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O diese Rasselbande

O diese Rasselbande

Titel: O diese Rasselbande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosemarie Ditter
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viel Mühe ein Vögelchen aufpäppelte, das aus dem Nest gefallen war und ein Beinchen und einen Flügel gebrochen hatte. Er sagte: „Silke muß sich immer ganz besonders der Dinge annehmen, die am aussichtslosesten erscheinen.“

IV

    Schneller als Silke geglaubt hat, hat sie Gelegenheit an die Jungen heranzukommen. Eines Tages wird in der Pause vor der Geschichtsstunde ein Zielschießen veranstaltet, denn es regnet, und man kann nicht in den Hof. Gruppe B ist an der Reihe. Das Schießen geht folgendermaßen vor sich:
    Die Jungen nehmen an der hinteren Wand Aufstellung und Fips malt vorn an die Tafel einen großen, weißen Kreis.
    Dann taucht der Schütze den Schwamm in einen Eimer Wasser, der zu diesem Zweck aufgestellt worden ist, und versucht, mit gehörigem Schwung den nassen Schwamm in den Kreis zu werfen. Klar, daß der Schwamm schon im Fluge Wasser verliert, wodurch Bänke und Pulte ganz hübsch naß werden. Mit einem saftigen Klatsch saust er dann gegen die Tafel, mehr oder weniger in den Kreis, je nach der Geschicklichkeit des Zielenden. Vorn schwimmt es schon nach den ersten zwei Minuten. Unter der Tafel bildet sich nach weiteren Minuten eine nette Pfütze und auf dem Katheder sieht es ebenso aus wie auf den Pulten, über die der Schwamm seine nasse Bahn gezogen hat. Niemand stört das. Im Gegenteil, je mehr Nässe sich ausbreitet, desto größer wird der Eifer.
    Man braucht eigentlich nicht erwähnen, daß die aus Gruppe A und C nicht versäumen, jedes Mal gehörig aufzuquietschen, wenn sie von einigen Wassertropfen getroffen werden. Die Stimmbänder werden dabei nicht geschont; denn das Geschrei erhöht noch das Vergnügen. Alle, die nicht mitzielen, haben sich sicherheitshalber aus der Mitte der Klasse zurückgezogen und betreiben ihre vielfältigen Beschäftigungen auf den Bänken der Fenster- und Wandreihe.
    Nur Jule Traber sitzt mitten in der Klasse auf seinem Platz und schreibt ungerührt an seiner lateinischen Übersetzung, oder richtiger, er schreibt die Übersetzung von Bodo Koschorek ab. Die Übersetzung hat wieder einmal eine elende Länge und er hat keinen Augenblick Zeit. Der Lupus scheint in dem Wahn zu leben, daß er als einziger Lehrer die Berechtigung hat, Schularbeiten aufzugeben, so daß man seine Zeit nur für Latein zu verwenden braucht. Welch ein Glück, daß die Klasse wenigstens in der Anfertigung von Strafarbeiten so gut organisiert ist. Kein Mensch könnte diesen Berg an Arbeiten täglich bewältigen. Wenn er erst Unterrichtsminister ist - und er wird Unterrichtsminister -, so wird er als erstes die Hausarbeiten verbieten. Es ist schon genug, wenn der Schüler sechs Stunden am Vormittag gequält wird. Dasselbe Quantum an Lehrstoff nachmittags noch einmal bewältigen zu müssen, ist Schinderei.
    „Die Schlacht im Teutoburger Walde wurde den Römern zur großen Niederlage.“ Wie hatte Bodo Niederlage übersetzt? In diesem Augenblick ergießt sich über Jules Wuschelkopf ein wahrer Regen. Der Schwamm ist zu dicht über ihn hinweggesaust, auch seine Hefte sind nicht verschont geblieben. Es ist ihm aber völlig einerlei. Ruhig schreibt er weiter. Es ist schon die dritte Dusche, und an den Lärm ist er gewöhnt.
    Silke sitzt auf dem Papierkorb neben dem Ofen. Hier ist sie ganz sicher vor der Nässe, aber sie hat keine Lust zu essen. „Soll ich oder soll ich nicht“, denkt sie, „aber dies wäre eine gute Gelegenheit, den Jungen zu zeigen, daß man auch was kann. Vielleicht hilft es ein bißchen.“
    Die Jungen zielen schlecht, schon, weil ihnen der Spaß mit dem Wasser wichtiger ist als das Ziel. Fips steht an der Tafel und malt nach jeder weiteren Zufuhr von Wasser den Kreidekreis neu und wirft den Schwamm zurück. Es ist für ihn eine herrliche Gelegenheit, seine grotesken Bocksprünge zum besten zu geben, wenn das Wasser an der Tafel auseinanderspritzt. Fipsens Theater wird noch extra bejubelt.
    Eben hat Fridolin scheußlich vorbeigezielt, da ist Silke auch schon vom Papierkorb herunter und tritt zu den Jungen.
    „Laßt mich auch mal“, sagt sie kurz.
    Die Jungen gucken erst einen Augenblick, und dann geben sie ihr den Schwamm. Schließlich können sie verstehen, daß das Mädel auch mal seinen Spaß haben will, also soll sie. Fips wischt die Tafel sauber und malt einen Riesenkreis hin, was wohl heißen soll, daß Mädchen doch nicht zielen können.
    „Mal’ jetzt mal einen Kreis hinein, so groß wie ein Tennisball, und füll’ ihn ganz aus!“ ruft Silke. Fips tut

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