O diese Rasselbande
unschlagbar.
„Gut, es bleibt bei unserer bewährten Einteilung. Fensterreihe Gruppe A, Mittelreihe B, Wandreihe C. Jeden Tag wird eine andere Reihe die Strafarbeiten machen und die übrigen werden in den Pausen abschreiben. Es wird trotzdem eine ziemliche Belastung für uns. Ich erkläre also hiermit den Kriegszustand und berufe für heute mittag, halb zwei, die geratende Versammlung' ein, um unsere Beschlüsse rechtskräftig zu machen. Und nun raus, wir dürfen nicht auffallen!“
Die Flurwache stößt die Tür weit auf, und die Rasselbande geht ruhig und in Gruppen eifrig redend den langen Gang hinunter. Nur die drei Verschwörer aus der letzten Pause bleiben wieder zurück.
„Uff“, sagt Jule, „so’n Schwinger direkt in den Magen und das vor der Lateinarbeit. Haste was rausgeknobelt, Fips?“
Fips, der während der ganzen Deutschstunde mit einem tiefsinnigen Gesicht dagesessen hat - fünf Querfalten auf der Stirn, was immer anzeigt, daß er geistige Gymnastik treibt, wie er das selbst nennt -, hatte erst seinen Füller überdreht, dann einen Bleistift zerknaupelt und endlich, in erstaunlich kleinen Buchstaben, sein Lesezeichen vollgeschrieben. Nur, welches Gedicht durchgenommen und vorgelesen worden war, davon hat er keine blasse Ahnung.
Jetzt zieht er das Lesezeichen hervor.
„Hier“, sagt er, „ist der ,Denkzettel“. Ich glaube, das wird genügen.“ Er grinst über das ganze Gesicht.
Jule liest Onkel vor, was Fips aufgeschrieben hat, und dann brechen sie alle in ein schallendes Gelächter aus.
Onkel schlägt Fips auf die Schulter, daß er beinahe in die Knie sackt und mit schmerzhafter Grimasse seine Schulter reibt. „Wohl plemplem, was“, stöhnt er, „mich hier gleich zu erschlagen.“
Jule rast davon, das Lesezeichen in der Hand. Wie der Wind geht es den langen Flur entlang, die Treppe hinunter, immer drei Stufen auf einmal. Im Hof greift er sich Helmut und zieht ihn in eine Ecke an der Mauer.
„Lies“, japst er, „das spiele ich nachher dem Lupus in die Finger, hat Fips gedichtet.“
Helmut liest, dann lächelt auch er, pfeift zweimal schrill durdi die Finger, und aus dem Gewirr der Schüler im Hof lösen sich einzelne Gestalten und streben der Ecke an der Mauer zu. Die Rasselbande versammelt sich wieder einmal.
„Hört mal, was der Fips für den Lupus gedichtet hat“, sagt Helmut und beginnt laut zu lesen.
Ein schallendes Gelächter bricht los.
Großartig, ein dreifaches Zickezacke für Fips!
„Zickezacke, zickezacke, hei - hei - hei!“ jubeln sie.
Der also Geehrte hängt oben aus dem Fenster und strahlt. Die Lehrer sehen kurz zur Mauer hinüber, und einige Primaner sagen mißbilligend:
„Wollen die sich schon wieder madig machen?“
„Ich werde es in Druckschrift abschreiben“, sagt Helmut, „und dann kann das Schicksal seinen Lauf nehmen.“
Und das Schicksal nimmt seinen Lauf.
Dr. Wolf, auf lateinisch „Lupus“, der Lateinlehrer, betritt, die Hefte unter dem Arm, die erwartungsvolle Klasse. Bald hat jeder sein Heft vor sich liegen, und Dr. Wolf diktiert die ins Lateinische zu übersetzenden Sätze. Dann zieht er einen Stuhl neben das Katheder, schlägt die Beine übereinander, entfaltet seine Zeitung und vertieft sich in den lokalen Teil.
Die Rasselbande arbeitet; aber es liegt eine Spannung in der Luft, wie sonst nicht bei den verzwicktesten Aufgaben.
Jule läßt den von Helmut säuberlich geschriebenen Zettel durch die Klasse gehen. Er gleitet von Hand zu Hand, wird von Pult zu Pult weiter geschoben, aber hinter der Zeitung regt sich nichts.
Also doch kein Loch, durch das er sehen kann.
Jule signalisiert und erhält den Zettel zurück. Nun schwenkt er ihn sichtbar in die Höhe, reicht ihn über den Gang zu Fridolin hin, zieht wieder zurück, als der ihn greifen will, und fuchtelt weiter über dem Gang hin und her.
„Traber, bring’ den Wisch nach vorn“, ertönt es hinter der Zeitung.
Na endlich!
Jule legt das weiße Stück Papier brav auf das Lehrerpult und zieht sich zurück.
Alle Herzen klopfen.
Was wird nun geschehen? - Wundervoll spannend, wie bei einem großen Abenteuer, sind für die Rasselbande immer die Minuten während eines ihrer Streiche. Jedesmal erfaßt sie die frohlockende Genugtuung, wieder einmal den gleichförmigen Trott des stundenlangen Lernens unterbrochen zu haben. Für die Lust, den eintönigen Schulvormittag mit einem „Erlebnis“ zu bereichern, nehmen sie Strafen und Donnerwetter in kauf. »Leben in die Bude
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