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O du Mörderische

Titel: O du Mörderische Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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haben.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht, daß sie dazu Zeit hatte.«
    »Da drinnen ist aber niemand.«
    »Dann laß uns nach Hause fahren.«
    »Die Hintertür ist nicht abgeschlossen.«
    »Hast du versucht, sie zu öffnen?«
    »Natürlich. Los, laß uns nachschauen, was Claire vorhatte.«
    »Das ist kein Spiel, Mary Alice. Da drin wurde eine Frau umgebracht.«
    »Das stimmt. Aber du weißt ja, wer es war, und er weilt schon lange nicht mehr unter uns. Und im Augenblick, denke ich, ist
     Claire Moon dabei, die ganzen Sachen aus der Galerie zu stehlen.«
    »Mit Sicherheit nicht!«
    »Wetten? Nun komm schon. Laß uns einfach mal sehen, was wir finden können.«
    In diesem Moment hätte ich ein Machtwort sprechen und sagen müssen: »Kommt absolut nicht in Frage! Wir fahren nach Hause.«
     Statt dessen rannte ich Schwesterherz hinterher, wie ich das seit sechzig Jahren getan hatte. So als hätte ich selbst keinen
     Funken gesunden Menschenverstand.
    Wir gingen zur Hintertür, und Mary Alice öffnete sie leise. »Siehst du?« flüsterte sie. »Keiner da.«
    |304| »Nach was suchen wir denn eigentlich?« flüsterte ich zurück.
    »Keine Ahnung. Halt einfach die Augen auf.«
    Wir marschierten in den Raum, in dem es immer noch penetrant nach Lösungsmittel roch. Mein Herz klopfte so laut, daß Mary
     Alice es hören konnte, da war ich mir sicher. Ich schaute mich um und fragte mich, was um alles in der Welt ich hier eigentlich
     suchte.
    »Laß uns mal sehen, welche Bilder noch in der Galerie sind«, wisperte Mary Alice. Sie öffnete die Tür und trat, gefolgt von
     mir, hindurch.
    »Meine Damen«, ertönte Claire Moons Stimme neben uns. »Ist Ihnen eigentlich schon mal aufgefallen, daß die Frauen hier in
     den Südstaaten einen Fehler haben? Sie können einen einfach nicht in Ruhe lassen.«
    Zumindest glaube ich, daß dies ihre Worte waren. Meine Hauptaufmerksamkeit galt der kleinen Pistole in ihrer rechten Hand.
     In ihrer Linken hielt sie einen Zwanzig-Liter-Kanister Benzin.

|305| 18
    »Wir haben Sie schon wieder erschreckt, stimmt’s?« sagte Mary Alice. »Aber da es nur wir sind, können Sie die Pistole jetzt
     wieder runternehmen.«
    »Das sehe ich anders. Lassen Sie uns ins Hinterzimmer gehen, okay?«
    »Ist das eine echte Schußwaffe?« fragte ich. »Das wollen Sie bestimmt nicht wirklich herausfinden, Mrs.   Hollowell, oder?«
    »Und?« fragte Mary Alice. »Werden wir es herausfinden?«
    »Nicht, wenn Sie tun, was ich Ihnen sage. Los, gehen Sie ins Hinterzimmer. Die Dämpfe hier machen mich ganz wahnsinnig.«
    Wir gingen, Claire dicht hinter uns, durch die Tür.
    »Soviel zu deinen detektivischen Fähigkeiten«, murmelte mir Mary Alice zu.
    »Was haben Sie gesagt?« Claire lief so nah hinter mir, daß der Benzinkanister gegen meine Hüfte schlug. Er war leer.
    »Meine Schwester war der Ansicht, Ross Perry habe Mercy umgebracht.«
    »Ross Perry war ein Scheißkerl. Hat das Blaue vom Himmel heruntergelogen, was Freds Bilder betraf.« Claire stellte den Kanister
     scheppernd auf dem Boden ab. »Ich schwöre es, ich hätte alles dafür gegeben, wenn Sie heute abend nicht hier aufgetaucht wären.
     Sie vermasseln alles.«
    »Was vermasseln wir Ihnen denn?« wollte Mary Alice wissen. »Und können wir uns umdrehen?«
    »Natürlich. Nur nicht zu schnell.«
    |306| Wir drehten uns um und sahen Claire ins Gesicht. Klein, zart und schön, wie sie war, wirkte sie mehr puppenhaft als ernsthaft
     bedrohlich. Wenn man einmal von der Waffe in ihrer Hand absah.
    »Claire«, sagte ich. »Was geht hier vor? Was meinen Sie damit, daß Ross Perry bezüglich der Bilder Ihres Mannes das Blaue
     vom Himmel heruntergelogen hat?«
    »Er sagte mir, sie seien wunderschön. Er sagte: ›Claire, komm ins Bett mit mir. Ich werde wunderbare Dinge über diese Bilder
     schreiben. Schau sie dir an, Claire. Sie sollten in Museen hängen.‹« Sie zuckte die Achseln. »Mercy gegenüber hat er sie als
     geschickt gemachte Cartoons bezeichnet. Cartoons. Sie hat mir erzählt, was er gesagt hat.« Claire versetzte dem leeren Benzinkanister
     einen Tritt.
    Mary Alice blickte nach unten. »Sie wollen das hier alles in Brand stecken?« Sie zögerte. »Blöde Frage, was?«
    Claire lächelte.
    »Aber warum denn?«
    »Weil das hier Mercy gehört hat.«
    Mary Alice blickte mich mit hochgezogenen Brauen an.
    »Haben Sie Mercy umgebracht, Claire?« fragte ich.
    »Sie hat sich selbst umgebracht. Sie hat genau da« – Claire zeigte in Richtung

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