Köpfe der Jungen sind ganz tief auf die Tische gebeugt; sie platzen beinahe vor unterdrücktem Lachen. Bodo ist ganz groß im Geräuschemachen. Er verfügt über eine ganze Skala naturgetreuer Geräusche. Er bellt wie ein Hund, miaut, daß man sich nach einer Katze umsieht, vom Fröschequaken ganz abgesehen. Er klingelt wie eine Straßenbahn, brummt wie ein Flugzeug, wobei noch verschiedene Typen zu unterscheiden sind. Er macht eine ganze Menge Vogelstimmen nach, ganz groß das Käuzchen, und er kann schluchzen und jammern, daß es nur so eine Lust ist.
    Er hat wieder einmal Gelegenheit, seine Kunst unter Beweis zu stellen. Das tut er. Die Klasse hat ihren Spaß.
    Tippel greift zur Kreide und legt mit Eleganz eine Rechenaufgabe auf die Tafel. Unter seiner Kreide strömen die Zahlen nur so hervor, die Aufgabe wächst, Reihe für Reihe, während er immerfort spricht.
    „Ich verstehe kein Wort“, denkt Silke erschrocken.
    „Wie macht er das bloß - wie meint er das nur -, das kann ja heiter werden!“
    Von Silke hat Tippel überhaupt nicht Notiz genommen. Er lehnt Mädchen in einer Jungenschule schärfstens ab. Er versteht den Direktor nicht, der solches duldet. Diese ist nun schon die dreizehnte in der Schule. Nächstens wird er sich in einer Mädchenschule bewerben! Silke ist für ihn nicht vorhanden.
    Bodos ewiges

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