Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

O du Mörderische

Titel: O du Mörderische Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
Vom Netzwerk:
wünschte jedem Tier in dieser
     kühlen Nacht solch ein behagliches Plätzchen. Aus irgendeinem Grund fiel mir Leota Woods Kojotenmischling ein. Ich stellte
     das Glas ab und ging zum Bridgetisch zurück, an dem Bonnie Blue gerade dabei war, einen Fünf-Treff-Kontrakt zu erfüllen.
    »Schwesterherz«, sagte ich, »du wolltest doch Bonnie Blue wegen Leota Wood fragen.«
    »Was ist mit ihr?« Bonnie Blue schrieb erneut eine astronomische Zahl unter »Wir« auf den Punkteblock.
    Mary Alice nahm die Karten auf, um sie zu mischen. »Also, gestern nachmittag sind Maus und ich Bubba holen gefahren, meinen
     Kater. Er war bei deinem Bruder in der Klinik. Jedenfalls fuhren wir weiter die Straße runter zu Leota Woods Haus, weil wir
     ihre Quilts ansehen wollten und die Vorstellung hatten, daß sie dort vielleicht günstiger wären als in einer Galerie. Das
     waren sie auch, und wir haben einige gekauft.«
    »Mir macht ihr Hund angst«, erklärte Bonnie Blue.
    »Sie kam raus, schnappte ihn sich und schloß ihn ein.« Ich drehte mich zu Frances hin. »Er hat einen Kojoten zum Vater. Wußtest
     du, daß es so etwas gibt? Eine Mischung aus Kojote und Hund?«
    »Nun« – Mary Alice knallte den Stapel Karten auf den |280| Tisch   –, »sie hat einen ganzen Raum voller Folk-Art. Ich will damit sagen: rammelvoll bis unters Dach.«
    »Schwesterherz hält sie für eine Hehlerin«, fügte ich hinzu. »Sie denkt, Ross Perry war auf dem Weg zu ihr raus, als er umgebracht
     wurde, und daß sie zu irgendeiner Bande gehören, die Kunstdiebstähle begeht.«
    »Sie ist eine Diebin, das sehe ich auch so«, stimmte Bonnie Blue zu. »Aber sie macht es nicht auf illegalem Wege, sondern
     sie geht zu den Leuten nach Hause und sagt: ›Ich gebe dir zehn Dollar für dieses Bild oder jenes Holzpferd, das du geschnitzt
     hast‹, wohlwissend, daß es sich für Hunderte von Dollar in einer Galerie verkaufen wird. Sie wedelt mit dem Schein vor ihrer
     Nase herum, und die Leute sind vor Freude ganz aus dem Häuschen. Sagen: ›Klar, Leota. Ich habe noch viel mehr für dich.‹ Daddy
     verkauft ihr immer noch Sachen. Wißt ihr, den Zehn-Dollar-Schein in ihrer Hand kann er sehen. Er kann damit in den Schnapsladen
     gehen und sich eine Flasche kaufen.« Bonnie Blue spreizte zur Illustration alle zehn Finger. »Auf Leute, die nie etwas hatten,
     wirkt der Zehn-Dollar-Spatz in der Hand ziemlich verlockend.«
    »Es wäre also möglich, daß Ross Perry ihr das Zeug abgekauft und dann irgendwo hingeschafft hat, um es für einen guten Preis
     zu verhökern«, bemerkte Frances.
    »Das ist ziemlich wahrscheinlich. Ich bezweifle aber, daß er der einzige war.«
    »Claire sagt, Mercy habe Drohanrufe von Leuten bekommen, die nicht wollten, daß die Künstler mitbekämen, für welches Geld
     ihre Werke in Galerien verkauft wurden«, warf ich ein.
    Bonnie Blue schüttelte den Kopf. »Du erzählst ein paar von diesen Künstlern, daß du in New York tausend Dollar für ihre Arbeit
     bekommen könntest, und sie sagen dir: ›Ich nehme die zehn jetzt, danke Ma’am.‹ Daddy würde das tun, das weiß ich.«
    |281| »Was ist mit den jüngeren Künstlern?« fragte Mary Alice.
    »Genauso schlimm. Wißt ihr, sie machen die Sachen zum Spaß. Nehmen es nicht ernst. Betrachten es noch nicht einmal als Kunst.«
    »Vielleicht ist dies das Geheimnis ihres Charmes«, gab Schwesterherz zu bedenken.
    »Das vermute ich stark. Jedenfalls ist das der Grund für all das Zeug in Leotas Haus. Da könnt ihr drauf wetten. Irgend jemand
     bereitet einen großen Weihnachtsfischzug vor.« Bonnie Blue nahm die Karten auf, die Frances ausgegeben hatte. »Zwei Pik«,
     sagte sie, bevor sie ihr Blatt überhaupt geordnet hatte.
    »Bonnie Blue«, sagte Mary Alice, drehte den Punkteblock um und nahm den Bleistift zur Hand, »nenn mir die ersten sechs Zahlen,
     die dir zwischen eins und vierundneunzig einfallen.«
    »Acht, vierzehn, dreiundvierzig, neunundzwanzig, zwei, siebenunddreißig. Warum?«
    »Das fragst du noch? Bei der Florida-Lotterie liegen diese Woche sechsunddreißig Millionen im Topf. Machen wir halbe-halbe?«
    Bonnie Blue grinste. »Okay, halbe-halbe.«
    Wir spielten noch zwei Stunden, bis Frances und Bonnie Blue erklärten, sie wollten jetzt Schluß machen, weil sie am nächsten
     Tag arbeiten müßten.
    »Du hast uns noch gar nicht die Skizze von dem Bild gezeigt«, erinnerte Frances mich.
    Ich holte meine Handtasche und faltete die Skizze auf dem Kaffeetisch auseinander. Ich

Weitere Kostenlose Bücher