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O diese Rasselbande

O diese Rasselbande

Titel: O diese Rasselbande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosemarie Ditter
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Gewimmer stört ihn in seinen Gedankengängen und in seinem Vortrag.
    „Mach’, daß du rauskommst!“ schreit er endlich, und Bodo verschwindet, nicht ohne an der Tür noch einmal herzbrechend aufzuschluchzen. Dann begibt er sich auf die Bodentreppe und vertieft sich in „Winnetou“, zweiter Band.
    Inzwischen ist Onkel in der Klasse zur Ansicht gelangt, daß Bodos Katzenkopf gerächt werden müsse, und ganz plötzlich fliegt eine Stanniolkugel über Tippels Schulter, genau auf die letzte Zahl, die gerade seine Kreide verlassen hat.
    Tippel fährt wie der Blitz herum.
    „Wer war das?“ fragt er mit unterdrückter Stimme. Auch Silke ist erschrocken über so viel Kühnheit. Die Klasse sitzt mit geradem Rücken, die Hände auf den Tischen.
    „Wer war das? habe ich gefragt, feige seid ihr auch noch.“ Ein leises Kommando:
    „Auf!“ und die Jungen stehen ohne Ausnahme. Tippel läuft rot an, er kocht vor Wut.
    „Wollt ihr mich zum Narren halten“, fährt er ebenso leise fort, „ich fragte, wer die Kugel geworfen hat?“
    Die Klasse schweigt und sieht den Lehrer an; sie stehen wie junge Bäume. Tippel weiß, daß es wieder mal keinen Zweck hat.
    „Gut“, sagt er, „ich werde euch schon noch klein kriegen, wenn ihr es darauf anlegt. Seite 22, zehn Aufgaben extra und von diesen neuen von heute sieben als Hausarbeit. - Wie ihr wollt.“ Wenn die Klasse auch wieder mal bedient ist, Tlppel empfindet keine Genugtuung, da er den Sünder nicht bestrafen kann. Die Stunde nimmt ihren Fortgang und Silke atmet auf, als es endlich klingelt. So anstrengend hatte sie es sich doch nicht vorgestellt in einer Jungenschule.
    Kleine Pause.
    Es ist verhältnismäßig ruhig. Abteilung B und C hat von Abteilung A die englische Übersetzung für die letzte Stunde abzuschreiben. Der größte Teil der Klasse ist also beschäftigt. Der Posten steht vor der Tür; vor unliebsamen Überraschungen ist man sicher. Nur Abteilung A, in der Fips sitzt, hat nichts zu tun.
    Fips ist ein leidenschaftlicher Musiker und Jazztrompeter und von einer unglaublichen Gelenkigkeit. Jeder Neger könnte vor Neid erblassen, wenn Fips mit ausdrucksvollen Verrenkungen den Jungen etwas vorjazzt. Die Jungen johlen vor Vergnügen, und Fips ist immer voller Hingabe bei der Sache. Er zieht seine Stimmgabel aus der Tasche, - sie ist gleichzeitig sein Talisman - schlägt sie am Katheder an und horcht andachtsvoll auf den Ton. Dann hebt er die Arme in die Höhe, wobei er tut, als habe er seine Manschetten zurückzuschieben, gibt den Ton an und beginnt zu dirigieren. Die Jungen singen, blasen und tuten alle durcheinander, aber das macht nichts. Man kann sehen, daß Fips ein großes Orchester dirigiert. Seine Arme vollführen großartige Figuren in der Luft. Er dämpft die Geigen und läßt die Trompeten mit ganzer Stärke einsetzen; dann holt er die Geigen wieder vor und läßt sie eine wunderbar zarte Melodie spielen, Silke kann es seinem Gesicht ansehen. Er hat seine Umwelt vergessen.
    Niemand kümmert sich um Silke, und das ist ihr auch recht. Es sind zu viele Eindrücke, die sie in sich aufnehmen muß. Der Schüler einer anderen Klasse betritt den Raum. Aber da ertönt auch schon helles Pfeifen. Hefte, Bleistifte, Radiergummi, der Schwamm, die Kreide, alles fliegt ihm entgegen. Es nützt nichts, er muß sich wieder zurückziehen und draußen mit dem Posten verhandeln. Die UIII betritt kein fremder Schüler. Fast kommt Silke sich ein bißchen gehoben vor, daß sie unter den Wildlingen so ungeschoren sitzen kann.
    Der Posten kommt und pfeift. Aber diesmal hat man Zeit, sich auf die Plätze zu verfügen. Im Gegenteil, man bewegt sich höchst langsam, und es ist immer noch keine völlige Ordnung hergestellt, als Dr. Kraus die Klasse betritt.
    Es ist Geschichtsstunde.
    Er bleibt ruhig an der Tür stehen und wartet, bis die Unruhe verklungen ist, die die Schüler verursachen, während sie sich auf die Plätze begeben. Es dauert aber noch ziemlich lange, da auch die, die bereits sitzen, noch für weitere Unruhe sorgen, indem sie mit den Füßen einen Bleistift auf der Erde hin und herrollen. Je mehr man auf den Bleistift tritt, umso heller wird der Ton. Es ist kein Lärm, aber immerhin ein Geräusch. Endlich ist es soweit, daß Dr. Kraus das Katheder betreten kann.
    „Wir waren das letztemal bei Nero stehen geblieben“, beginnt er. Auf einmal muß Silke an Bodo denken. Sie dreht sich um, sein Platz ist leer. Bodo kann nichts dafür, daß ausgerechnet jetzt Old

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