O diese Rasselbande
Mädel nicht ein eigenes, kleines Reich haben. Dort oben kannst du schalten und walten, wie du willst. Die Wiese vor der Burg ist groß genug zum Turnen, Spielen und Reiten. Wie ist es mit der neuen Hürde, die wir gebaut haben, nimmt Seidenhaar sie ohne Fehler?“
Silke nickt eifrig.
„Wir nehmen sie im Schlaf.“
Nun muß der Vater doch lachen.
„Lieber nicht! Aber alles, was man tut, soll man ganz tun. Wenn du schon reitest, dann sollst du dich auch ganz sicher auf einem Pferderücken fühlen.“
III
Der große Augenblick, dem Silke so erwartungsvoll entgegengesehen hatte, ist gekommen. Der Rex hat sie selbst in die neue Klasse gebracht, als sie sich vor Schulbeginn bei ihm meldete. „Hier bringe ich euch eure neue Klassenkameradin Silke Braun“, sagt er, „und ich erwarte von euch, daß ihr es an nichts fehlen laßt, um ihr das Einleben in der UIII so leicht wie möglich zu machen.“
Na ja, sie haben es gewußt, der Rex hat die Langhaarige unter seinen Schutz gestellt und zeigt das auch noch in schönster Offenheit.
Und sowas soll die Rasselbande beeindrucken!
Silke steht nun ihrer Klasse allein gegenüber. Sie ist etwas ratlos und das Herz klopft. Es ist totenstill im Raum, alle Jungen sehen sie an.
Natürlich macht Fips den ersten Vorstoß. Er kommt vom Fenster her auf sie zu, - ganz langsam - wobei er den Kopf bei jedem Schritt vorstößt, wie ein Storch auf der Wiese. Seine Stirn hat die üblichen fünf Querfalten, und seine pfiffigen Augen sind auf das Mädchen gerichtet.
Die Klasse weiß, daß es jetzt los geht, und rückt im Halbkreis dicht an das Pult heran. Nur Helmut Haake bleibt hinten auf seiner Bank sitzen und beschäftigt sich mit seinen Büchern. Timm und Bodo, die beide an ihrer Mathematikaufgabe schreiben, die sie für die kommende Stunde aufhaben, können sich dieses interessante Schauspiel nicht verkneifen. Sie lassen ihre Hefte im Stich, obgleich sie erst halb fertig sind, und rücken ebenfalls auf.
Fips beginnt mit der Anrede:
„Sieh da, sieh da, eine Langhaarige in unseren geheiligten Reihen! Was, so frage ich sozusagen im Ernst, soll das bedeuten?“ Er pflanzt sich vor Silke auf. „Weißt du nicht, daß du dich im Reiche der Rasselbande befindest. Kehr um, Unglückliche, bevor es zu spät ist!“
Und mit großartigem Pathos: „Denn, so wird dir vorhergesagt: Hier wird es dir mitnichten gefallen.“
Er wackelt mit den Ohren, das kann man ganz deutlich sehen, denn für seinen ziemlich kleinen Kopf sind die Ohren viel z u groß, und da er die Haare ganz kurz geschnitten trägt, fällt das noch mehr auf. Silke findet diesen Jungen schrecklich komisch. Er ist noch viel ulkiger, als Liesel und Lotte es zusammen waren. Und die waren immer dabei, irgend etwas auszuhecken. Sie lacht den Jungen an.
„Vor dir habe ich gewiß die meiste Angst.“
Fips klimpert mit den Augen und macht einen langen Hals. „Das will ich dir auch geraten haben. - Aber nun wollen wir mal sehen, mit wem wir es eigentlich zu tun haben.“ Ohne Umstände nimmt er Silke das Zeugnisblatt aus der Hand. Er hält es erst dicht vor die Augen und dann weit von sich ab, und liest mit lauter Stimme:
„Betragen sehr gut!“ -
Er rümpft die Nase, so daß nun noch mehr Falten in seinem Gesicht sind, faßt das Zeugnisblatt mit zwei spitzen Fingern und hält es weit von sich ab, als halte er einen schmutzigen Lappen.
„Pfui“, ruft er voll Ekel, „Betragen sehr gut, ich habe es gleich gesagt, die Langhaarige wird uns Schande bringen!“
Silkes Gesicht färbt sich hellrot. Unwillig versucht sie, dem Jungen das Blatt abzunehmen, aber er wehrt mit dem anderen Arm ab.
„Ich schlage vor, ,Sehr gut’ auf die ,Augenzeugenbank‘ zu setzen. Da ist sie erstens unseren verehrten Lehrmeistern schön handlich, und zum zweiten ist diese leidige Bank für uns endlich unbrauchbar geworden, womit wir sodann, für den Augenblick wenigstens, einen kleinen Vorteil aus der unbequemen Anwesenheit dieser Langhaarigen gezogen hätten.“ Fips ist ein Meister in geschraubten Sätzen.
„Was sagt die Rasselbande dazu?“
Silke schrickt zusammen, denn im selben Augenblick hallt der
Raum von einem hellen Schrei wider, der vibrierend einen Augenblick anhält, ehe er verklingt. Alle Jungen stoßen ein ganz helles „Hiiiii“ aus und schlagen dabei mit der flachen Hand auf den Mund. Silke weiß noch nicht, daß das Zustimmung bedeutet.
Da entsteht Bewegung in den Reihen. Onkel drückt, die Hände in den Taschen, mit den
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